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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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war der Verrückte. Hesperus war zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Das behauptet er.«
    »Glaubst du wirklich, er hat Meninx ermordet?«
    Campion zögerte mit der Antwort. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich glaube, der Doktor hat ein bisschen zu viel an seiner Ausrüstung herumgespielt. Aber ich muss mich so verhalten, als nähme ich die Angelegenheit ernst. Wenn es um den Tod eines Gastes geht, darf ich nicht den Eindruck von Nachlässigkeit machen.«
    »Auch dann nicht, wenn der andere Gast sich bereiterklärt hat, sein Leben aufs Spiel zu setzen, um uns zu helfen?«
    »Mach es nicht komplizierter, als es schon ist. Ich sagte bloß, Hesperus hat etwas wiedergutzumachen. Er muss sich mein Vertrauen neu verdienen. Unser Vertrauen.«
    Ich liebkoste sein Glied, bis es sich wieder regte. »Mein Vertrauen hat er sich bereits verdient. Du hast etwas wiedergutzumachen, Campion.«
     
    Hesperus fuhr mit seiner goldenen Hand über die goldene Flanke des kleinen Raumschiffs, das er in einer Ecke des gewaltigen Raums entdeckt hatte. Es war kaum größer als ein Wal, eher ein Spielzeug als ein Raumschiff.
    »Es heißt Vespertina «, sagte ich. »Mehr weiß ich nicht darüber. Ich glaube, das Schiff war ein Geschenk. Ich weiß nicht mehr, wann ich es zum letzten Mal als Shuttle verwendet habe, anstatt einfach zum anderen Schiff hinüberzuflitzen. Ist schon eine Weile her, dass ich mit einer Schwellenzivilisation zu tun hatte.«
    »Das ist mehr als ein Shuttle«, sagte Hesperus und streichelte den Rumpf des kleinen Raumschiffs.
    »Was ist es dann?«
    »Ein interstellares Raumfahrzeug, Portula. Ich glaube, unter der Seitenwölbung ist ein kleiner parametrischer Antrieb versteckt oder etwas, das auf dem gleichen Prinzip beruht.«
    Ich zuckte die Achseln. »Das ändert nichts. Es gibt hier noch andere interstellare Raumschiffe. Ich verwahre sie als Tauschobjekte.«
    Wir befanden uns im Haupthangar der Silberschwingen , im hinteren Drittel meines Schiffs. Der rechteckige, belüftete Raum war acht Kilometer lang, drei Kilometer breit und fast zwei Kilometer hoch. Wir hatten ihn durch die klippenartige Vorderwand betreten und folgten nun den schwebenden Laufgängen, die sich zwischen den zahlreichen Raumschiffen und schiffsgroßen Artefakten meiner Privatsammlung hindurchschlängelten. Die meisten waren in Schatten oder Dunkelheit gehüllt, doch hier und da fing sich das kalte, blaue Licht der Deckenleuchten an einer scharfen oder schartigen Kante, einer glatten oder geschuppten Oberfläche.
    In letzter Zeit kam ich nur noch selten hierher. Das ungeordnete Durcheinander der Schiffe und Artefakte erinnerte mich an das Durcheinander in meinem Kopf. Mein Schädel glich einem Druckkochtopf, vollgestopft mit zu viel Geschichte. Sowohl im Hangar als auch in meinem Schädel musste dringend aufgeräumt werden, doch je länger ich das hinausschob, desto weniger Lust hatte ich dazu.
    Campion war schon immer weniger sentimental als ich gewesen. Er brachte es ohne Zögern fertig, uralte Schätze wegzuschmeißen oder sich einer Gedächtniskonsolidierung zu unterziehen. Er ging mit weniger Ballast durchs Leben, der ihn an seine Vorgeschichte hätte fesseln können. Ich hatte ihn für seine Bereitschaft, sich seiner Vergangenheit zu entledigen, immer bewundert, denn dies war eines der Dinge, die uns voneinander unterschieden, eine Brücke, die ich nicht überschreiten konnte, wenn ich Portula bleiben wollte.
    Und das wollte ich natürlich.
    Manchmal stellte ich mir vor, Abigail stelle Tonfiguren von uns her, um sich an einem verregneten Nachmittag die Zeit zu vertreiben und ohne sich Gedanken darüber zu machen, was aus den Puppen werden würde, wenn sie sie in die Welt entließ. Wie trivial es gewesen sein musste, die Parameter ihrer Persönlichkeit anzupassen, bevor sie einen Teil davon in ihre Splitterlinge einfließen ließ. Kam ihr auch nur einen Moment der Gedanke, dass dies nicht nur erfreuliche Folgen haben könnte? Dass einer ihrer Splitterlinge eines unvorstellbar fernen Tages in einem gewaltigen Raum irgendwo in der Galaxis stehen könnte, niedergedrückt vom melancholischen Gefühl, der widerwillige Kurator in dem verstaubten, selten besuchten Museum seines Lebens zu sein?
    Hesperus schaute mich an und wartete darauf, dass ich fortfuhr.
    »Splitterlinge sind Sammler, wie Sie vielleicht schon bemerkt haben. Ich wusste noch nie so recht, was ich mit all dem Zeug anfangen soll, bringe es aber einfach nicht fertig, mich

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