Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
an, und auf den Tischen standen in Seidenpapier gehüllte kleine Lampen, die zusammen gerade genug Helligkeit schafften, um den magischen Zauber des Interieurs zu betonen. Jede der Säulen, die das Café stützten, war handgeschnitzt und stellte eine andere polynesische Gottheit dar. Die Decke war mit Palmwedeln verkleidet, wie bei einem echten fale, und einige der Mangrovenholzsessel waren den imposanten Thronen von Häuptlingen nachempfunden. Die sichelförmige Bar wirkte auf den ersten Blick sehr europäisch, bevor auffiel, dass es sich um eine riesige Darstellung der Mondgöttin Hina handelte. Ãberhaupt hatte Iolana es geschafft, die Einflüsse anderer Kulturen in das polynesische Flair zu integrieren: chinesische Lampions, französisches Geschirr, japanische Blumensteckkunst ⦠Sogar die deutsche Kuckucksuhr auf dem Klosett passte irgendwie dazu. Die drei Gemälde, die am Eingang des Cafés hingen, waren gewissermaÃen englisch â aus der Hand und dem Pinsel von Titus Warwick. Es waren die Aktporträts von Iolana, Elsa und Paulette.
» Ihr habt doch nichts dagegen? « , fragte Iolana. » Sonst nehme ich eure beiden wieder ab. «
» Nein, ich finde die Idee lustig « , sagte Elsa. » Provokant und lustig. «
Paulette hatte ebenfalls keine Einwände. » Wir sind so schlecht getroffen, dass ohnehin niemand die Ãhnlichkeit mit uns bemerken wird. «
» Das nennt man Impressionismus « , äffte Elsa Warwicks selbstgefälligen Tonfall nach.
» Man nennt es wohl eher Dilettantismus « , entgegnete Paulette. Ihr Blick wandte sich wieder dem schönen Raum zu. » Wirklich superb. Ein äuÃerst gelungenes Ensemble. Dieses öde Nest Port Rabaul verdient es, endlich wachgeküsst zu werden. Iolanas schickes Café soll nur der Anfang sein. Und da nicht nur Cafés einen Namen brauchen, sondern auch Anfänge, habe ich mir überlegt, Port Rabaul den Beinamen âºTor zum Pazifikâ¹ zu geben. Denn genau das ist es. Seht nur, wie viele Schiffe die WasserstraÃe zwischen Neuguinea, Neubritannien und Bougainville in den Pazifik passieren. «
Allen gefiel die Idee, und Lucille und Lucas machten sich sogleich an die Herstellung und Bemalung von zwei Schildern, eines für den Eingang des Cafés und eines, das sie irgendwo am Hafen anbringen wollten.
Max traf etwas verspätet ein. » Entschuldigt, ich musste noch einen Ringfinger amputieren. «
» Hat sie ihn nicht mehr abbekommen? « , fragte Paulette trocken.
Elsa prustete vor Lachen. Sie hatte bereits drei Gläser Champagner getrunken und war in jener Hochstimmung, in der die Welt einem Spielplatz glich.
» Ab jetzt will ich nichts mehr von abgeschnittenen GliedmaÃen und anderen medizinischen Grausamkeiten hören « , sagte sie, hakte sich bei Max unter und zog ihn mit sich. » Komm, ich muss mit dir sprechen. «
Sie führte ihn ins Freie, auf den Steg und die Plattform, die etwa zwanzig Meter vom Strand entfernt vom Meer umspült wurde. Bei Sturm würde sie gewiss unter Wasser gesetzt, aber sie war massiv gebaut und würde manches aushalten. Dort zu sitzen war eine Wonne. Man sah die Stadt und die bewaldeten Berge, über denen Scharen von Vögeln kreisten, die Villa hoch oben wie ein Spielzeug aus Holz, ein Stück von den Hafenquais, die gemächlich vorüberziehenden Schiffe, die Korallen und die bunten Fische im zartblauen, fast ein bisschen grünlichen Wasser. Nicht zu vergessen das Café, das vom Steg in der prallen Sonne aus angenehm kühl wirkte, sowie die Balkone im Obergeschoss, auf denen schon bald zahlende Ãbernachtungsgäste staunen sollten. Das » Pacifico « würde in direkter Konkurrenz zum angestaubten » Hotel Kronprinz « stehen, das den Vergleich durchaus fürchten musste.
» Was gibt es denn? « , fragte Max.
» Ich ⦠ich möchte dich fragen, ob du ⦠vielleicht ab und zu Keanu besuchen möchtest. Er kommt langsam in ein Alter, in dem er seine Umgebung aufmerksam wahrnimmt, und vier Frauen sind vielleicht doch ein bisschen viel Weiblichkeit. Gung ist zu beschäftigt, auÃerdem ⦠na ja, ich hätte lieber dich als Keanus Paten. Irgendwie bist du das ja sowieso schon, oder? «
Er lächelte. » Das mache ich gern. Der Kleine ist mir sehr ans Herz gewachsen. «
» Oh, das freut mich, Max. Du weiÃt gar nicht, wie sehr. «
Sie war froh, sich
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