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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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können.«
    »Auf Hesperus«, sagte Campion und leerte mit einem großen Schluck zur Hälfte sein Glas.
    Hesperus hob sein Glas und nickte. Er trank gerade so viel, dass man sah, dass er die Flüssigkeit nicht nur pro forma im Mund herumspülte.
    »Ich danke Ihnen. Es tut gut, unter Freunden zu sein. Sie sind sehr großzügige Gastgeber.«
    »Wie auch immer – wenn Sie irgendetwas brauchen, wenn es etwas gibt, womit wir Ihren Aufenthalt angenehmer gestalten können …«
    »Mit fehlt wirklich nichts«, sagte er zu Campion. »Abgesehen von den Schäden, die Ateshga mir zugefügt hat, ist meine Verfassung ausgezeichnet. Ich bekomme allmählich sogar wieder ein Gefühl für meine Vergangenheit.«
    »Kehrt Ihre Erinnerung zurück?«, fragte ich.
    »Allmählich. Die Schäden sind erheblich, aber meine Reparaturroutinen sind hoch entwickelt und sehr wirkungsvoll.«
    »Wo wir schon beim Thema Schäden sind«, sagte Doktor Meninx’ Avatar, »was ist eigentlich mit Ihrem Arm?«
    »Mit meinem Arm, Doktor?«
    »Ja – mit dem linken. Er ist unübersehbar größer als der andere. Oder ist dieser Umstand Ihrer Aufmerksamkeit bislang entgangen?«
    Hesperus verlagerte unbeholfen die Haltung und blickte nacheinander Campion und mich an. »Haben Sie damit Probleme, Doktor?«
    Der Harlekin bog sich auf dem Stuhl zurück. »Weshalb sollte ich damit Probleme haben?«
    »Weil Sie das Thema aufgeworfen haben.«
    »Allein aus tiefer Sorge um Ihr Wohlergehen.«
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich um mich sorgen, doch ich versichere Ihnen, dass dazu keinerlei Anlass besteht. Ich konnte keine Fehlfunktionen feststellen.«
    Wir saßen in Campions Speisezimmer, ein paar hundert Meter von der Brücke der Bummelant entfernt. Aufgrund der Fensterattrappen hatte es den Anschein, als befänden wir uns in einer Art Gondel, die über dem sanft geschwungenen Rumpf in der Schwebe verharrte. Campion hatte sogar an falsche Sterne gedacht, welche die Illusion schufen, wir flögen durch einen Schneesturm von Sonnen. Immer neue Sterne flogen am Speisezimmer vorbei, hin und wieder begleitet von den wirbelnden Reigen von Planeten.
    »Jedenfalls … ist das schon … eigenartig «, beharrte Doktor Meninx. »Aber wir wollen nicht mehr davon reden. Ich möchte nicht Ihre Makel ins Licht rücken: Ich bin sicher, es ist schon schwer genug, damit zu leben.«
    »Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen«, sagte unser Robotergast.
    Nach längerem unbehaglichem Schweigen sagte Campion: »Ich glaube, wir alle würden gern erfahren, woran Sie sich wieder erinnert haben, Hesperus. Hat der Eintrag über die Vigilanz Ihnen weitergeholfen?«
    Doktor Meninx’ Avatar zerknitterte an der Hüfte wie eine geknickte Spielkarte und neigte sich Hesperus entgegen. »Weshalb sollten Sie sich für die Vigilanz interessieren?«
    »Er hat das gleiche Recht, sich dafür zu interessieren, wie Sie«, sagte ich.
    »Ich verneige mich vor der überlegenen Weisheit des Doktors«, erwiderte Hesperus mit der mikroskopischen Andeutung eines Kopfnickens. »Das Einzige, was ich mit Sicherheit über die Vigilanz weiß, ist das, was ich Campions Datenspeicher entnommen habe. Das war eine äußerst lohnende Beschäftigung, doch ich kann noch immer nicht das Gefühl abschütteln, dass ich mich auch schon früher für das Thema interessiert habe.«
    »War das vielleicht Gegenstand Ihres Auftrags?«, fragte Campion.
    »Von welchem Auftrag redest du?«, fragte ich, ehe Doktor Meninx eine Bemerkung machen konnte.
    »Das könnte durchaus sein«, antwortete Hesperus ein wenig zurückhaltend. Mir fiel auf, dass er mit der Daumenkuppe am Weinkelch kratzte, wobei der Daumen sich so schnell bewegte, dass er nur schemenhaft zu erkennen war, ganz so, als sei Hesperus sich der Geste gar nicht bewusst. »Ich weiß nur, dass inmitten meiner chaotischen Erinnerungen ein drängender Antrieb schlummert, das Gefühl, eine wichtige Aufgabe vollenden zu müssen, die noch nicht zum Abschluss gekommen ist. Allerdings könnte ich mich auch täuschen. Vielleicht bin ich ein einfacher Tourist, der von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit reist und dabei kein anderes Ziel verfolgt, als Erinnerungen anzuhäufen und Erfahrungen zu sammeln – genau wie Sie.«
    »Aber wenn Sie einen drängenden Antrieb verspüren … dann steckt vielleicht auch etwas dahinter«, meinte ich.
    »Ich vermag eine gewisse Rastlosigkeit nicht zu leugnen, ganz so, als hätte ich etwas auf die lange Bank geschoben.« Er hörte auf, mit dem

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