Das Haus der bösen Mädchen: Roman
hübschen, klugen Zwillinge, interessierte sich kein Mensch.
Auf dem Puschkinplatz angekommen, blieben sie vor McDonald’s stehen. Gegenüber, rechts vom Puschkindenkmal, hatte die Miliz die Straße abgesperrt; Feuerwehr und Notarztwagen standen da.
»Und, hast du genug gesehen?«, fragte Sweta. »Schluss jetzt, ab in die Metro.« Sie zog ihre Schwester am Arm.
»He, geil, oder?«, rief Ira fröhlich, und die beiden verschwanden in der Metro.
Borodin trat zu einem Milizionär an der Absperrung, zeigte seinen Dienstausweis und fragte, was los sei.
»In einem Geschäft in der Galerie ist ein Sprengsatz explodiert«, erklärte der junge Sergeant.
Borodin schaute sich verwirrt um, als suche er in der Menge nach jemandem.
»Ilja«, flüsterte Jewgenija ihm ins Ohr, »glauben Sie, die beiden Mädchen, die Zwillinge, hätten etwas mit der Bombe zu tun? Wir sind doch den beiden hinterhergerannt, oder?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe ihr Gespräch mit angehört. Sie haben unsere legendäre ›Mama Isa‹ erwähnt und noch so einiges. Ich weiß nicht, mir schwirrt der Kopf.«
»Vielleicht haben Sie sich die ›Mama Isa‹ nur eingebildet? Sie denken die ganze Zeit daran …«
»Ich muss mit jemandem von der Einsatzgruppe sprechen. Warten Sie bitte auf der Bank vorm Denkmal auf mich, es dauert nicht lange.«
In der Einkaufsgalerie waren Spurensicherer vom FSB zugange. Borodin entdeckte sofort einen Bekannten, Oberstleutnant Swiridow, einen hochgewachsenen, attraktiven Grauhaarigen mit schwarzen Augenbrauen und Schnurrbart.
»Ilja, was machen Sie denn hier?«, fragte Swiridow erstaunt.
»Sagen Sie bitte, geschah die Explosion in einem Geschäft für exklusive Damenkleidung?«
»Ja, aber woher wissen Sie das?«
»Ist noch jemand von den Mitarbeitern der Galerie da?«
»In der zweiten Etage machen ein paar Leute ihre Aussagen. Aber erklären Sie mir doch, worum es geht, Ilja.«
»Später, Fjodor, später. Erst muss ich mit den Zeugen sprechen. Ist ein Mitarbeiter des Geschäfts dabei, in dem die Explosion stattfand?«
»Der Geschäftsführer. Er war zu der Zeit gerade essen.« »Ausgezeichnet!«
Der Oberstleutnant brachte Borodin zu einem Tisch in der Bar im zweiten Geschoss, verschwand wieder und kam nach ein paar Minuten mit einem blassen jungen Mann in einem teuren hellen Anzug zurück.
»Ich hab doch schon alles erzählt«, sagte der junge Mann heiser, langte in seine Tasche und holte eine zerknautschte Schachtel Parlament hervor. Seine Hände zitterten, auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen. »Ich kann nicht länger hierbleiben, mir ist schlecht. Der ganze Stress …«
»Mein Kollege möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen, dann können Sie nach Hause gehen«, beruhigte ihn der Oberstleutnant.
»Sagen Sie, wurden in Ihrem Geschäft Abendkleider von Chanel verkauft?«
Der junge Mann hustete heftig, Tränen spritzten ihm aus den Augen, er drückte die Zigarette aus, schnäuzte sich lautstark in ein Papiertaschentuch und sagte mit brüchiger, unglücklicher Stimme: »Ja, wir haben vor kurzem eine neue Kollektion hereinbekommen. Wieso?«
»Handelte es sich wirklich um Chanel?« Erstaunt registrierte Borodin, dass die Augen des Geschäftsführers unruhig umherhuschten und er häufig zwinkerte.
»Was soll die Frage?« Der junge Mann wollte eine neue Zigarette hervorholen, bekam sie aber nicht richtig zu fassen und schleuderte die Schachtel so energisch von sich, dass sie zu Boden fiel, beugte sich hinunter, um sie aufzuheben, und stieß sich beim Aufrichten heftig den Kopf an der Tischkante.
»Warum sind Sie so nervös?«, fragte der Oberstleutnant sanft.
»Wären Sie an meiner Stelle etwa nicht nervös?« Der Geschäftsführer lachte böse. »Mich hat nur ein Wunder gerettet, ich hätte ebenso gut während der Explosion im Geschäft sein können. Jawohl! Vielleicht galt der Anschlag ja überhaupt mir – Sie haben keine Ahnung, wie hart die Konkurrenz bei uns ist!«
Swiridow schüttelte den Kopf. »Aber darüber haben wir doch schon gesprochen, Eduard. Das war kein geplanter Auftragsmord, das war ein Terroranschlag.«
»Ich an Ihrer Stelle würde mich freuen, dass ich noch lebe«, bemerkte Borodin. »Also, waren es nun echte Chanel-Modelle? Direkt aus Paris?«
»Ich begreife nicht, was das mit dem Anschlag zu tun hat.«
»Na schön.« Borodin seufzte. »Die Herkunft der Kleider interessiert mich in der Tat nicht sonderlich. Ob Sie die Sachen aus Paris bekommen haben, aus Peking, aus
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