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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Chlor, Kaliumpermanganat, einem frischen Rasierwasser, Zigaretten und Seife, und in der rötlichen Dämmerung hinter ihren zusammengekniffenen Lidern erschien das ärgerliche Gesicht von Tante Lilja und daneben ein zweites Gesicht: braune Augen, kräftige große Zähne und ein fröhliches Lächeln.
    Er lächelt, spricht leise und höflich, doch die Tante ist trotzdem wütend und will ihn wegschicken. Ljussja freut sich so, dass er gekommen ist, mit Blumen und Pralinen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Sie selbst hat ihm die Tür geöffnet, und die Tante ist aus dem Bad gekommen und hat geschimpft. Ljussja versteht nicht, warum, aber sie fühlt sich trotzdem wohl. Wenn er bei ihr ist, fühlt sie sich immer wohl, egal, was er sagt oder tut. Sie macht immer, was er sagt, und denkt genauso und will nichts davon wissen, dass es auch anders sein könnte.
    Sie bekam eine Vollnarkose und sank in eine tiefe, undurchdringliche Finsternis. Das Letzte, was sie sah, waren eine dünne, rhombenförmige Klinge und riesige dunkle Blutflecke, die sich auf flauschigem rosa Stoff ausbreiteten.
     
    Der Tee war ausgezeichnet, aber er schmeckte Borodin nicht. Er stand vom Tisch auf, goss den Tee ins Spülbecken, wusch die Tasse aus, stellte sie in den Trockenständer und ging in sein Zimmer. Seine Mutter seufzte tief und sagte kein Wort.
    Borodin war ein alter Junggeselle, er lebte mit seiner Mutter Lydia zusammen in einer Wohnung, und darüber, welchenEindruck er auf Frauen machte, hatte er lange nicht mehr nachgedacht. Doch seit kurzem stand er plötzlich länger vorm Spiegel und fragte seine Mutter eines Tages düster: »Was meinst du, kann eine schöne Frau sich in ein fettes Ungeheuer verlieben?«
    »Was ist denn passiert?« Lydia zuckte zusammen und starrte ihn durch ihre Brille erschrocken an.
    »Nichts. War nur eine Frage. Was meinst du, vielleicht sollte ich Gymnastik machen oder morgens joggen?«
    »Ilja, was ist los?« Lydia legte ihr Buch beiseite, trat zu ihrem Sohn, fasste nach seinen Schultern und drehte ihn zu sich um. »Sieh mir in die Augen.«
    »Mach ich doch.«
    Borodin sprach seit Jahren nur von seiner Arbeit und dachte an nichts anderes. Er schien vergessen zu haben, dass es Frauen auf der Welt gab, und in den Spiegel schaute er nur beim Rasieren. Ihren Freundinnen gegenüber beklagte Lydia den schwierigen Charakter ihres Sohnes, seine Verschlossenheit, und erklärte, ihr Junge sei ein totaler Workaholic geworden und sollte mal jemanden kennenlernen. Das sei doch nichts, so ganz ohne Privatleben! Außerdem bedauere sie, dass sie nie Enkel haben würde.
    Aber das war nicht ganz aufrichtig. Im Grunde ihres Herzens hatte sie schreckliche Angst davor, dass eines Tages eine fremde Frau in ihren ruhigen, geordneten Alltag eindringen und alles auf den Kopf stellen würde.
    Vor einiger Zeit hatte ihr Sohn eine unglückliche Liebe erlebt; nach dieser langen, qualvollen Geschichte hatte er resigniert, an Gewicht zugelegt und sich in einen alten Mann verwandelt. Lydia fürchtete eine Wiederholung und glaubte nicht, dass es auf der Welt eine Frau gab, die ihren Sohn wirklich zu schätzen wusste. Er war nicht mehr jung, nicht reich und nicht schön. Er war ein kluger, gütiger, anständiger Mensch und ein Profi auf seinem Gebiet – aber wen interessierte so etwas heutzutage?
    »Wer ist denn die schöne Frau?«, fragte Lydia mehrmals vorsichtig.
    »Niemand, Mama. Niemand«, erwiderte Borodin jedes Mal gereizt, drehte sich um und ging, eine Romanze vor sich hin summend, in sein Zimmer.
    Lydia beschloss, ihn nicht länger mit Fragen zu löchern. Früher oder später würde er es ihr selbst erzählen oder einfach eine fremde Frau mitbringen – dagegen wäre sie dann machtlos.
    Doch vielleicht gibt es sie ja gar nicht, diese Frau, dachte Lydia voller Hoffnung. Aber abnehmen sollte Ilja trotzdem. Erstens schadet überflüssiges Gewicht der Gesundheit, und zweitens sieht er deshalb mit seinen fünfzig aus wie sechzig.
    Also buk Lydia keine köstlichen Piroggen mehr, sondern raspelte Gemüse. Zur Arbeit gab sie ihrem Sohn nun keine Piroggen, Buletten und Schinkenbrote mehr mit, sondern kalorienarme Cracker, Plastikgefäße mit Möhren-Rote-Bete-Salat, Backpflaumen, getrocknete Aprikosen und einen Apfel.
    In zwei Wochen nahm er drei Kilo ab und wirkte sofort jünger. Lydia fand, ohne seine altmodischen Koteletten wäre er direkt attraktiv.
    Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, war Lydia voller Angst und Hoffnung auf eine

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