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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mann sprang zur Haustür. Sie schoß, der Schatten machte einen Satz zur Seite und fiel in Deckung. »Sie wollen dich, Enrico«, sagte sie. Ihr Atem flog, ihre Stimme klang zerbrochen. »Es geht um dich! Sie haben Luigi gezwungen, alles zu verraten …« Sie lehnte sich gegen die Wand, als habe sie keine Kraft mehr, zu stehen, und sah Volkmar aus weiten schwarzen Augen an. »Wir werden sterben, Enrico. Das mußt du wissen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu sterben. Sieh dir Luigi an! Wenn ich sterbe, bist du bei mir. Ich liebe dich. Komm, wir haben wenig Zeit.«
    Ernesto schoß wieder. Auf seiner Seite sprangen zwei Schatten durch die Nacht. Sie fielen sofort zusammen, er wußte nicht, ob er einen getroffen hatte.
    »Und wenn ich hinausgehe und sage: Da habt ihr, was ihr wollt?!« Volkmar legte den Arm um Annas Schulter. Sie schmiegte sich an ihn, und er spürte erst jetzt, wie sehr sie zitterte. Sie war mutig, aber sie hatte Angst vor dem Sterben.
    »Bleib hier!« sagte sie. Sie küßte seine Hand, hielt sie fest und streichelte mit der Wange seinen Unterarm. »Hier geht es schnell. Warum willst du langsam sterben? Weißt du, was ich geträumt habe? Daß dich alle da draußen vergessen, daß keiner dich vermissen wird, daß du für die draußen in der Welt wirklich tot bist, ertrunken, weggeschwemmt, aus! Und dann wärst du bei uns geblieben, Luigi und Ernesto hätten noch ein kleines Haus für uns angebaut, und wir wären hier glücklich gewesen. Das war ein schöner Traum.«
    »Ein Dozent der Herzchirurgie als sardischer Bandit …«
    »Du hättest die Leute in den Bergdörfern behandeln können. Jeder hätte den Mund gehalten. Ich habe noch keinen Mann gehabt, Enrico.«
    »Verfluchtes Gequatsche!« schrie Ernesto am Fenster. »Sie kommen! Von allen Seiten! Es sind vier Mann! Hinter unserem Jeep gehen sie in Deckung!«
    Er schoß, zielte jedoch absichtlich daneben, er hätte sonst auf seinen Bruder Luigi schießen müssen. Gallezzo und seine Freunde schoben den Jeep mit der furchtbaren Kühlerfigur vor sich her und benutzten den Wagen wie einen Panzer. So kamen sie sicher bis an die unterste Stufe der Treppe, die zur Haustür führte.
    »Luigi«, sagte Anna leise und umklammerte das Gewehr. »Was haben sie mit Luigi gemacht?«
    Von draußen erklang Gallezzos Stimme. »Hört einmal zu!« rief er hinter dem Jeep. »Wir haben kein Interesse, euch auszuräuchern. Luigi war ein Querkopf. Er könnte noch leben, wenn er sich mit uns wie unter Freunden unterhalten hätte. Bei euch im Haus ist Dr. Volkmar. Wir wollen nichts anderes, als mit ihm reden. Verdammt, Ernesto, bist du ein Idiot?! Don Eugenio schickt uns. Ihr interessiert uns gar nicht!«
    Ernesto schwieg. Er kannte keinen Don Eugenio, aber er wußte, was das Don bedeutete. Wenn die Gesellschaft ins Spiel gekommen war, war es sinnlos, weiter zu denken. Warum hatte Luigi sich bloß gewehrt? Madonna, was ist ein kleiner Bergbandit gegen die Ehrenwerte Gesellschaft?!
    Ernesto legte den Mund an die Schießscharte und brüllte hinaus: »Wer garantiert uns das?«
    Gallezzo kam aus der Deckung hervor. Aufrecht ging er um den Jeep herum; es wäre ein Kinderspiel gewesen, ihn jetzt zu erschießen. Aber weder Anna noch Ernesto hoben die Gewehre. Auf der dritten Stufe der Treppe blieb Gallezzo stehen und nahm seinen Hut ab.
    »Hier bin ich!« sagte er. »Ich warte!«
    »Ich gebe Enrico nicht 'raus!« sagte Anna gepreßt. »Nie! Nie! Nie!«
    »Der Don, Anna!« Ernesto wischte sich über die Stirn. »Wir sind allein! Was sind wir gegen die Gesellschaft?«
    »Mein Gott, redet ihr von der Mafia?« Dr. Volkmar starrte durch den Fensterladenschlitz auf den Jeep mit dem toten Luigi auf dem Kühler. »Da draußen ist die Mafia?!«
    »Ihr nennt es so.« Ernesto drehte sein Gewehr in den Händen wie einen Quirl. »Es gibt sichtbare und unsichtbare Könige. Die unsichtbaren sind mächtiger.«
    »Ich schieße!« schrie Anna hell. »Ich schieße! Ich gebe Enrico nicht her! Wenn es die Carabinieri wären … aber die nicht! Die nicht!«
    »Es hat keinen Sinn, Anna.« Ernesto legte sein Gewehr auf den Tisch. »Man muß immer wissen, wer der Stärkere ist.«
    Er ging zur Tür, schob die drei riesigen Eisenriegel zurück und stieß sie auf. Mit einem Satz sprang Anna vor Volkmar und legte ihr Gewehr an.
    Gallezzo kam allein in das Haus. Er streifte Ernesto mit einem Blick, sah Anna fast melancholisch an und machte vor Dr. Volkmar, der Anna um einen Kopf überragte, eine kleine

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