Das Haus der glücklichen Alten
mir, ich gehe nicht zurück in mein Zimmer. Warten Sie. So. So ist gut. Aber der Arm hier tut mir weh. Legen Sie ihn nach hinten. Kommen Sie, hierher mit dem Hintern! Ich komme ja schon. Langsam, Sie brechen mir noch die Knochen. Uff. So fühle ich mich wohl. Ich, ich fühle mich wohl so. Aber ich, ich stoße mit dem Kopf ans Bettende. Beinahe. Wenn ich einschlafe und nicht mehr aufpasse, stoße ich dagegen. Wir müssen ein bisschen weiter nach unten rutschen. Los, ich habe lange Beine, und das geht bei mir nicht. Verflucht! Warten Sie. So ist gut. Nein. Ein bisschen weiter nach unten. Das bin nicht ich, das sind Sie. Jetzt. Jetzt fühle ich mich bestens. Nein, aber so habe ich einen Fuß auf dem Boden. Und er tut Ihnen weh. Ich friere. Legen Sie ihn nach oben. Das ganze Bein hat keinen Platz. Hören Sie, mit Esteves war das viel leichter, und der war ein Riese. Sie sind ganz schön kompliziert, Senhor Pereira, Esteves war eine Bohnenstange, ich habe immer noch was auf den Rippen. Esteves, der ist wirklich zum Teufel gegangen. Was? Den haben sie zum Teufel geschickt. Meinen Sie nicht, Senhor Silva? Der wunderbare Esteves, eigentlich sollte er hier ganz zufrieden sterben, erinnern Sie sich, Sie haben ja selbst behauptet, dass er vor Freude strahlte, als er die hundert voll hatte. Er war überglücklich, dass er hundert war. Und dann kommt Doktor Bernardo und sagt, er ist von uns gegangen, und das war es schon. Ich weiß nicht, Senhor Silva, mir kommt dieser Tod recht angemessen vor. Wir setzten uns aufs Bett. Senhor Pereira setzte sich aufs Bett, und ich auch, jeder auf eine Seite, und wir dachten ein bisschen nach. Dann sagte ich, ich hielt ihn immer für aufrichtig, das habe ich Ihnen ja schon anvertraut, für mich war er der Esteves aus dem Tabakladen, den Fernando Pessoas Álvaro de Campos beschrieben hat. Für mich war er es. Ich habe keinen Zweifel. Für mich auch. Und er war ein Freund. Ein schöner Freund. Und ich habe es auch immer geglaubt, wenn er sagte, dass er Angst vor Medeiros habe, der würde ihn nachts so beschimpfen, dass er es mit der Angst bekomme. Das glaube ich auch. Ich glaube, sie haben da was eingefädelt, um ihn loszuwerden, erinnern Sie sich, etwas, das ihm ein für alle Mal seine Metaphysik raubte und ihn zugrunde richtete. Esteves, mein Lieber, wurde mit der größten Unverschämtheit der Welt umgebracht. Unser wunderbarer, mythischer, poetischer Esteves, der so überreich an Metaphysik war und dem man wohl nur mit einer Maschine seine angemessene Tiefe wegnehmen konnte. Das stimmt, Senhor Pereira, das stimmt wirklich, Sie haben es getroffen, sie haben ihm was angetan, sie haben ihn in den letzten Monaten so zugrunde gerichtet, bis er es nicht mehr aushielt. Wir sehen es uns an. Was? Das Zimmer. Also, Senhor Silva, wir gehen hoch ins Zimmer und sehen, ob Medeiros den Mund aufmacht. Ohne jeden Krach, und wir werden ja hören, ob Medeiros was sagt. Also, Senhor Pereira, womöglich terrorisiert er jetzt ja den Spanier. Wir werden sehen. Ich hab Angst. Ich will nicht hin, Senhor Pereira, wir gehen lieber nicht, wir richten es so ein, dass wir hier beide Platz finden, und dann schlafen wir gleich. Nichts da, seien Sie kein Feigling! Sie sind verrückt, so was erschreckt mich. Ich bin am Tag reingegangen, und das hat mich schon erschreckt. Aber wir gehen zusammen, wir halten uns an den Händen, und wir gehen langsam, auf Zehenspitzen, wir müssen bloß hören, um zu erkennen, ob Esteves recht hatte. Wenn ich da oben bin, sterbe ich. Sie sterben überhaupt nicht. Vor Ihnen bin ich dran. Senhor Pereira, ich gehe, aber wenn ich einen Anfall kriege, wird es Ihnen leidtun. Gar nichts kriegen Sie! Wir gehen zusammen. Was Sie einstecken, stecke ich auch ein, das ist demokratisch. Dann ist gut. Es ist beängstigend, aber gerecht. Uff. Besser, wir gehen hier die Treppe hoch, auf dieser Seite ist es dunkler, und man kann von unten nichts sehen. Senhor Silva, zittern Sie nicht! Was ist das? Das ist ein Buch. Wozu haben Sie ein Buch mitgenommen, wollen Sie lesen? Ich weiß nicht. Wenn er sich auf mich stürzt, schlage ich ihm damit eins auf den Deckel. Das Ding ist schwer. Ich hab einen Pantoffel verloren. Suchen Sie ihn. Hier ist er. Kommen Sie mit mir runter, Mann, da ist eine Stufe. Kommen Sie. Ich lasse Sie nicht los. Ich werde Sie nicht loslassen. Steigen Sie mit mir runter. In Ordnung, langsam, mir tun schon die Knochen weh. Was ist das für ein Krach? Dona Leopoldina schnarcht, hört sich an wie ein
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