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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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berichten, aus den Löchern sei roter Nebel entwichen.«
    Bringt mir einen intakten Soldaten.
    »Ich weiß nicht, ob das möglich ist.«
    Stellt alle Einsatzkräfte dafür ab, bis es vollbracht ist. Nichts ist wichtiger.
    »Wirst du uns helfen, Relictus?«
    Ein knarzender Laut kam aus der Maske. Ich glaube, er lachte.
     
    In dieser Nacht oder vielleicht auch der darauf folgenden, wurde ich von grün gekleideten Eindringlingen aus dem Bett geholt. Es war ein Zeichen unserer schwindenden Macht, dass es den Beauftragten des Grafen Mordax gelingen konnte, in den Wolkenpalast einzudringen und unbehelligt bis in mein Gemach zu gelangen.
    Die Eindringlinge schleppten mich in einen weißen Raum, wo ich belästigt und verhört wurde. Sie stachen mich mit Nadeln und spähten mir mit leuchtenden Vorrichtungen in die Augen. Sie nannten mich »Abigail« und behaupteten, ich hätte mich in einer Art von grünem Labyrinth verirrt, das sie als Palast bezeichneten, und sei gerade noch rechtzeitig gerettet worden.
    Zum Glück entwischte ich den Eindringlingen. Ich wanderte durch hell erleuchtete Gänge, bis ich auf magische Weise oder mittels Täuschung in mein Gemach im Wolkenpalast zurückfand.
    Meine Erleichterung war unbeschreiblich. Ich schloss die Fenster und befahl, die Zahl der Wachen fortan zu verdoppeln. Am Morgen aber wollte Daubenton nicht über den Vorfall sprechen, und mir kamen Zweifel, ob ich mir das Ganze vielleicht nur eingebildet habe. Jedenfalls gab es genug andere Dinge, um die ich mich kümmern musste. Die Gespenstersoldaten wurden immer zahlreicher; immer mehr lautlose Bataillone drangen mit ihren schnellen, blassen, nach Verwesung stinkenden Pferden ins Königreich vor. Sie waren auf einen lebenden Offizier angewiesen, der sie befehligte, doch in jeder anderen Hinsicht kämpften sie wie Dämonen. Für jeden Mann, der auf unserer Seite fiel, erschuf Calidris zwei neue Gespenstersoldaten für Mordax. Ich verfluchte den Tag, an dem ich mir mit der Blutnadel in den Finger gestochen hatte, denn damit hatte das ganze Elend erst angefangen.
    Doch ich kam Relictus’ Bitte nach. Gegen den Rat von Daubenton und Cirlus wies ich meine Soldaten an, alles zu tun, um einen Gespenstersoldaten mit intakter Rüstung gefangen zu nehmen. Wir verloren Dörfer und kleine Städte, weil die Schutztruppen abgezogen wurden. Da allgemein bekannt war, dass ich die entsprechenden Befehle erteilt hatte, verfluchten all jene, die ihr Zuhause, ihren Besitz und ihre Angehörigen verloren hatten, fortan meinen Namen. Dennoch ließ ich mich nicht beirren.
    Und dann kam der Tag, da wir einen Gespenstersoldaten gefangen nahmen.
    Er war vom Pferd gestürzt und auf einem Heuhaufen gelandet – die Rüstung war unversehrt. Meine Soldaten umzingelten ihn. Er wehrte sich eine Weile, doch je weiter sein Hauptmann sich entfernte, desto fügsamer wurde er, bis er sich schließlich in sein Schicksal ergab. Meine Männer stülpten ihm einen Sack über und brachten ihn mit einem Wagen zum Wolkenpalast. Später wurde er an einen Holzrahmen gefesselt und zu Relictus gebracht.
    Er untersuchte den Gefangenen mit großer Sorgfalt, was sich über Tage hinzog. Währenddessen setzten die Gespenstersoldaten ihre Übergriffe fort und strömten in Scharen über die Grenzen des Königreichs. Die grünen Männer entführten mich ein weiteres Mal aus meinem Gemach, doch es gelang mir auch diesmal, mich ihren bösen Machenschaften zu entziehen und in meine Burg zurückzukehren. Noch mehr Wachen gingen in Stellung. Daubenton gegenüber erwähnte ich nichts, denn aufgrund meiner seltsamen Äußerungen und der mit jäher Wucht auf mich einstürzenden Erinnerungen, hegte er bereits erste Zweifel an meiner geistigen Zurechnungsfähigkeit. Außerdem war mir der Verdacht gekommen, die grünen Eindringlinge könnten meinem eigenen Hofstaat angehören und der weiße Raum sei eine Geheimkammer irgendwo im Wolkenpalast. Wie sonst wäre zu erklären gewesen, dass sie mich so mühelos verschleppen konnten und dass ich ebenso leicht wieder in meine Gemächer zurückfand?
    Zwölf Tage, nachdem man den Gespenstersoldaten in sein Verlies gebracht hatte, ließ Relictus mich rufen. In Begleitung mehrerer Wachen stieg ich die steinerne Wendeltreppe hinunter.
    Der Gespenstersoldat war noch immer an den Holzrahmen gefesselt, doch sein Kopf folgte bei meinem Eintreten meinen Bewegungen. Relictus trug noch immer die Maske, doch seine Hände waren nicht mehr gefesselt. Er war mit einem weißen,

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