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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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angenehme Frauenstimme gefasst. Sie war überzeugt, sie würde es spüren, wenn sie mit derjenigen sprach, die ihr Sohn als »schöne Frau« bezeichnet hatte. Doch es kamen nur dienstliche Anrufe. Natürlich, sie beachtet ihn überhaupt nicht! Nur eine kluge, sensible Frau kann meinen Sohn richtig würdigen, dachte Lydia seufzend, als ihr Sohn wortlos vom Tisch aufstand, den Tee ins Spülbecken goss und in sein Zimmer ging,
    Sie schaltete den Fernseher ein und zappte sich durch die Sender, doch es liefen nur verkrampfte Talkshows und grässliche Actionfilme. Sie schaltete den Fernseher wieder aus und ging zu ihrem Sohn. Seine Zimmertür war offen. Sie sah seinen gebeugten Rücken hinterm Schreibtisch und sprachihn mit gespielter Munterkeit an: »Ilja, kommst du mit einem Fall nicht weiter? Früher hast du mir immer alles erzählt, und diesmal weiß ich nicht einmal, was du gerade bearbeitest.«
    »Achtzehn Messerstiche und eine debile Waise mit Selbstanzeige.«
    »Das ist es also!« Lydia nickte. »Und ich dachte, du wärst unglücklich verliebt.«
    »Wieso unglücklich?« Borodin lächelte. »Du meinst, ich könnte mich nur unglücklich verlieben?«
    »Nicht doch, Ilja!«, widersprach Lydia erschrocken. »Das meine ich überhaupt nicht. Du bist ein attraktiver Mann, besonders, nachdem du abgenommen hast. Wenn du dich noch von deinen Koteletten à la siebziger Jahre trennen würdest… Oh, entschuldige, ich wollte dich nicht beleidigen.«
    »Schon gut, ich bin nicht beleidigt.« Borodin erhob sich rasch, ging zum Schrank, hielt das Gesicht dicht vor den Spiegel, drehte den Kopf hin und her, strich sich über die Wangen und sagte nachdenklich: »Du hast recht, weg mit den Koteletten. Dann ist das Rasieren einfacher, und überhaupt… Vielleicht sollte ich mir einen Schnurrbart stehenlassen oder einen Vollbart? Sag mal, Mama, was meinst du, kann es sein, dass ein behindertes Kind nirgends medizinisch erfasst ist?«
    »Nein«, erwiderte Lydia energisch, »ausgeschlossen. Eine debile Waise, sagst du?«
    »Genau. Ein Mädchen, Ljussja, fünfzehn Jahre alt. Debil.«
    »Solche Kinder leben meist in speziellen Heimen. Davon gibt es in Moskau nicht viele.«
    »Ganz richtig. Doch in keinem davon war je eine Ljussja Kolomejez registriert. Außerdem gibt es ein paar private, familiäre Heime, doch auch dort hat niemand je von dem Mädchen gehört. Als würde sie überhaupt nicht existieren. Tja – von wegen unglücklich verliebt.«
    Das Telefon klingelte. Borodin sah auf die Uhr und rannte so eilig in die Küche, dass Lydia das Herz stockte.
    »Ja!«, hörte sie ihren Sohn ziemlich laut sagen. »Ja, Jewgenija … O mein Gott! Warum haben Sie mich nicht sofort angerufen? Ach ja, ich verstehe. Doch, wir sollten uns auf jeden Fall treffen, wenn es Ihnen nichts ausmacht … Ja, danke, ich komme sofort zu Ihnen, wenn Sie nichts dagegen haben. Gut, ich verstehe.«
    Er warf den Hörer auf die Gabel und ging ins Zimmer, um sich anzuziehen.
    »Ist etwas passiert?«, erkundigte sich Lydia vorsichtig. »Wo willst du denn so spät noch hin?«
    »Meine debile Waise hatte eine Fehlgeburt«, erklärte Borodin mit einem nervösen Lachen. »Das Mädchen, gerade fünfzehn geworden, war in der achten Woche schwanger. Und in ihrem Blut wurde ein starkes Halluzinogen nachgewiesen.«
    Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, räumte Lydia rasch die Reste des Abendessens ab, spülte das Geschirr und ging dann mit einem Staubtuch ins Zimmer ihres Sohnes. Auf seinem Schreibtisch entdeckte sie ein dickes Hochglanzmagazin. Auf dem Umschlag mit dem Titel »Blum« räkelte sich ein nacktes, kahlköpfiges Mädchen in Quecksilbergrau.
    »Ist das ein Foto oder eine Computergrafik?«, murmelte Lydia. »Ob irgendjemand dieses Geschöpf wirklich schön findet?«
    Sie blätterte in der Zeitschrift. Sie stieß auf einen Artikel darüber, wie man Eingang in die Kreise der Reichen findet. Erstens: Orte besuchen, wo sich Berühmtheiten aufhalten, beobachten, wie sie sich kleiden, und sie kopieren, in Gesprächen beiläufig berühmte Namen einstreuen, als seien es alte Bekannte. Zweitens: saubere, gepflegte Hände. Drittens: teure Kleinigkeiten wie Feuerzeug, Kugelschreiber, Notizbuch. Viertens: Immer fünf Minuten zu spät kommen, nicht mehr und nicht weniger. Fünftens las Lydia nicht mehr; sie blätterte stirnrunzelnd weiter. »Armer Ilja, was für einen unglaublichenInformationsmüll er sich antun muss«, knurrte sie und legte das Magazin beiseite.
    Die

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