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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine Rauschnarkose.«
    Das hübsche Mädchen ging nach hinten in einen anderen Raum und kam dann mit einer kleinen, braunen Glasflasche zurück. Auf dem Etikett stand deutlich: C 2 H 5 -O-C 2 H 5 .
    Dr. Volkmar nickte zufrieden. »Richtig!« sagte er. »Und ein Paket Watte.«
    Er bezahlte die paar Lire, steckte den Narkoseäther in die Rocktasche und ging zum Wagen zurück. Das hübsche Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen, sah durch die Glastür den Lancia, schien zufrieden zu sein und griff wieder nach dem Magazin.
    Dr. Volkmar öffnete den Deckel und zog den um sich tretenden Giuseppe wieder zurück in den Kofferraum. Dann drehte er den Tropfverschluß der Ätherflasche auf, riß eine Lage Watte aus der Packung, träufelte die Watte voll Äther und drückte sie dem hin und her schnellenden Giuseppe auf die Nase. Der hielt den Atem an, aber das half ihm nur, bis seine Lungen zu platzen drohten. Dann holte er tief Luft durch die Nase und atmete voll den Äther ein. Seine Augen starrten Volkmar noch einmal mit tödlichem Haß an, ehe sie groß und glänzend wurden und dann in die Betäubung wegrollten.
    Volkmar schraubte die Flasche wieder zu, warf den Wattebausch an den Straßenrand und stieg zu Loretta in den Wagen.
    »Fertig!« sagte er, schwer atmend. »Wenn er ein gutes Herz hat, schläft er eine Stunde.«
    »Wir brauchen über zwei Stunden, Liebling.«
    »Dann narkotisiere ich ihn nach.«
    Sie fuhr an Catania vorbei zum Flughafen und stellte den Wagen am äußersten Ende des Parkplatzes ab. Dr. Volkmar untersuchte noch einmal Giuseppe. Er schlief fest, aber zwei Stunden hielt die Narkose nicht an.
    Er zögerte, legte sein Ohr auf Giuseppes Brust und kontrollierte den Herzschlag.
    »Gib ihm noch mehr Äther!« sagte Loretta.
    »Und wenn er stirbt?«
    »Würde Giuseppe zögern, uns zu erschießen? Ich habe mich nie darum gekümmert, Enrico, aber in den letzten Monaten habe ich mich genau über die Mafia informiert. Man kennt dort keine Gnade.«
    Dr. Volkmar seufzte. Sie hat Recht, dachte er. Wir kämpfen jetzt um unser nacktes Leben. Mißlingt diese Flucht, kommen wir nicht aus dem Bann von Soriano heraus. Dann können wir wie in Dantes ›Inferno‹ sagen: Laßt alle Hoffnung fahren …
    Er träufelte noch etwas Äther über Giuseppes Nase und schloß dann den Kofferraumdeckel.
    Es war nichts als ein Zufall, daß gerade zu dieser Stunde der Sekretär von Don Giacomo, dem Mafia-Boß von Catania, für sich eine Flugkarte nach Mailand abholte. Er kannte Loretta Soriano natürlich, wunderte sich, daß sie mit Dr. Monteleone zwei Tickets nach Rom verlangte, und lief zum nächsten Telefon in der Flughalle.
    »Das ist in der Tat merkwürdig«, sagte Don Giacomo erstaunt. »Ich schicke sofort vier Mann hinaus und benachrichtige Don Eugenio.«
    Es war kein dramatischer Kampf, keine wilde Verfolgungsjagd, wie man sie in den Filmen sieht, als Dr. Volkmar und Loretta von Don Giacomos Leuten abgefangen wurden. Man umringte sie einfach, begrüßte sie wie alte Freunde mit größter Herzlichkeit und bat sie, nicht töricht zu sein, sondern mitzukommen. – Vor dem Airport-Gebäude wartete ein großer, geschlossener Wagen, ein riesiger Cadillac. Neben dem Chauffeur saß ein breit grinsender Mann. Zwischen seinen Beinen schimmerte eine Maschinenpistole.
    »Ihr Vater läßt Sie grüßen, Signorina«, sagte er gemütlich. »Und er ist glücklich, daß Sie so klug sind, keine Schwierigkeiten zu machen.«
    Da erst begann Loretta zu weinen, legte den Kopf an Volkmars Schulter und sagte unter Schluchzen: »Wir sind eben doch keine Gangster, Enrico. Da siehst du es!«
    Er legte den Arm um sie, drückte sie an sich und küßte sie. Er ahnte, daß es vielleicht der letzte Kuß sein würde.
    Dr. Volkmars Ahnung bestätigte sich.
    Die Männer Don Giacomos fuhren nicht nach Solunto, sondern nach Camporeale. Dort trennte man Volkmar von Loretta und führte ihn in den Keller hinunter, in das Chefarztzimmer im OP-Trakt. Dr. Soriano saß auf dem Ledersofa und erhob sich, als Volkmar hereingebracht wurde.
    Einen kurzen Augenblick sahen sie sich stumm an. Dann sagte Volkmar mit aller Verachtung, deren er fähig war: »Sie Mörder!«
    »Sie Idiot!« antwortete Dr. Soriano.
    »Das ist in diesem Fall ein Ehrentitel.«
    »Meinen Sie?« Soriano hatte auf dem Tisch eine Flasche mit Rotwein stehen und schenkte ein. Dr. Volkmar schüttelte den Kopf, als Soriano ihm ein volles Glas reichte. »Was haben Sie sich bei diesem Blödsinn überhaupt

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