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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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wühlen, um auf dieses unselige Voodoo zu kommen, und Sie können die beiden Namen sofort einordnen. Ist Ihnen die Voodoo-Religion im Zusammenhang mit anderen Fällen schon begegnet? Oder sind Sie so unglaublich gebildet?«
    »Erstens haben Sie vorhin von Voodoo gesprochen, als wir zum Puschkinplatz rannten. Und zweitens habe ich dieses Wort vor kurzem schon einmal gehört.«
    »Ach, darum sprachen Sie von merkwürdigem Zufall?«
    »Nein, nein«, sagte Borodin rasch. »Mystisches ist eben neuerdings sehr populär, auch Voodoo. Lebende Tote, Zombies…«
    Jewgenija nickte. »Stimmt, das ist sehr populär. Aber nicht erst neuerdings – schon immer. Erwachsene mögen Schauermärchen genauso gern wie Kinder. In jeder Folklore gibt es das Thema der Wiederbelebung von Toten. In unseren Märchen zum Beispiel haben wir das Wasser des Lebens und das Wasser das Todes. Wissen Sie, eigentlich klingt das alles mehr oder weniger logisch. Angenommen, irgendwo bei Moskau existiert ein privates Kinderheim. Sie haben es nicht finden können, weil es vielleicht gar nicht als Kinderheim registriert ist, sondern als kinderreiche Familie mit mehreren Adoptivkindern. Und zugleich ist es eine Art Sekte oder Geheimgesellschaft, wo allerlei Unfug getrieben wird, der die psychische Gesundheit gefährdet. Vermutlich mit ganz pragmatischen Absichten, fern von jeder Mystik: Absolute Macht über die Kinder und Ausnutzung dieser Macht zu kriminellen Zwecken. Im Prinzip hat jede terroristische Organisation Züge von Mystizismus.«
    »Ja, da haben Sie wohl recht. Wenn die Kinder adoptiert wurden, hat Ljussja jetzt vermutlich einen anderen Familiennamen.Sie müsste ihn kennen. Was meinen Sie – würde sie Ihnen den verraten?«
    »Das bezweifle ich. Ich habe es schon versucht. Natürlich muss sie ihn wissen, aber sie schweigt hartnäckig. Übrigens erwähnte sie noch einen Papa Wassili. Aber was erzähle ich Ihnen das? Lesen Sie lieber selbst. So, wir sind da.«
    Jewgenija wohnte in einem düsteren, soliden dunkelgrauen Jahrhundertwendebau in einer Gemeinschaftswohnung. Die Nachbarn, ein altes Ehepaar, schauten sofort aus ihrem Zimmer heraus, um sich den Besucher anzusehen. Borodin grüßte und fragte Jewgenija nach dem Telefon.
    »Hallo!«, rief er aufgeregt in den Apparat. »Hier ist Borodin. Ich brauche eine Auskunft: Wurden auf irgendeinem Landeseinwohneramt im Kreis Sawjolowoje Ausweise für Zwillinge ausgestellt und wenn ja, wann. Wieso, seit wann bekommt man einen Ausweis schon mit vierzehn? Na, jedenfalls, die beiden sind jetzt zwischen sechzehn und achtzehn, groß, hübsch, blond, mit blauen Augen. Die eine heißt Sweta, die andere Ira.«
    Die Nachbarn standen noch immer an der Tür, die Hälse gereckt und die Münder offen – wie zwei Gänse. Borodin legte auf und sah Jewgenija fragend an. Sie lächelte, formte die Hände zu einem Sprachrohr und rief: »Es ist alles in Ordnung! Nichts Besonderes!«
    Die Nachbarn nickten und verschwanden in ihrem Zimmer.
    »Sie sind sehr lieb«, sagte Jewgenija, »aber schrecklich neugierig. Sie sind beide fast taub und stellen den Fernseher immer so laut, dass mein Sohn und ich uns die Ohren zustöpseln müssen und dann ebenfalls schreien, wenn wir etwas sagen wollen. Das mit den Landeseinwohnerämtern ist wirklich eine gute Idee. Sie hoffen, dem FSB zuvorzukommen?«
    »Ja«, gestand Borodin. »Wenn das FSB die beiden verhaftet, werde ich Schwierigkeiten haben, sie zu meinem Fall zuvernehmen. Ich wäre auf die Freundlichkeit von Oberstleutnant Swiridow angewiesen oder müsste mich an meine Vorgesetzten wenden. Das mag ich nicht.«
    In der blitzsauberen, geräumigen Küche schaltete Jewgenija den Wasserkocher ein, nahm mehrere Plastikboxen aus dem Kühlschrank und schnitt Brot. Borodin erzählte ihr indessen von der unglücklichen Alkoholikerin Marina.
    »Wir haben zwar nach ihrer Beschreibung ein Phantombild von dem Mörder angefertigt«, sagte er traurig, »aber das Gesicht ist so unauffällig, dass wir ebenso gut nach dem Mann auf dem Brandschutzplakat suchen könnten.«
    »Haben Sie es dabei?«, fragte Jewgenija.
    »Selbstverständlich. Ich schleppe mehrere Exemplare mit mir rum, wie ein Amerikaner die Fotos seiner lieben Familie.«
    »Ich fahre gleich heute in die Klinik und zeige es Ljussja, ich sage einfach, ich hätte Ruslan wieder getroffen, und er hätte mich gebeten, ihr das Bild zu geben.« Sie griff nach dem Phantombild. »Tja, in der Tat ein absolutes Plakatgesicht ohne jede besonderen

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