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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Herzen; die einen noch in Intensivbehandlung, die anderen bereits von allen Infusionen und Meßinstrumenten abgesetzt. Die Ärzte, die nicht Dienst in den Kontrollvorräumen der Intensivpatienten hatten, saßen im Kasino um einen großen ovalen Tisch. Dr. Luciano Zampieri stand vor seinem Stuhl und hielt einen Vortrag.
    Soriano nickte.
    »Jetzt erklärt er die neue Lage.«
    Dr. Volkmar sprang auf und starrte auf den Bildschirm. Seine Augen waren zusammengekniffen. »Ich gehe sofort hinüber und mische mit! Ich will hören, was er zu sagen hat! Und ich werde den Kollegen eine andere Wahrheit erzählen!«
    Soriano winkte müde ab. Daß ein Mann wie er plötzlich resignierte und wie vergreist in der Ecke eines Sofas hockte, dokumentierte die trostlose Lage mehr als alle Worte.
    »Spar dir das, Enrico!« sagte er. Er fiel wieder in das vertraute Du. »Was hat das noch für einen Sinn? Was erreichst du damit? Nichts! Dr. Zampieri wird dich auslachen und zu den anderen Ärzten sagen: ›Da hört und seht ihr es! Der große Held, der nicht merkt, wie man ihn beschissen hat!‹ Und die lieben Kollegen werden mitlachen. Sie müssen es, keiner wird auf deiner Seite stehen. Disziplin und Gehorsam sind bei uns die Grundregeln – wer sie mißachtet, kann sich gleich in den nächsten Sarg legen. So ist das, Enrico. Du wirst das vielleicht nie begreifen.«
    »Kaum! Gelesen habe ich viel darüber. Aber ich habe nur immer geglaubt, den Autoren sei die Phantasie durchgegangen.«
    »Soviel Phantasie wie die Wirklichkeit kann kein Dichter haben. Erinnere dich an meine Worte: Es gibt bei uns nichts, was nicht möglich wäre.«
    Dr. Volkmar blickte wieder auf den redenden Dr. Zampieri. »Wo kommt der Bursche eigentlich her?!«
    »Er war chirurgischer Oberarzt in Messina.«
    »Und plötzlich ist er hier?«
    »Wir arbeiten schnell.« Das klang gallebitter.
    »Und Dr. Nardo?«
    Soriano tupfte wieder auf die Stirn. »Weg …«
    »Tot?!«
    »Ich weiß es nicht. Alle Verfügungsgewalt ist mir entzogen worden. Anordnungen trifft jetzt nur noch ein Gremium des Großen Rates.« Soriano zeigte mit ausgestrecktem Arm auf den Bildschirm. »Da! Willst du mehr Beweise?!«
    Dr. Zampieri schien erfahren zu haben, daß auch im Ärztekasino eine Fernsehkamera installiert war. Er blickte hinauf zu der Ecke, wo der Apparat hing, und somit, ohne es zu wissen, direkt auf Dr. Volkmar. Zampieri grinste unverschämt, er sagte etwas – aber da kein Mikrophon eingeschaltet war, erkannte man das nur an der Bewegung seiner Lippen. Die anderen Ärzte lachten, und dann zog Dr. Zampieri aus der Hosentasche einen kleinen Revolver und schoß, indem er mit der linken Hand noch einmal dem im Kasino vermuteten Zuschauer zuwinkte, auf die Fernsehkamera.
    Das Bild zerplatzte. Nur Dunkelheit und ein gleichförmiges Summen blieben zurück.
    »Der neue Stil!« sagte Dr. Soriano dumpf. »Enrico, eure Flucht hat euch und mich vernichtet! Ist das jetzt klar?«
    »Das wollen wir sehen!« Dr. Volkmar rannte zur Tür. »Vor Zampieris Revolver habe ich keine Angst … Er und euer Großer Rat brauchen mich! Das ist ein Trumpf, gegen den es keine Karte gibt!«
    »Versuche es!«
    Volkmar riß die Tür auf. Draußen im Flur standen vier elegant gekleidete schwarzhaarige Männer und rauchten. Zu den Maßanzügen paßten zwar Hemd, Krawatte und Schuhe, aber nicht die Maschinenpistole, die jeder über dem Rücken trug. Als Dr. Volkmar aus dem Zimmer stürzte, rutschten die Waffen durch eine schnelle Schulterdrehung sofort in die Hände. Die Zigaretten blieben in den Mundwinkeln hängen.
    »Dottore«, sagte einer der Männer. »Die Luft in Ihrem schönen großen Zimmer ist bestimmt gesünder als hier draußen …«
    »Ich muß zu meinen Patienten und zu den Ärzten!« schrie Volkmar.
    »Wenn es nötig ist, wird Dr. Zampieri das befürworten.«
    »Und wenn etwas mit den Patienten passiert, seid ihr schuld!«
    »Es wird nichts passieren. Garantiert nicht! Bitte, Dottore, gehen Sie ins Zimmer zurück.« Die Stimme des Mannes wurde sogar weich. »Ich möchte mich nicht mit Ihnen streiten, im Gegenteil, ich muß Ihnen dankbar sein. Sie haben meine Mutter operiert. Im Altersheim, Dottore. Sie hatte einen riesengroßen Furunkel im Nacken. Erinnern Sie sich?«
    Volkmar antwortete nicht. Er ging in das Zimmer zurück. Dr. Soriano zog die Schultern hoch. »Habe ich's dir nicht gesagt? Bei mir hattest du alle Freiheiten. Jetzt wird es nur noch Zwang geben.«
    »Wenn sie Loretta etwas antun …« Volkmar

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