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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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bis zu vierzig Tagen, Schießereien, Verrat, Bergen von Leichen Verbündeter und Gegner gehen an niemandem spurlos vorüber.
    Ein paar Minuten später quietschten draußen Bremsen. Zwei muskelbepackte junge Männer stürmten herein. Ihre Gesichter und ihre weißen Hemden waren dunkel von Blut und Ruß.
    Während der Explosion hatten die beiden Leibwächter, denen das kostbare Leben von Pnyrjas Neffen Gena anvertraut war, in einer Bar der Galerie Bier getrunken. Gena hatte sie weggeschickt – die Fürsorge seines Onkels genierte ihn.
    »Macht mal Pause, Jungs«, hatte er im Antiquitätengeschäft zu ihnen gesagt, zehn Minuten vor der Explosion.»Hier ist kein Mensch, und überhaupt – wer soll was von mir wollen?«
    Der bescheidene Ingenieur aus Woronesh wollte seiner schönen jungen Frau eine Freude machen und ihr etwas Echtes, Antikes aus Moskau mitbringen. Sein Onkel hatte ihm einen Haufen Geld für Einkäufe in die Hand gedrückt. Gena wollte ganz in Ruhe, ohne Hast ein Schmuckstück für seine Frau aussuchen – eine komplizierte, ja intime Angelegenheit. Und mit den Jungs ständig im Rücken konnte er sich nicht richtig konzentrieren.
    »In der dritten Etage ist eine Bar, trinkt ein kühles Bier«, hatte er zu den Leibwächtern gesagt.
    Die beiden waren sofort nach der Explosion zu Gena geeilt. Ringsum herrschten Panik, Geschrei und Qualm. Starrsinnig versuchten sie es mit künstlicher Beatmung, als ginge es um ihr eigenes Leben. Aber es war zu spät.
    Als Pnyrja Genas Leibwächter kommen sah, sagte er kein Wort. Er barg seinen kahlen Kopf in den Händen und jaulte leise auf wie ein geprügelter Hund.
     
    Die Schwestern bogen sich vor Lachen. Sie versuchten sich zu beruhigen, aber sobald sie sich ansahen, überkam sie eine neue Lachwelle. Sie liefen die Bolschaja-Bronnaja-Straße entlang und klammerten sich aneinander, um nicht hinzufallen.
    An den Patriarchenteichen verschnauften sie. Am oberen Ende des Boulevards war ein Stand, an dem gegrillte Würstchen mit Pommes verkauft wurden. Daneben stand ein einzelner Tisch. Die Sonnenseite war wenig belebt, in der Nähe des Imbissstands saß lediglich ein älterer Mann auf einer Bank und las Zeitung.
    Sie bestellten Würstchen, kauften sich zwei Dosen Cola, ließen sich gleichzeitig auf die erhitzten Plastikstühle fallen, zogen die gleiche Grimasse und stöhnten, öffneten die Dosen mit der warmen Cola und setzten sie an die Lippen. Sweta warf eine Schachtel Zigaretten auf den Tisch.
    »Ira, gib mir mal dein Ronson, mein Zippo ist leer.«
    »So schnell? Warum füllst du es nicht nach?«
    Ira kramte in ihrer Tasche nach dem Feuerzeug.
    »Ich schätze, du hast es schon verloren«, spottete Sweta und sah zu, wie ihre Schwester Kosmetiktäschchen, Haarbürste, K.-o.-Spray, eine leere Parfümflasche, eine zusammengeknüllte Chipstüte, mehrere leere Plastiktüten und eine noch verpackte Strumpfhose hervorholte. »Na, ist es weg? So ein tolles Feuerzeug – wenn man dir schon mal was Teures kauft! Ach, das Muttchen winkt schon, unsere Würstchen sind fertig.«
    Sweta bedachte die Schwester mit einem nachsichtigen, zärtlichen Lächeln, erstarrte aber plötzlich und runzelte die Stirn. Aus der Tasche lugte hellblauer, seidiger Samt. »Bist du total durchgeknallt?«, fragte sie nur mit den Lippen.
    »Ach, Sweta, es wär doch schade drum gewesen.« Ira zwinkerte ihr mit einem schuldbewussten Achselzucken zu. »Es ist so schön, und es steht mir, und dir auch. So was könnten wir uns doch im Leben nicht leisten, tausendfünfhundert Dollar … Es wär sowieso hin gewesen … He, Sweta, was hast du denn? Wir haben doch echt nichts zum Ausgehen.«
    »Ausgehen – wohin denn? Überleg dir, was du sagst! Steck es in eine Tüte und schmeiß es weg.«
    »Auf keinen Fall!« Ira schüttelte den Kopf.
    »He, Mädels, holt ihr nun eure Würstchen oder was?«, rief die Verkäuferin.
    »Ja doch!«, blaffte Sweta, sah ihre Schwester noch einmal drohend an und ging zum Stand.
    Als sie zurückkam, hatte Ira ihre Tasche fest umklammert und schaute die Schwester ergeben an.
    Schweigend versuchten sie die dicke rosa Würstchenhaut mit der Gabel zu zerteilen, legten schließlich die Gabeln beiseite und aßen mit den Händen. Sie waren sehr hungrig, stopften sich gierig den Mund voll und beschmierten sich mit Ketchup. Als Ira das Brot herunterfiel, hob sie es vom Asphalt auf und aß es.
    Der dicke Mann auf der Bank beobachtete sie voller Neugier. Die hübschen Zwillinge waren ihm gleich

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