Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
ihn an wie ein Kind, das
sich den plötzlichen Stimmungswandel eines Erwachsenen nicht
erklären kann. Sir Fulke und der Kaplan machten verwirrte
Gesichter, aber Athelstan bemerkte, daß der stumme Rastani,
die Hand am Messer, sich näher an Parchmeiner herangeschoben
hatte.
    »Mylord
Coroner«, rief Athelstan, »ehe wir fortfahren, sollten
alle, außer Lieutenant Colebrooke, lieber ihre Waffen
abliefem.«
    Leiser Protest erhob
sich, aber Cranston wiederholte Athelstans Befehl, und Messer und Schwerter
fielen klappernd auf einen unordentlichen Haufen.
    »Nun fangen wir
an«, sagte Athelstan. »Sir John, wollt Ihr bitte
zählen?«
    Er nickte einem der
Wachposten zu. »Schließt oben die Tür auf!«
Cranston begann laut zu zählen, und Athelstan lief die Treppe
hinauf. Die Tür schwang auf und wurde hinter ihm
abgeschlossen. Cranston verharrte ein paar Augenblicke bei Zwanzig,
als Athelstan oben Sir Ralphs Namen rief; dann zählte er
weiter. Er war gerade bei Fünfzig angelangt, als Athelstan
oben an der Treppe gegen die Tür hämmerte. Einer der
Wachen lief hinauf und schloß auf. Athelstan kam hervor und
folgte dem Soldaten die Treppe herunter. 
    »Und
jetzt«, rief der Bruder, »will ich den Schlüssel
zu Sir Ralphs Kammer!«
    Athelstan nahm einen
Schlüssel vom Haken und lief die Treppe hinauf; auf halber
Höhe blieb er stehen, schüttelte den Kopf und kam wieder
herunter.
    »Andererseits«, sagte
er, »wollen wir doch lieber Master Colebrooke kommen
lassen.« Er gab dem Soldaten den Schlüssel zurück.
»Sag mir«, forderte er ihn dann auf, »habe ich
länger gebraucht als der junge
Geoffrey?«       
    »Nein,
ungefähr genauso lange. Er war ’n bißchen
länger oben im Gang. Aber nicht viel.«
    Sir Fulke drängte
sich nach vom. »Was hat das alles zu bedeuten?« fragte
er.
    Athelstan
lächelte. »Das werde ich Euch gleich zeigen. Master
Lieutenant, schließt die Tür oben an der Treppe
auf.«
    Der Lieutenant ging
die Treppe hinauf, schloß die Tür wieder auf, und alle
folgten ihm in den kalten Gewölbegang. Colebrooke schloß
Whittons Kammer auf, und nacheinander traten alle ein. Sir Fulke
fluchte. Philippa stieß einen kurzen Schrei aus. In der
Kammer war es eiskalt. Die Fensterläden standen weit
offen, und das
Federbett auf der schmutziggrauen Matratze des vierpfostigen Bettes
war aufgeschlitzt worden. Gänsefedern quollen hervor - eine
grausige Erinnerung an den Mord an Sir Ralph. »Wer war das?
Was ist das für ein übler Unsinn?« fragte Kaplan
Hammond.
    Athelstan
kümmerte sich nicht um ihn und stellte sich vor
Parchmeiner.
    »Ihr wißt,
was ich getan habe«, sagte er ruhig. »Genau das, was
Ihr an jenem Morgen tatet, als Ihr Sir Ralph ermordet habt. Und ich
sage Euch, wie es sich abgespielt hat. Erstens: Als Sir Ralph in
die Nordbastion zog, spieltet Ihr die Rolle des unterwürfigen
Schwiegersohnes. Ihr halft ihm, ein paar Dinge
hinüberzuschaffen. Die Kammer war ja erst bewacht, als Sir
Ralph eingezogen war, nicht vorher; deshalb öltet Ihr
sorgfältig Angeln und Türschloß, was die
Ölflecke draußen im Gang erklärt. Zweitens: Das
Stockwerk darüber ist abgeriegelt; das Ende des Korridors ist
durch eingestürztes Mauerwerk versperrt. In diesem Geröll
habt Ihr einen Dolch versteckt, wie es Colebrooke jetzt auf meine
Bitte mit Sir Johns Dolch getan hat. Ich habe das Federbett
aufgeschlitzt und den Dolch wieder dort versteckt. Am Abend vor Sir
Ralphs Tod habt Ihr mit ihm gegessen und habt dafür gesorgt,
daß er viel trank. Wahrscheinlich habt Ihr noch ein ziemlich
starkes Schlafmittel hinzugegeben, um ihn benommen zu machen.
Drittens: Ihr habt Sir Ralph bis zur Treppe gebracht, die Wachen
halfen ihm zu seiner Kammer hinauf, und wahrscheinlich habt Ihr bei
dieser Gelegenheit den Schlüssel vertauscht: Ihr habt den
weggenommen, den Sir Ralph für die Wache dagelassen hatte, und
einen anderen an den Haken gehängt. Als wir vorhin in
Philippas Gemach waren, hat er mir den richtigen Schlüssel
zugesteckt.« Athelstan machte eine Pause. »Am
nächsten Morgen kommt Ihr herüber, die Wachen durchsuchen
Euch, aber Ihr habt nichts bei Euch als Eure eigenen harmlosen
Habseligkeiten, zu denen« - Athelstan griff dem jungen Mann
vorsichtig an die Seite - »wie bei jedem Kaufmann ein
Schlüsselbund gehört. Ihr geht die Treppe hinauf, die
Wache macht Euch auf, und Ihr geht durch den Gang zu Sir Ralphs
Kammer. Während Ihr klopft und brüllt, schließt Ihr
lautlos die Tür auf; schließlich sind Schloß

Weitere Kostenlose Bücher