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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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mehr.«
    »Sollten Sie ihn mal überraschen wollen, dürfte Ihnen das kaum gelingen. Seine Sinne sind viel schärfer, als wir für möglich halten. Ich bin sicher, er merkt es frühzeitig, wenn Sie zu ihm unterwegs sind – aufgrund des elektrischen Körperfelds, aufgrund der Geräusche, die Sie nicht unterdrücken können, der chemischen Signatur der vierzigtausend Hautzellen, die Sie pro Sekunde verlieren.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ich gebe keine solchen Signale ab. Mein Avatar jedenfalls nicht. Das ist eine Maschine, wenn auch in einem anderen Sinn als er. Ich glaube nicht, dass er dessen Annäherung wahrnimmt. Jedenfalls kann er es bestimmt nicht hören.«
    Das stimmte: Sein Avatar war so leise wie ein Gespenst, außer wenn er sprach. Und selbst dann wirkte er heimlichtuerisch und geisterhaft.
    »Dann haben Sie ihn also überrascht. Was ist passiert?«
    »Als ich bei ihm eintrat – die Tür war nicht abgeschlossen -, saß er am Tisch und war mit irgendetwas beschäftigt. Es war merkwürdig, ihn so zu sehen, doch ich nehme an, Tische sind für Robots ebenso nützlich wie für Menschen – zumal wenn der betreffende Robot sich Mühe gibt, möglichst menschenähnlich zu erscheinen.« Das Wasser gurgelte plötzlich, als hätte Doktor Meninx einen besonders tiefen Atemzug getan. »Ich konnte nicht erkennen, was er da tat, doch er hatte beide Arme auf den Tisch gelegt, und drum herum lagen goldene Metallteile – gebogene Teile, als gehörten sie zu seinem Panzer.«
    Inzwischen fühlte ich mich beklommen. »Fahren Sie fort.«
    »Ich machte mich bemerkbar, ein Gebot der Höflichkeit. Erst jetzt nahm er mich wahr. Haben Sie schon mal erlebt, dass eine Maschine sich erschreckt hat, Campion? Das sollten Sie mal sehen. Das war eine einzigartige Erfahrung.«
    Ich musste meinen Kopf für ein paar Sekunden aus der Brühe ziehen. Ich wischte mir grünen Schaum von den Wangen und streifte mir das nasse Haar aus den Augen. »Ich würde ebenfalls erschrecken, wenn Sie sich an mich anschlichen«, sagte ich, als mein Kopf wieder untergetaucht war.
    »Aber würden Sie auch etwas vor mir verbergen wollen? Hesperus schon. In dem Moment, als er sich meiner Anwesenheit bewusst wurde, bewegten sich seine Arme mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Auf einmal sah ich nur noch goldene Schemen. Die Metallteile auf dem Tisch verschwanden, als hätten sie nie dagelegen. Aber wir beide wissen natürlich, was damit geschehen war.«
    »Tatsächlich?«
    »Sie gehörten zu seiner Rüstung – ich glaube, es handelte sich um die Verkleidung des linken Arms. Der Arm ist dicker als der andere, vielleicht, weil er etwas darunter versteckt.«
    »Er ist ein Roboter. Was sollte er vor uns verbergen wollen? Geräte und Schaltungen? Waffen? Er ist eine Waffe, Doktor Meninx. Wenn er uns etwas antun wollte, hatte er dazu bereits Gelegenheit.«
    »Er versteckt etwas. Ich hab’s gesehen.«
    »Sie haben gesehen, was er versteckt?«
    »Ich habe gesehen, dass er irgendetwas versteckt. Was es genau war … das konnte ich nicht erkennen.«
    Ich wusste, dass er log oder sich die Wahrheit selbst nicht eingestehen wollte. Er hatte etwas gesehen. Er wollte sich nur nicht dadurch bloßstellen, dass er es beim Namen nannte.
    »Hören Sie«, sagte ich eindringlich, »es würde doch keinen Sinn ergeben, wenn er etwas in dem Arm verstecken würde, meinen Sie nicht auch? Wenn er etwas zu verbergen hätte, würde er doch nicht dadurch darauf aufmerksam machen, dass der eine Arm dicker als der andere ist. Dann wären beide Arme gleich dick – und wir wären gar nicht erst misstrauisch geworden.«
    »Aber Sie geben zu, das ist schon eigenartig .«
    »Ich gebe zu, es ist ein Rätsel, aber mehr auch nicht. Soviel wir wissen, wurde er beschädigt und musste den Arm gegen den eines anderen Robots austauschen, der nicht ganz passte.«
    »So ein Roboter ist das nicht, Campion. Er ist eine Maschine und technisch mindestens ebenso raffiniert wie das modernste Raumschiff, das Sie kennen. Wenn ein Teil von ihm beschädigt wird, könnte er es mühelos reparieren, so dass es sich nahtlos in den Rest einfügt. Wäre er gezwungen, fremde Teile zu verwenden, würde er sie ebenfalls anpassen.«
    »Dann ist er vielleicht gerade in einem Transformationsvorgang begriffen. Er wurde beschädigt, musste einen Arm ersetzen, und jetzt passt er ihn an den Rest seiner Erscheinung an. Sie haben ihn dabei ertappt, wie er an seinem Arm herumgebastelt hat.«
    »Weshalb sollte er da

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