Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
endlich mit ihm aussprechen zu können. Das hätte sie schon längst machen sollen, aber sie hatte es immer wieder aufgeschoben, sei es aus Angst oder Stolz. Vielleicht auch einfach nur aus Lethargie.
Doch damit wäre es ab jetzt vorbei. Keine Umwege mehr, keine Müdigkeit. Sie wollte leben, leben, leben, wollte lieben und geliebt werden. Die Einsamkeit war nichts für sie. Ohne Liebe fühlte sie sich leer und unnütz wie eine eingemottete Blumenvase, und es gab nur einen Mann, den sie liebte.
» Vermutlich fällt es den meisten Menschen schwer, einen groÃen Fehler zuzugeben « , sagte sie. » Mir aber ganz besonders. Es liegt wohl am Stolz, der eine schlechte Verbindung mit dem ständigen Gefühl der Unzulänglichkeit eingegangen ist. Als Kind war ich immer das Aschenputtel der Familie, das hat seine Spuren hinterlassen, und der Stolz hilft mir bis heute dabei, dagegen anzukämpfen. Dabei kommt nur selten etwas Gutes heraus. Als ich plötzlich dieses viele Geld hatte, habe ich es als Trumpf benutzt. Ich wollte es mir leicht machen, wollte eine Abkürzung zu dir nehmen. Du hattest recht, den Scheck abzulehnen. «
Elsa war von ihrer eigenen Ehrlichkeit wie berauscht. Es war, als höre sie sich selbst zu. Sie sah hinaus aufs Meer, wo die phosphoreszierenden Schuppen eines Schwarms fliegender Fische ihre Lichtfunken in die Bucht warfen, und beim seltenen Anblick dieser Schönheit verstärkte sich ihre Zuversicht. Ein Tag wie dieser war wie geschaffen für einen Neubeginn.
» Im Rückblick erkenne ich, dass ich die schönsten Stunden meines Lebens mit dir verbracht habe, umso erschütternder ist die Erkenntnis, dass das, was Titus Warwick mir angeboten hat, dennoch mächtiger war. «
» Du sprichst vom Opium? « , fragte er.
Sie zuckte zusammen. Zum ersten Mal während dieses Gesprächs fühlte sie sich unwohl. Die Dinge waren bisher sehr gut gelaufen, besser, als sie sie sich vorgestellt hatte. Die Worte waren ihr nur so aus dem Mund gesprudelt, und Max hatte ihr aufmerksam und wohlwollend zugehört.
Mit einem Mal schien ihr sein Blick ernst und gespannt.
Woher wusste er davon? Hatte Paulette oder Iolana ihm etwas verraten? Das konnte Elsa sich nicht vorstellen. Vielleicht war er selbst darauf gekommen, immerhin hatte er ein medizinisch geschultes Auge.
» Opium hat auch eine Rolle gespielt « , gab sie zu.
Anders als die anderen Geständnisse wirkte dieses auf sie nicht befreiend, sondern einengend. Binnen einer Sekunde führte sie die Unterhaltung im Geiste bis zum Ende fort. Max würde sie auffordern, von der Schlafdroge zu lassen, sie würde antworten, sie wisse nicht, ob sie das schaffe, daraufhin würde er ihr seine Hilfe anbieten. Von diesem Punkt an konnte sie nur verlieren. Würde sie ablehnen, zöge Max sich wieder von ihr zurück. Falls sie jedoch annehmen würde ⦠Allein der Gedanke lieà die Panik in ihr wachsen. Sie wollte zwar von dem Zeug wegkommen, aber irgendwie auch wieder nicht.
» Ich bin davon weg « , ergänzte sie.
» Wirklich? «
» Ja. Schon seit einer Weile. WeiÃt du, ich habe meinen Champagner. Hast du gehört, welchen Spottnamen mir Myrtle Maloy und ihr Klüngel gegeben haben? Champagnerwitwe. Oder Veuve Faâalua. Ich habe gekontert und nenne sie jetzt nur noch die âºheilige Myrtleâ¹. «
Sie lächelte, seufzte und zuckte mit den Schultern. » Wir haben alle unsere Süchte. Bei der Maloy ist es Gott, bei Paulette das Geschäftemachen, bei dir die Hilfsbereitschaft. Jede dieser Süchte hat das Potenzial, einen Menschen zugrunde zu richten, oder? «
Er nickte. » Trotzdem bin ich froh, dass du vom Opium weg bist. Und über deine Ehrlichkeit. «
Sie schlug die Augen nieder. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
» Woher wusstest du davon? «
» Ist das jetzt noch wichtig? «
Sie machte einen Schritt auf ihn zu, wie um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, hatte jedoch die Absicht, ihre Wange an seine zu legen. Bevor ihr das gelingen konnte, sah sie über seine Schulter hinweg Myrtle Maloy das Café betreten.
» Oh Gott, wenn man vom Teufel spricht « , sagte sie. » Was will die Heilige denn hier? «
» Sei nett zu ihr. Heute ist Iolanas Tag, den wollen wir ihr nicht verderben. «
» Hoffentlich sieht die Maloy das genauso. «
Sie eilten ins Café zurück und kamen gerade rechtzeitig, um
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