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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach, aber Volkmar trank nicht mehr. »Was haben Sie mit mir vor, Don Eugenio?« fragte er.
    Soriano schien es Spaß zu machen, daß Volkmar Don zu ihm sagte. Er schlug die Beine übereinander. »Sie werden einige der bedeutendsten Persönlichkeiten Siziliens kennenlernen«, sagte er. »Sogar ein Staatsanwalt ist dabei.«
    »Dann kann ja nichts passieren!« antwortete Volkmar trocken. Soriano nickte freudig; er hatte Sinn für schwarzen Humor.
    »Zum Mittagessen werden Sie einen Kollegen begrüßen können: Dr. Pietro Nardo. Chirurg wie Sie. Er ist offiziell Leiter eines von mir gestifteten Altersheimes. Seine Hauptarbeit aber, die er zusammen mit einer Ärztegruppe verrichtet, gilt der Organverpflanzung, vor allem der Herztransplantation.«
    »Jetzt ist es heraus!« sagte Dr. Volkmar dumpf. »Darum also …«
    »Ja.«
    »Und warum dieser Weg durch den Tunnel? Mit Ihrem Geld könnten Sie ein ganzes Forschungszentrum bauen!«
    »Sie werden diese Mittel bekommen, Dr. Volkmar.« Soriano hielt seine Tasse hoch. Mr. Worthlow goß Espresso nach. »Und warum auf diesem Wege? Das wird man Ihnen nach dem Mittagessen erklären. Um 15 Uhr tritt der Große Rat zusammen.«
    »Von so etwas habe ich schon gelesen.« Volkmar schluckte, ein Kloß steckte in seinem Hals. Das Parlament der Mafia, dachte er. Die Chefs aller ›Familien‹. Ein Gremium, dessen Beschlüsse auf rätselhafte Weise sogar auf die Entscheidungen der Staatsführung einwirken konnten.
    »Gelesen!« sagte Dr. Soriano, »was ist das schon! Sie werden sie alle persönlich kennenlernen. Interessante Herren mit einem kosmopolitischen Blick. Ich garantiere Ihnen: Sie werden sich in unserem Freundeskreis wohl fühlen.«
    Dr. Volkmar antwortete nicht. Eine Erscheinung, die in dieses Paradies paßte, verschlug ihm die Sprache.
    Durch den Säulengang kam ein junges Mädchen auf sie zu. Ein langes, im Meerwind sich blähendes weißes Kleid mit großen roten Blüten, im Sonnenlicht durchsichtig wie ein Schleier, verriet, daß sie auf ihrem vollendet geformten Körper einen goldfarbenen Bikini trug. Das wie Lack glänzende schwarze Haar reichte ihr bis zu den Hüften und wogte bei jedem Schritt auf. Braungrüne, mandelförmige Augen beherrschten das Gesicht; ihre Lippen wölbten sich wie leuchtendrote Blütenblätter.
    »Meine Tochter«, sagte Soriano. »Meine Tochter Loretta.«
    Man muß Ungeschicklichkeiten entschuldigen bei einem Mann, den eine Frau so fasziniert. Als Dr. Volkmar aufsprang, stieß er die silberne Kaffeekanne um.
    Mr. Worthlow legte sofort eine Serviette über den großen braunen Fleck. Loretta blieb vor Dr. Volkmar stehen und reichte ihm ihre schmale Hand. Sie trug nur einen Ring, ein daumennagelgroßer, klarer Rubin spiegelte die Sonnenstrahlen zurück.
    »Das ist Dr. Volkmar«, sagte Dr. Soriano und suchte aus der Käseplatte ein Stück Hirtenkäse heraus.
    »Papa hat mir von Ihnen erzählt. Ich war richtig neugierig auf Sie.« Sie lächelte, als Volkmar, wiederum sehr linkisch, ihre Hand küßte. »Sie lieben Beethoven, Dottore?«
    Dr. Volkmar spürte, wie ihm Röte ins Gesicht stieg. »Ich war zu laut, gestern nacht?« fragte er und hielt Lorettas Hand unwillkürlich fest. Sie entzog sie ihm nicht. Der Hauch eines herbsüßen Parfüms wehte aus ihren Haaren und dem weiten Schleierkleid.
    »Sie hatten die Tür zur Terrasse auf. Meine Wohnung liegt neben Ihnen, und auch ich schlafe gern bei offenem Fenster.« Worthlow schob ihr einen Sessel hin, und erst jetzt, als sie sich setzen wollte, merkte Volkmar, daß er noch immer ihre Hand festhielt. Er wußte nicht, ob er sich entschuldigen sollte, es gelang ihm nur, dümmlich zu lächeln. Er wartete, bis Loretta saß und mit beiden Händen das lange Haar um ihre Schulter warf. Dann setzte auch er sich.
    »Ich habe Sie also geweckt?« fragte Volkmar. Er hielt sich an Beethoven fest. Vergeblich suchte er nach charmanten Redewendungen, nach Konversationsthemen. Lorettas Augen irritierten ihn und verstärkten eine Unsicherheit, die er noch nie in seinem Leben, schon gar nicht Frauen gegenüber, verspürt hatte. Sie blickte ihn unbefangen und mit deutlichem Interesse an.
    »Ich mag Beethoven«, sagte sie. »Es war Richter, der spielte, nicht wahr? Seinen Anschlag höre ich sofort heraus.«
    »Loretta wurde in einem Kloster erzogen. Bei den frommen Schwestern vom blutenden Herzen Maria.« Dr. Soriano hielt Worthlow seine Espressotasse hin. »Sie haben dort die armen Mädchen mit Bildung malträtiert. Merkwürdig,

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