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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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See. »Beeilt euch! Sonst verpasst ihr sie noch! Legt die Hämmer weg und holt die Mondkuchen!«
    Mehrere Tabletts in den Händen balancierend führte Lu See die kleine Gruppe an, als sie den Pfad zum Dorf hinunterrannten. Der kampong war voller jubelnder Menschen. Sie schwenkten Fahnen, hielten die Daumen in die Höhe und sprangen begeistert auf und ab. Fähnchen und Spruchbänder mit Willkommensgrüßen hingen an den nach oben gebogenen Dachtraufen des Dorftempels. Die Kindern hatten vor einem selbst gebastelten Arc de Triomphe eine Kette gebildet und kreischten begeistert.
    »Da kommen sie!« Die Menge drängte vorwärts. In der Ferne war jetzt eine große Staubwolke zu sehen, die ein Konvoi schwerer Fahrzeuge aufwirbelte. Das Brummen von Motoren und das Rattern, Klappern und Quietschen von Getrieben und stählernen Federn kam immer näher. Vickers-Spähpanzer, gepanzerte Mannschaftstransporter und Panzer donnerten über die Bodenwellen hinweg. Es herrschte ein Tumult und eine Freude, als erwartete die Menge einen Karnevalszug. Als die Fahrzeuge ihr Tempo verlangsamten, liefen die Dorfbewohner neben ihnen her. Ein Offizier in einem Jeep, der sein Barett in seine Schulterklappe geschoben hatte, machte mit beiden Händen das Victoryzeichen. Um ihn herum klatschten die Leute begeistert in die Hände.
    Ein weiteres Dutzend Lastwagen fuhr jetzt langsam vorbei, während die jungen Mädchen, die sich allesamt die Haare toupiert hatten, den Soldaten auf den Ladeflächen kokett zuwinkten. Sie alle ließen ihre Fahrradklingeln ertönen. Ihre Handhupen erzeugten einen unglaublichen Lärm. Die Fahrzeuge fuhren jetzt noch langsamer, dann kamen alle gleichzeitig mit einem schnaufenden Geräusch zum Stehen. Die Soldaten wollten offensichtlich den begeisterten Empfang auskosten. Die Infanterie bildete die Nachhut – es waren das Royal Lincolnshire Regiment mit ihren Baretts und die Gurkhas mit ihren terai -Hüten. Reihe um Reihe in tropisch dunkelgrünen Kampfanzügen, marschierten sie singend und pfeifend vorbei, während ihre Stiefel im Takt dazu auf den Boden trommelten.
    Lu See starrte die Soldaten aus dem Himalaja mit ihren runden Gesichtern an und musste dabei unwillkürlich an Sum Sum denken. Onkel Hängebacke schwenkte irgendwo hinter ihr begeistert den Union Jack.
    Peter und James begannen God Save the King zu singen, während einige Dorfbewohner Reis und Kokosraspel in die Luft warfen. Mr Ko, der Ladenbesitzer, hielt die Gans des Dorfes hoch in die Luft, die sich mit einem lauten onk-onk darüber beschwerte. Zwei kleine Jungen flitzten, wilde Blumen in der Hand, neben den Fahrzeugen her und warfen gelbe und rosa Blüten in die Luft, die auf die Soldaten auf den Geschütztürmen regneten. Einer der beiden kletterte sogar auf einen der Panzer, um den Soldaten die Hand zu schütteln.
    »Wohin fahrt ihr?«, rief jemand.
    »Kuala Lumpur!«, kam die Antwort.
    Und dann waren sie auch schon wieder weg, so wie der Ballon eines Kindes, den der Wind davongetragen hat. Ein letzter Panzerwagen fuhr auf seinem Weg nach Süden zur Hauptstadt an ihnen vorbei, zog dabei metallgraue Staubfahnen hinter sich her, begleitet von dem Geräusch mahlender Maschinen und dem dumpfen Grollen von Patronen in einer Munitionskiste. Einige der Jungen rannten ihm noch ein Stück hinterher. In der Ferne explodierte ein Knallfrosch.
    » Gung hei! Gung hei! Herzlichen Glückwunsch!«, rief Lu See und verteilte an die hungrigen Jungen und Mädchen Mondkuchen. »Mit den besten Empfehlungen der Teohs. Esst sie, solange sie noch warm sind!«
    Nicht weit von ihnen entfernt holten Frauen aus dem Haushalt der Woos runde Kuchen aus einem geflochtenen Korb, verteilten die kreisförmigen Päckchen aus Pappe an die älteren Dorfbewohner. Lu See begrüßte sie mit einem höflichen Kopfnicken.
    Die Kinder tanzten auf dem Dorfplatz herum, schlugen Gongs und sahen zu, wie die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Als der Vollmond am Himmel erschien, begrüßten ihn die Feiernden mit einem staunenden »Oh«. Rote Papierlaternen wurden an langen Bambusstangen getragen – Schmetterlinge, Karpfen und Kaninchen, die vom zitternden Licht der Kerzen in ihrem Inneren erhellt wurden.
    »Darf ich mit den anderen spielen gehen?«, fragte Mabel, vor lauter Vorfreude von einem Fuß auf den anderen hüpfend.
    »Natürlich darfst du«, erwiderte ihre Mutter.
    Lu See sah zu, wie die Kinder Arm in Arm davonsprangen. Sie lächelte stolz, dann aber spürte sie plötzlich, dass sie

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