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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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schweißüberströmt im kühlsten Winkel des großen Hauses, fächelte sich mit einem Bananenblatt Luft zu und machte dabei ein Gesicht wie ein Mann, der gerade festgestellt hat, dass er in den falschen Bus gestiegen ist.
    Aus dem Garten schallte energisches Hämmern, und aus der Küche zog der warme, nach roten Bohnen duftende Geruch von frisch gebackenen Mondkuchen herüber.
    Mabel, nur mit einem Flanellpyjama bekleidet, tappte mit nackten Füßen über den Boden und setzte sich auf seinen Schoß.
    »Ich stelle fest, dass deine Mutter ein paar alte Regen schirme gegen eine Packung Rote-Bohnen-Paste eingetauscht hat«, sagte er. »Ah, wenn du einmal so stark und unverwüstlich wirst wie sie, dann werde ich stolz auf dich sein.«
    »Soll ich dir was verraten?«, sagte Mabel. »Onkel Peter und Onkel James streiten sich schon wieder.«
    » Aiyoo, was für verdammte Einfaltspinsel. Wie war es doch früher schön, aahh! Niemand hat sich wirklich gestritten, abgesehen vielleicht von deinem Großvater und Zweiter Tante Doris, mögen die beiden in Frieden ruhen.« Onkel Hängebacke zog ein mit einem Monogramm besticktes Taschentuch aus seiner Tasche und wischte sich damit über die Stirn. »Damals, als wir so viele in diesem Haus waren, eh, da spielte es keine Rolle, wenn man jemanden nicht mochte. Du hast dich mit deinem Bruder gestritten? Egal! Dann hast du dich eben zu deinem Onkel, deiner Schwester oder deinem Neffen, zu deiner Schwägerin oder einer deiner fünf Nichten an den Tisch gesetzt. Bei jeder Mahlzeit waren wir zwanzig, dreißig Personen, manchmal sogar noch mehr. Und nach dem Essen haben wir immer Mah-Jongg gespielt.«
    Mabel sah zu dem dicken schweißglänzenden Gesicht auf. »Mehr als dreißig Leute?« Sie schmiegte ihre Wange an seinen Bauch wie an ein dick gepolstertes Kissen.
    Onkel Hängebacke wiegte sie auf seinem Schoß, dann zuckte er plötzlich zusammen. » Aiyoo! Diese verdammte Arthritis in den Knien! Dieser fünfzig Jahre alte Körper taugt einfach zu nichts mehr, lah !« Er wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn und lüftete sein Hemd. »Familie und Freunde, alle durcheinander, so wie die vielen Teile eines Puzzles in einer Schachtel. Nach einer Weile hattest du dann vergessen, dass du dich überhaupt mit deinem Bruder gestritten hast.«
    Gerade als er das sagte, verstummte plötzlich das Hämmern aus dem Garten. Stattdessen waren jetzt zwei laute Stimmen zu hören.
    Onkel Hängebacke und Mabel gingen hinaus, um zu sehen, was diesmal der Grund des Streites war. Onkel Hängebacke schwankte beim Gehen von rechts nach links. » Aiyoo! Was habt ihr beiden Wahnsinnigen denn jetzt schon wieder?«
    »Nach was sieht es denn aus?«, erwiderte Peter, während er sich seine übergroßen Shorts hochzog. Er hatte einen Holzhammer in der Hand. Sein heller glasiger Blick erinnerte an einen fanatischen Priester auf Opium. »Wir bereiten uns auf die Wiederkunft vor! Ich baue schon einmal James’ Sarg.«
    »Und ich den von Peter. Seiner wird ein bisschen kürzer ausfallen.«
    »Als Nächstes werden wir uns dann die Inschrift für unsere Grabsteine überlegen.«
    »Wie kommt ihr denn auf diese Idee, aahh, aahh?«, rief Onkel Hängebacke und hob herausfordernd den Kopf.
    »Weil es billiger ist«, antwortete ihm James mit einem unbekümmerten Schulterzucken, »und außerdem erinnert es uns an unsere Sterblichkeit.« Er bückte sich, um die Kante einer Sperrholzplatte abzuhobeln.
    »Billiger?«, wandte Peter ein. »Dabei geht es doch nicht ums Geld.«
    »Soweit ich mich erinnere, hast du gesagt, dass das eine gute Investition wäre.«
    »Ja, aber ich meinte doch eine spirituelle Investition.«
    »Unsinn, du hast ans Geld gedacht.«
    »Willst du damit sagen, dass ich geizig bin?«
    »Ich kann nicht glauben, dass du mein Bruder bist. Wir haben überhaupt nichts gemein«, seufzte James.
    »Das stimmt nicht, wir sind beide wie Satays . Und Kohl und …«
    »Du bist so was von kindisch!«
    »Oh, und du bist das natürlich nicht!«
    James, der in seinen viel zu großen Shorts schon die ganze Zeit nervös herumgezappelt hatte, drückte jetzt die Knie zusammen. »Hör zu, können wir das nicht später diskutieren? Ich muss dringend pinkeln.«
    Onkel Hängebacke sah Mabel an und verdrehte die Augen. »Zwei absolute Trottel«, brummte er.
    Genau in diesem Moment erschienen Lu See und ihre Mutter am unteren Ende der Auffahrt. Sie schwenkten voller Begeisterung britische Fahnen.
    »Sie kommen, sie kommen!«, rief Lu

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