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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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müssen. Unser Zug geht in einer Stunde.«
    »Och, Sweta, komm mit, ja?« Ira sprang so heftig auf, dass ihr die Tasche vom Schoß fiel.
    »Bleib stehen, du Unglücksrabe!«, stöhnte Sweta und rannte der Schwester hinterher.
    Borodin sah ihnen besorgt nach, packte Jewgenijas Hand und murmelte: »Kommen Sie, wir gehen ein bisschen spazieren, wir reden unterwegs.« Er wollte unbedingt wissen, wohin die Zwillinge liefen.
    »Ilja, haben Sie überhaupt gehört, was ich gesagt habe?«
    »Ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Sie sagten, er heißt Ruslan, und dann noch etwas von Vampiren, Hexen und Voodoo.«
    »Ich weiß, das klingt total verrückt, aber ich habe gleich nach dem Gespräch mit Ljussja alles aufgeschrieben, das müssen Sie unbedingt lesen.«
    »Ja, natürlich … Danke …«
    Er rannte fast, Jewgenija kam kaum hinterher.
    »Warum rennen Sie denn so, wir wollten doch nur spazieren gehen.«
    »Reine Gewohnheit, ich laufe gern.« Er nahm ihren Arm. »Nur noch bis zum Puschkinplatz, dann gehen wir gemächlich.«
    »Was ist denn los auf dem Puschkinplatz?«
    »Ich hoffe, nichts.«

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    »Die Datscha von Solodkin ist klasse«, sagte Sweta plötzlich mitten im Lauf. »Wie gefällt dir eigentlich seine Frau?«
    »Gar nicht. Er kriegt sie sowieso früher oder später an die Nadel.«
    »Sag mal, ist Ljussja wirklich seine Tochter?«
    »Na klar. Erstens sieht sie ihm echt ähnlich, und zweitens kommt er schließlich nicht wegen uns mit seiner Videokamera ins Heim. Idioten haben überhaupt immer Glück, und Missgeburten und Debile besonders. Ist dir das noch nie aufgefallen?« Ira lachte laut, ließ ihre Augen hervorquellen, zog die Lippen auseinander, drückte mit einem Finger ihre Nase platt und sah für einen Moment ein bisschen aus wie Ljussja.
    »Warum nimmt er sie dann nicht zu sich? Und wieso ist er erst jetzt aufgetaucht?«
    »Ein plötzlicher Anfall von Vatergefühlen, schlechtes Gewissen, vielleicht hat er auch nur einen Knacks weg von den Drogen. Weiß der Geier.« Ira winkte ab. »Ich begreife überhaupt nicht, warum es solche wie Ljussja überhaupt gibt auf der Welt.«
    Dasselbe hatte sie vor sieben Jahren gesagt, als sie und Sweta in das Heim gekommen waren und Ljussa zum ersten Mal gesehen hatten – ein gedrungenes, dickes Mädchen mit flachem Gesicht und dümmlichen runden Augen. Sie lächeltedie ganze Zeit und wollte allen gefallen und mit allen befreundet sein. An die Zwillinge hängte sie sich ganz besonders, sie folgte ihnen auf Schritt und Tritt, nervte sie mit Geschichten über ihre Tante, die Zauberin, die in flauschigen Wollknäueln märchenhafte Schätze aufbewahrte, Goldmünzen und Edelsteine. Die Zwillinge mussten die Idiotin wie eine Schwester behandeln. Sie durften sie nicht ärgern, sonst wurden sie womöglich in den Karzer gesperrt, einen feuchten dunklen Keller unterm Schuppen.
    Aber Ljussja musste man einfach ärgern. Sie strömte die besondere, unvergleichliche, verlockende süße Aura des Opfers aus. Kann sich etwa ein Hai beherrschen, wenn er Blut wittert? Kann ein Jagdhund darauf verzichten, angeschossenes Wild zu verfolgen?
    Mit dreizehn war Ljussja noch hässlicher geworden, ihr Gesicht war voller Pubertätspickel. Die Schwestern bogen sich insgeheim vor Lachen, wenn Ljussja vorm Spiegel stand, endlos ihre Pickel mit irgendeiner Salbe eincremte und sich an ihren kläglichen dünnen Haaren zu schaffen machte.
    Die Schwestern hatten zum sechzehnten Geburtstag eine Flasche teuren französischen Haarbalsam geschenkt bekommen. Eines Tages beobachteten sie Ljussja, wie sie ihn heimlich benutzte. Hätte sie gefragt, würden sie es ihr vielleicht erlaubt haben, aber sie genierte sich, und das war widerlich. Die Schwestern opferten ein bisschen Geld, kauften eine Tube duftendes französisches Enthaarungsgel (»entfernt unerwünschten Haarwuchs sanft und effektiv«), füllten den Haarbalsam in ein Mayonnaiseglas um und das Enthaarungsgel in die Balsamflasche.
    Sie bemühten sich, Ljussja nicht anzusehen, als sie mit einem Handtuch um den Kopf aus der Dusche kam. Sie platzten fast vor Lachen und husteten heiser, als hätten sie Bronchitis. Am schlimmsten war der Augenblick, als Ljussja das Handtuch abwickelte und ihren kläglichen Flaum kämmte. Die Schwestern fürchteten, an ihrem Lachen zu ersticken.Ganze Haarbüschel blieben in der Bürste und an Ljussjas Händen hängen, fielen ihr auf die Schultern. Mit zitternden Fingern tastete Ljussja ihren Kopf ab, bekam

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