Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
Glasscheiben. »Und deshalb muss das aufhören, bevor sie zu weit geht. Mezereum ist keine Mörderin, aber sie tut uns mit ihrem Vorgehen keinen Gefallen. Ich habe Verständnis für ihren Hass und ihre Rachsucht, aber das ist nicht die Zeit und der Ort dafür.«
    Eine weitere Entladung der Energiepistole war zu hören. Grilse schrie.
    »Mezereum«, sagte Betonie mit erhobener Stimme. »Würdest du bitte … einen Moment aufhören?«
    Sie fuhr mit flammenden Augen herum, die Pistole wies in unsere Richtung. Hier gab es keine Sicherheitsvorkehrungen. Es sei denn, die Waffe war so programmiert, dass sie nicht auf Gentianer feuerte, hätte schon ein Fingerzucken ausgereicht, um weitere fünf oder sechs Splitterlinge auszulöschen.
    »Gibt es ein Problem, Splitterling Betonie?«
    »Ganz und gar nicht, Mezereum.« Er vermochte das Schwanken seiner Stimme nicht ganz zu unterdrücken. »Ich finde, wir sollten mal eine Pause machen – um die vorliegenden Ergebnisse zu bewerten, bevor wir fortfahren.«
    »Wir haben nichts Neues in Erfahrung gebracht.«
    »Trotzdem wäre es ratsam, wenn wir unsere Vorgehensweise einer Überprüfung unterziehen würden. Vielleicht gibt es ja etwas zu verbessern.«
    Zu meiner nicht unerheblichen Erleichterung senkte Mezereum die Pistole und verriegelte – wie ich hoffte – den Leistungshebel. Sie ließ die Waffe los, die an Ort und Stelle in der Schwebe verharrte. Dann kam sie zu uns herüber.
    »Das ist unakzeptabel. Ich war dicht vor dem Durchbruch.«
    »Davon kann nicht die Rede sein«, entgegnete ich.
    Sie funkelte Betonie an. »Ich dachte, Campion wäre aus dem Befragungsraum verbannt.«
    »Hier liegt der Fall anders«, sagte ich. »Das ist ein öffentlicher Raum. Wenn du mich verbannst, musst du auch die Ymirer fortschicken.«
    Ohne mich zu beachten, wandte sie sich unmittelbar an Betonie. »Grilse war angeschlagen. Das habe ich deutlich gespürt.«
    »Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie lange du noch Löcher in ihn hineinbohren kannst, bevor er zu reden beginnt«, sagte Betonie. »Seine Ressourcen sind begrenzt. Wir haben für den Fall, dass du den ersten Grilse erledigst, keinen zweiten im Rückhalt.«
    »Ich brauche nur einen.«
    »Ich glaube, er hat Recht«, sagte Akonit mit einem versöhnlichen Lächeln. »Du hast bis jetzt gute Arbeit geleistet, und dafür sind wir dir dankbar, aber es ist an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren.«
    Betonie sah erst mich und dann wieder Mezereum an. »Kann Grilse mich jetzt hören?«, fragte er leise.
    »Nein. Ich habe den Akustikfeed abgeschaltet, als ihr mich unterbrochen habt.«
    »So lange, bis wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, werden wir ihm keine körperlichen Schäden mehr zufügen. Stell die Leistung deiner Pistole auf einen so niedrigen Wert, dass der Energiestrahl die Scheibe nicht durchdringt. Wir werden die Schäden simulieren, indem wir die Datenverbindungen zwischen den Scheiben reduzieren.«
    »Er wird den Unterschied merken, Betonie. Er wird keinen Schmerz empfinden.«
    »Dann muss es halt so gehen. Trotzdem wird er das Gefühl haben, scheibchenweise ausgelöscht zu werden. Das ist auch ohne Schmerzen schon unangenehm genug.«
    »Er kann sich denken, dass der Prozess reversibel ist.«
    »Aber er weiß es nicht genau. Er wird Zweifel haben, zumal wenn du weiterhin mit der Pistole feuerst. Im Moment besteht noch die Chance, dass man ihn wieder zusammenflickt und er wieder wie ein normaler Mensch umherwandeln kann. Wenn du weitere Querschnitte löschst, ähnelt er irgendwann einem Buch, aus dem man ein paar Bögen herausgerissen hat. Irgendwann kommt der Punkt, da die Verluste zu groß sind, um ihn wiederherzustellen, und das weiß er auch.«
    Mezereum wirkte nach wie vor skeptisch, doch andererseits machte sie auch nicht den Eindruck, als wäre sie bereit für die entscheidende Auseinandersetzung mit Betonie und den anderen. Da man ihr die Leitung der Befragung nicht entzog, bot man ihr die Möglichkeit, vor dem Publikum das Gesicht zu wahren. Die Hände wären ihr gebunden, doch das wäre weniger demütigend, als ihres Amtes gänzlich enthoben zu werden.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte sie.
    »Aber du wirst dich entsprechend verhalten«, sagte Betonie. »Anders geht es nicht, Mez. Wenn wir uns irren, wenn uns das nicht weiterbringt, dann werde ich als Erster meinen Irrtum eingestehen. Aber bis dahin verfahren wir so, wie ich es gesagt habe.«
    Mezereum schaute finster drein. Sie wandte sich ab, ging

Weitere Kostenlose Bücher