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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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würdest du vorgehen, Campion?«, fragte Betonie, der sich zu uns gesetzt hatte. »Ich wette, du hast jede Menge Vorschläge.«
    »Zunächst mal würde ich ihr die Waffe abnehmen. Man kann den Datenstrom zwischen den Scheiben lahmlegen, auch ohne physische Strukturen zu zerstören. Wenn ihr was ändern wollt, dann so. Grilse wird keinen Unterschied merken – er wird immer noch das Gefühl haben, immer weniger zu werden. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass man ihn wiederherstellen kann, wenn man keine Ergebnisse erzielt.«
    »Wenn er uns nichts verrät, während wir an ihm herumschnipseln – ungeachtet der Methode, die dabei zur Anwendung kommt -, wird er sich bei einem zweiten Durchgang kaum anders verhalten.«
    »Dann macht beim zweiten oder dritten Mal ernst«, sagte ich achselzuckend. »Aber versucht es erst einmal so. Zwingt ihn, Farbe zu bekennen. Mal sehen, welchen Preis er zu zahlen bereit ist. Vielleicht steht er ja wirklich kurz vor dem Zusammenbruch, aber wenn Mezereum so weitermacht, könnte es bald zu spät sein.«
    »Du bist wirklich entschlossen, die Befragung zu unterlaufen«, sagte Betonie.
    Ich schüttelte den Kopf, eher erschöpft als zornig. »Nein. Ich billige voll und ganz jede Methode, die geeignet ist, Grilse Informationen zu entlocken. Wenn es etwas nutzen würde, die Scheiben zu zerhacken, würde ich selbst die Axt schwingen. Aber das wird nicht funktionieren.« Ich blickte ihm tief in die Augen, denn ich wollte den vernünftigen, rationalen Menschen erreichen, für den ich ihn immer gehalten hatte. Er war ehrgeizig, aber nicht leichtsinnig. »Betonie, du weißt, dass das nicht richtig ist. Ich habe gehört, wie du gestern Abend über Miere gesprochen hast.«
    Mit einem höhnischen Grinsen schaute er weg. »Ich habe ja gewusst, dass du daran etwas auszusetzen haben würdest.«
    »Ich hatte überhaupt nichts auszusetzen. Was du gesagt hast, war vollkommen in Ordnung. Ich habe dir zugehört und den Sternen gedankt, dass nicht ich an deiner Stelle sprechen musste. Du bist ihr voll und ganz gerecht geworden.«
    Das Schweigen dehnte sich, als währte es mindestens tausend Jahre. Die anderen Splitterlinge hatten sich zurückgezogen, um uns Gelegenheit zu geben, ungestört miteinander zu reden.
    »Ich habe geglaubt, du würdest meine Rede missbilligen.«
    »Sie war gut. Aufrichtig und wahr. Miere hätte dir das Gleiche gesagt.«
    »Ich wollte einfach nur sagen, was gesagt werden musste. Ich habe Miere nicht so gut gekannt wie du, aber ich war mir bewusst, dass sie nichts geduldet haben würde, was nicht absolut der Wahrheit entsprach und auf den Punkt gebracht war. Sie hätte nicht gewollt, dass man ihr Leben ausschmückt oder romantisiert.«
    »Du hast den richtigen Ton getroffen.« Ich seufzte, denn ich wollte ihn mir nicht weiter entfremden, sondern ihn von meiner Sichtweise überzeugen. »Nach der Feier ist mir bewusst geworden, dass ich dir Unrecht getan habe. Nach der Sache mit Portulas Raumschiff kam mir der Gedanke – nur ein Gedanke -, dass du vielleicht stärker verwickelt sein könntest, als wir vermuteten.« Ich schluckte mühsam. »Und als Miere starb …«
    »Du dachtest, ich wäre für ihren Tod verantwortlich?«
    »Das war dumm von mir. Aber einer von uns muss an ihrem Tod schuld sein. Es tut mir leid, dass ich dich auch nur einen Moment lang verdächtigt habe. Aber das ist nun mal passiert.« Das Sprechen fiel mir schwer – mein Atem ging so schwer, als hätte ich einen Berg erklommen. »Du hast Mezereum beauftragt, die Befragung fortzusetzen. Ich habe mich gefragt, ob du vielleicht wolltest, dass sie versagt.«
    »Damit keine weiteren Einzelheiten ans Licht kommen.«
    »Du kannst bestimmt nachvollziehen, wie ich darauf kam.«
    Betonies Augen war nicht zu entnehmen, was er von mir dachte – seine Denkprozesse hätten auch Lichtjahre entfernt stattfinden können, so undurchdringlich war seine Miene. »Und jetzt?«, fragte er einigermaßen gleichmütig.
    »Deine Totenrede hat alles verändert.«
    »Ich könnte sie trotzdem ermordet haben. Ein paar wohlgewählte Worte? Die lassen sich auch heucheln.«
    »Aber du hast nicht geheuchelt.«
    »Nein«, sagte er nach einer langen Pause. »Das war nicht geheuchelt. Es fiel mir schwer, über Miere zu sprechen. Das war viel schwerer, als zu wissen, dass ihr Mörder vermutlich nur ein paar Schritte entfernt stand.«
    »Dann sind wir uns in dem Punkt einig.« Ich blickte zu dem Quadrat hinüber, zu Mezereums leuchtenden, zuckenden

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