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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Euch wie gehorsame Kinder vor. Sie geben ausgezeichnete Krieger ab, doch es ist kein Hass und nichts Böses in ihnen. Das Böse kommt von denen, die sie erschaffen und ihnen befehlen, Dörfer niederzubrennen.«
    »Dann hast du nichts in Erfahrung gebracht, was für mich nützlich wäre«, sagte ich und machte Anstalten, mich enttäuscht zu entfernen. »Viele Menschenleben wurden geopfert, um des Gespenstersoldaten habhaft zu werden, Relictus. Dörfer wurden niedergebrannt, nur damit du deine Neugier befriedigen konntest. Ich hatte erwartet, dass du einen Fehler in der Rüstung finden würdest, den sprichwörtlichen Schwachpunkt.«
    »Das habe ich«, sagte er, als wäre ihm das erst jetzt eingefallen. »Wenn Ihr es befehlt, kann ich die Gespenstersoldaten zu Tausenden töten.«
    Ich wollte wissen, wie er das anstellen wolle.
    »Offenbar handelt es sich um Kopien ein und derselben Seele, oder um Kopien einer kleinen Anzahl verschiedener Seelen. Sonst könnte Calidris sie nicht in so großer Zahl erschaffen. Ich habe eine Methode erwähnt, einen Zauberspruch zu vervielfältigen.«
    »Und weiter?«
    »Stellt Euch einen Apparat vor, der seine Gesten nachahmt – die Bewegungen seiner Arme und seiner Finger. Entweder er hat eine Gliederpuppe mittels Magie dazu gebracht, dass sie seine Gesten nachahmt, oder aber es wird mit Drähten und Flaschenzügen bewerkstelligt, die an einer Art Rüstung befestigt sind, die Calidris angelegt hat. Die Puppe könnte auch sprechen wie er, oder aber seine Stimme wird mittels Röhren in ihren Mund weitergeleitet. Das Ergebnis ist beide Male das Gleiche. Ein Zauberspruch hat die Wirkung von zweien. Oder von dreien, wenn der Apparat entsprechend kompliziert ist. Oder von zehn Zaubersprüchen. Praktisch gibt es dabei keine Obergrenze, zumal hier magische Kräfte im Spiel sind.«
    »Dann hat Calidris also mit einem einzigen Zauberspruch tausend falsche Seelen erschaffen. Ich begreife noch immer nicht, wie …«
    »Die Seelen sind alle gleich. Sie werden vom gleichen teuflischen Feuer belebt. Das bedeutet …« Relictus verzog das Gesicht, denn er hatte Mühe, mir die Mysterien seiner Kunst zu erklären. »Herrin, Ihr habt Calidris mit einer Blutnadel hergerufen.«
    »Das war mein größter Fehler.«
    »Gleichwohl lässt sich daran zeigen, worauf ich hinauswill. In dem Moment war Euer Schmerz sein Schmerz – Euer Blut war sein Blut. Ein Zauber hat Euch verbunden. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit den falschen Seelen. Jede Einzelne ist mit ihren Schwestern verbunden, denn sie wurden im selben Moment geschmiedet, mit ein und demselben Zauberspruch. Das ist ihre Stärke, denn auf diese Weise kann Mordax über eine beliebig starke Armee verfügen. Es ist aber auch ihre Schwäche, denn sie alle sind anfällig für ein und denselben Gegenzauber.«
    »Kennst du diesen Zauber?«
    »Ich bin sicher, dass ich den Zauberspruch finden werde, wenn man mir ein wenig Zeit lässt. Tagtäglich finde ich Neues über Calidris’ Schöpfung heraus. In Kürze werde ich genug wissen, um einen Gegenzauber zu wirken.«
    Ich betrachtete die Rüstung mit der falschen Seele und dachte an Relictus’ Bemerkung über deren kindergleiche Unschuld. Das leere Visier schaute mich an, hinter den verglasten Schlitzen zeigte sich ein Schimmer roten Nebels. Dumpfe Neugier ging von ihr aus, wie man sie bei einem Tier oder einem Sklaven wahrnehmen mag, jedoch keinerlei Bösartigkeit. Ich hätte nicht mit ihr allein sein wollen, doch ich glaubte Relictus, dass die falsche Seele ohne Boshaftigkeit und Hass war.
    »Und wie soll es dann weitergehen?«
    »Die Seele stirbt und mit ihr alle falschen Seelen, die durch denselben Zauber erschaffen wurden. Das könnte ein Regiment der Gespenstersoldaten sein oder vielleicht sogar die ganze Armee. Jedenfalls würde sie beträchtlich dezimiert werden.«
    »Dann musst du es versuchen«, sagte ich, »und zwar mit äußerstem Nachdruck. Das zukünftige Schicksal der Menschheit ruht auf deinen Schultern.«

Neunundzwanzig
     
     
     
     
     
    »Das Schiff schwenkt weiter ab«, sagte Betonie, als die Datenlage keinen anderen Schluss mehr zuließ.
    Zwanzig Minuten war es her, dass die Silberschwingen des Morgens mit der Kursänderung begonnen hatte. Zunächst hatten wir uns nichts dabei gedacht und waren davon ausgegangen, die Robots nähmen als Reaktion auf die Annäherung der drei Schiffe eine kleine Kurskorrektur vor. Der Vorteil einer solchen Anpassung war zwar nicht unbedingt einsichtig,

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