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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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doch da wir die taktischen Überlegungen der Robots nicht kannten, nahmen wir an, Portulas Schiff werde irgendwann wieder auf den ursprünglichen Kurs zurückschwenken, nachdem es einen winzigen, aber quantifizierbaren Vorteil gegenüber seinen Verfolgern erlangt hatte.
    Aber das Manöver wurde fortgesetzt. In den vergangenen zwanzig Minuten hatte die Silberschwingen den Kurs bereits um ein Dutzend Grad geändert, und nichts deutete darauf hin, dass sie das Manöver beenden wollten.
    Die Maschinenzivilisation, die weit verteilten fernen Sterne, die wir als Monoceros-Ring bezeichneten, beschrieben einen Bogen um die Hauptscheibe der Milchstraße. Wenn ein Raumschiff seinen Kurs parallel zur Oberfläche der Scheibe ausrichtete, musste es früher oder später die Maschinenzivilisation erreichen – selbst wenn es nicht zehn oder zwanzig, sondern hunderttausend Jahre dauern sollte. Das Schiff brauchte jedoch nur geringfügig vom Parallelkurs abzuweichen, um den Monoceros-Ring gänzlich zu verfehlen. Während die Silberschwingen die Kursänderung fortsetzte, entfernte sich ihr mutmaßliches Ziel immer weiter von der Maschinenzivilisation.
    Die Kurskorrektur währte noch eine Stunde, bis das Schiff schließlich wieder eine gerade Flugbahn beschrieb. Das Manöver hatte die Robots ein wenig Vorsprung gekostet, doch diesen Nachteil würden sie wieder wettmachen, wenn wir das Manöver nachvollzogen, wozu wir irgendwann gezwungen sein würden, wenn wir die Verfolgung fortsetzen wollten.
    »Weshalb haben sie damit bis jetzt gewartet?«, fragte Betonie. »Sie müssen von Anfang an gewusst haben, wohin sie wollten. So haben sie lediglich Zeit verloren.«
    »Vielleicht waren sie gezwungen, ihre Pläne zu überdenken, als sie feststellten, dass sie verfolgt werden«, sagte Bilse.
    »Nicht unbedingt«, entgegnete ich. »Ich glaube, sie wussten die ganze Zeit über ganz genau, wo sie hinwollten. Sie wollten uns glauben machen, sie kehrten zum Monoceros-Ring zurück, deshalb haben sie nach Verlassen des Orbits zunächst diesen Kurs eingeschlagen. Sobald sie außer Beobachtungsreichweite gewesen wären, hätten sie Kurs auf ihr eigentliches Ziel genommen. Mit unserer prompten Reaktion haben sie nicht gerechnet; wir haben die Verfolgerflotte so schnell gestartet, dass sie die Kursänderung nicht mehr unbeobachtet durchführen konnten. Deshalb haben sie sie jetzt vollzogen, noch vor Erreichen einer relativistischen Geschwindigkeit. Wenn man mit sechs Zehnteln Lichtgeschwindigkeit fliegt, ist es nicht leicht, eine Kursänderung vorzunehmen, aber bei neun Zehnteln Lichtgeschwindigkeit oder mehr ist es noch wesentlich schwieriger.«
    »Aber wenn sie nicht den Monoceros-Ring anfliegen …«, sagte Oxalis.
    »Wir sind jetzt dicht an ihrem Kurs dran«, meinte Hederich, dessen Imago zum Schwebedisplay blickte. »Natürlich könnte es gut sein, dass sie noch ein paar Kurskorrekturen im Ärmel haben. Aber wenn wir vom jetzigen Kurs ausgehen, können wir ihn mit einem Fehler von ein paar tausend AE bis auf eine Strecke von tausend Lichtjahren extrapolieren.«
    »Zeig mal«, sagte Betonie, seine Miene ganz starr vor Konzentration.
    Auf dem Display der Bummelant wurde eine Karte der Galaxis angezeigt. Die Karte zoomte auf unsere momentane Position im Scutum-Crux-Spiralarm, bis eine Lücke zwischen dem hellen Fleck unseres Raumschiffsgeschwaders und dem silbernen Kreis Neumes sichtbar wurde. Genau genommen befanden wir uns noch innerhalb des Sonnensystems, würden aber bald die Heliopause des Sterns durchstoßen und in den eigentlichen interstellaren Raum gelangen, wo nur noch pechschwarze Kometen ihre Bahn zogen.
    »Wir glauben, sie fliegen in diese Richtung«, sagte Hederich, als eine von der Silberschwingen des Morgens ausgehende rote Linie erschien. Als der Vektor den Rand des Kastens erreichte, veränderte sich der Darstellungsmaßstab, und ein größeres Raumvolumen wurde angezeigt. »Innerhalb der ersten zehn Lichtjahre gibt es nichts«, bemerkte Hederich. »Wir gehen auf einhundert. Immer noch keine Treffer – in einer Entfernung von zwei Lichtjahren vom extrapolierten Kurs findet sich kein einziges Sternsystem.« Der Maßstab veränderte sich erneut, bis der Kasten einen Durchmesser von tausend Lichtjahren hatte, doch noch immer wies die rote Linie keinen Schnittpunkt auf. Inzwischen war die Linie aufgrund der kumulativen Berechnungsfehler merklich dicker geworden. »Reicht ziemlich dicht an eine Junggesellensonne in neunhundertdreißig

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