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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mir nicht wohl, Dottore. Was kann ich für Sie tun?«
    »Am Rande des Krokodilteichs lagen zwei Knochen.« Dr. Volkmar atmete tief durch und stürzte dann den Cocktail hinunter. »Ein menschlicher Oberarmknochen und das Teil eines menschlichen Schulterblattes.«
    »Wirklich?« sagte Soriano ungerührt.
    »Sie dürfen mir anatomische Kenntnisse zutrauen.«
    »Wer zweifelt daran, Dottore? Natürlich erkennt ein Chirurg Oberarme und Schulterblätter. Oh, da kommt Loretta. Ihre Mutter war auch eine Schönheit, nur ein wenig fülliger, bis die Leukämie sie auffraß.«
    »Ich warte auf Ihre Erklärung, Don Eugenio.«
    »Worthlow wird Ihnen eine Badehose geben.«
    »Nicht nötig. Ich habe eine an. Als man mich kidnappte, trug ich sie im Bett.«
    Loretta, in einem ganz knappen weißen Bikini, stand, von der Sonne überstrahlt, an der Marmoreinfassung des großen Pools und winkte mit beiden Armen.
    »Noch eins«, sagte Soriano mit ruhiger Stimme, während er in sein Cocktailglas blickte. »Loretta wird einen ehrbaren reichen Mann heiraten, eine Schar Kinder bekommen und eine brave italienische Hausfrau werden. Sie ist mein einziges Kind.«
    »Ich verstehe, Don Eugenio.«
    »Sie sind ja auch ein hochintelligenter Mann, Dottore. Und nun springen Sie ins Wasser. In einer halben Stunde kommen der Schneider und die beiden Herren. Sie werden einen eleganten Mann aus Ihnen machen.«
    Um 15 Uhr hatte sich der Große Rat im Speisesaal versammelt.
    Zwei Männer wären glücklich gewesen, dabeisein zu dürfen: der Verleger des Prominentenlexikons ›Who's who in Italy?‹ und der Generalstaatsanwalt in Rom. So viel bekannte, ja berühmte Namen, die zugleich Anwärter auf lebenslängliche Zuchthausstrafen waren, trafen selten zusammen. Nur ganz besonders delikate Probleme beschäftigten den Großen Rat; so etwa, wenn die USA einen Don herüberschickten, der sich für einige Zeit im geliebten Mutterland verstecken mußte, oder wenn es darum ging, den Rauschgifthandel zu koordinieren und neue Märkte zu erschließen. Zum letztenmal war der Große Rat in Dr. Sorianos Haus zusammengetreten, um den Einstieg in ein scheinbar vielversprechendes Geschäft zu diskutieren: Es ging um den Vertrieb von chemischen Kampfstoffen. Es kam nicht zustande. Bis auf zwei Mitglieder waren sich alle einig, daß die Grenzen der Ehrenwerten Gesellschaft dort liegen, wo die Gefahr der Selbstvernichtung entstand. Dafür kaufte man eine pharmazeutische Fabrik in Frankreich, über eine französische Aktiengesellschaft natürlich, deren Vorstand von der ›Gesellschaft‹ kontrolliert wurde, und produzierte als Schwerpunkt ein starkes Mittel gegen Schmerzen in flüssiger und in Tabletten-Form, das nicht unter das strenge Betäubungsmittelgesetz fiel. Die Verdienstspanne war enorm, die Kundschaft schwoll lawinenartig an. Von späteren Leberschäden sprach niemand.
    Es geschah also selten, daß der Große Rat zusammentrat. Und diesmal ging es nur darum, Dr. Heinz Volkmar kritisch zu betrachten. Die Herrenausstatter hatten aus ihm innerhalb einer Stunde einen Mann gemacht, der die Titelseite jedes Modejournals hätte schmücken können. Er trug einen ganz auf Figur geschnittenen weißen Anzug mit diskreten schwarzen Nadelstreifen, ein schwarzes Hemd und einen weißen Seidenschlips, weiße Socken und weiße Lederschuhe, die so weich und leicht waren, daß er glaubte, er gehe barfuß. Ferner hatte man ihm zwei Smokings überlassen – einen silbergrauen mit Brokateffekt und natürlich den obligatorischen cremefarbenen. Die schwarzen Hosen waren aus bester, federleichter Wolle, die Lackstiefeletten von unnachahmlichem Schick. Dr. Volkmar stand, als die beiden Herren und der Schneider, der die Maße genommen hatte, gegangen waren, vor dem großen Spiegel im Baderaum und betrachtete sich kritisch. Hinter ihm packte Worthlow die alten Kleider in einen Karton. Man würde sie verbrennen; sie verletzten die Schönheit des Hauses.
    »Worthlow«, sagte Volkmar nachdenklich. »Seien Sie ehrlich: Sehe ich nicht aus wie ein Gangster?«
    »Sie haben einen Körper, der Eleganz verträgt, Sir«, antwortete der Butler. »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Ich möchte keine Frau sein, die Ihnen begegnet.«
    »Was geht hier vor, Worthlow?«
    »Sir, wir haben nur noch zehn Minuten Zeit.«
    »Sie wissen, was hier los ist? Sie wissen, wo Sie sind?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich habe eine Beobachtung gemacht …«
    »Hirn und Herz sollten in diesem Hause wie ein Tresor sein, Sir, in den man

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