Das Haus der Sonnen
hatten einen Grund, weshalb Sie diese Galaxis im Auge behalten haben.«
»Sie ist unser nächster größerer Nachbar und verdiente schon daher Aufmerksamkeit.«
»In der lokalen Gruppe gibt es noch andere Galaxien, in denen intelligentes Leben möglich wäre. Auch daran haben Sie Interesse gezeigt, doch Andromeda stand bei Ihnen schon immer ganz oben auf der Prioritätenliste.«
»Das nennt man wohl ein Rätsel, Splitterling.«
»Wir glauben, dass Sie Hinweise auf Aktivitäten der Früheren entdeckt haben – auf Sternenmanagement, Dyson-Umhüllungen, solche Sachen. Sie haben uns nicht vorsätzlich Signale gesendet, aber ihre Existenz gleichwohl verraten. Wir mussten zweieinhalb Millionen Jahre lang Raumfahrt betreiben, ehe sie auch nur merkten, dass es uns gab, deshalb ist es durchaus denkbar, dass sie der Ansicht waren, sie hätten die lokale Gruppe für sich. Sie sind zu spät auf den Plan getreten, als dass sie von den Aktivitäten der Milchstraßen-Früheren etwas mitbekommen haben können, oder aber sie waren der Ansicht, sie wären ausgestorben. Wie auch immer, unser Auftauchen gab ihnen sicherlich Anlass zur Sorge. Die Körperschaft glaubt, die Vigilanz wurde gegründet, um Andromeda zu überwachen, die Andromeda-Früheren im Auge zu behalten und festzustellen, ob sie eine Bedrohung oder eher ein Segen sind. Es wurde in Kauf genommen, dass es Millionen Jahre dauern könnte, bis sich die Frage beantworten ließe. Auf einer kleineren Zeitskala lässt sich der Erfolg einer galaxisweiten Zivilisation kaum messen. Es könnte doch sein, dass Sie die Aufgabe haben, über einen Zeitraum von fünf oder sechs Millionen Jahren hinweg Daten zu sammeln und dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden – bis hin zu einem Präventivschlag, der Eröffnungssalve in einem intergalaktischen Mikrokrieg.« Ich lächelte, eher zu meiner eigenen Beruhigung als zu der des Kurators. »Heiß oder kalt, Kurator?«
»Ihre Theorie verträgt sich mit dem Augenschein.«
»Jedenfalls beinahe. Aber wenn Sie lediglich die Früheren von Andromeda überwachen sollen, wozu dann die Heimlichtuerei?«
»Wir sprechen inzwischen recht offen miteinander.«
»Ich weiß – doch es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Sie vor meiner Abreise nicht mein Gedächtnis manipulieren werden. Wenn es wirklich um die Früheren ginge, gäbe es eigentlich keinen Grund zur Geheimhaltung. Dann wäre es besser, wir alle wüssten Bescheid – die Familien und die Wandelzivilisationen.«
»Geheimhaltung ist vielleicht wichtiger, als Ihnen bewusst ist«, sagte der Kurator. »Es würde vielleicht nicht ausreichen, wenn eine einzelne Kultur unilateral vorgehen würde, doch dieser Fall könnte leicht eintreten, wenn sich die Kenntnis von den Andromeda-Früheren verbreiten würde.«
»Wir hätten sie aufhalten können, wenn es so weit gekommen wäre.«
»Nicht unbedingt. Würde eine Zivilisation eine Raumschiffflotte bauen und damit Richtung Andromeda starten, wäre keineswegs sicher, dass die Familien sie vor ihrem Eintreffen neutralisieren könnten. Und selbst wenn die Wandelzivilisationen zugrunde gehen sollten, würde die Flotte im Schutze der Zeitdilatation unbeirrt weiterfliegen. Nichts und niemand könnte sie einholen, wenn sie mit angenähert Lichtgeschwindigkeit fliegen würde.«
»Na schön, also gibt es einen guten Grund für die Geheimhaltung. Wandelzivilisationen sind jedoch nicht dumm. Vielleicht haben manche ja eigene Beobachtungen in Andromeda angestellt und dabei Hinweise auf das Wirken der Früheren entdeckt.«
»Diese Hinweise wären so subtil, dass die Beobachtungsressourcen der Vigilanz nötig wären, um sie zu erkennen. Wandelzivilisationen interessieren sich eher für ihre unmittelbaren Nachbarn in der galaktischen Scheibe als für zweieinhalb Millionen Lichtjahre entfernte Vorgänge.«
Der Kurator hatte nicht abgestritten, dass die Vigilanz sich für Andromeda interessierte. Vielleicht hatte das ja gar nichts zu bedeuten, doch es war immerhin ein Fingerzeig, den der Familie zu übermitteln gewiss lohnenswert gewesen wäre. Er würde das bereits vorhandene Wissen zwar kaum ergänzen, aber doch bestimmte Argumente stärken und der Lieblingstheorie der Körperschaft weiteren Auftrieb geben.
»Danke, dass Sie mit mir über diese Dinge gesprochen haben«, sagte ich, denn ich spürte, dass es nicht ratsam gewesen wäre, das Thema weiterzuverfolgen.
»Es war mir ein Vergnügen. Wir haben seit jeher großen Respekt vor den Familien und
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