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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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mich. Ich war in der Großen Halle, kam
sofort, nahm den Schlüsselbund an mich und schloß die
Tür auf.« Der Lieutenant deutete auf das Bett.
»Wir fanden Sir Ralph, wie Ihr ihn hier
seht.«
    »Und das Fenster
stand offen?« fragte Cranston.
    »Ja.«
    »Seit wann ist
der Festungsgraben zugefroren?« erkundigte sich
Athelstan.   
    »Seit
ungefähr drei Tagen.« Colebrooke rieb sich heftig die
Hände. »Sir John, wir müssen doch sicher nicht
hierbleiben«, sagte er flehentlich. »Es gibt
wärmere Orte für solche Fragen.« Cranston stand auf
und streckte
sich.        
    »Gleich«,
brummte er. »Seit wann war Sir Ralph
Konstabler?«
    »Oh, seit
ungefähr vier Jahren.«
    »Mochtet Ihr
ihn?«
    »Nein. Er war
ein Pedant, verlangte fanatisch Disziplin - nur von seiner Tochter
und ihrem Liebhaber nicht.«
    Cranston nickte und
wandte sich noch einmal dem Leichnam zu. »Ich nehme
an«, knurrte er, »von der Mordwaffe gibt es keine Spur.
Vielleicht könntest du noch einmal nachsehen,
Athelstan.«
    Der Bruder
stöhnte, durchsuchte aber mit Colebrookes Hilfe noch einmal
den Raum. Sie stocherten in der Binsenstreu und siebten die kalte
Asche im Kamin.
    »Nichts«,
erklärte Colebrooke dann. »Hier könnte man noch
nicht einmal eine Stecknadel verstecken.«
    Athelstan ging zu Sir
Ralphs Schwertgurt und zog die Klinge heraus. »Auch hier
keine Blutflecken«, sagte er. »Kein Tröpfchen,
kein Fleckchen. Sir John, wir sollten jetzt gehen.«
Draußen untersuchten sie noch einen Flecken auf dem Boden des
Ganges, aber es war nur Öl. Auf der Hälfte der Treppe
hielt Athelstan plötzlich den Lieutenant fest. »Die
beiden Wachposten«, flüsterte er. »Sind das
dieselben wie letzte Nacht?«
    »Ja.
Söldner, die Sir Ralph schon gedient haben, als er noch zum
Haushalt Seiner Gnaden des Regenten gehörte.«
    »Sind sie
loyal?«
    Colebrooke verzog das
Gesicht. »Das nehme ich an. Sie haben einen Eid auf ihn
geleistet. Und was noch wichtiger ist: Sir Ralph hatte ihren Sold
verdoppelt. Sie hatten von seinem Tod nichts zu gewinnen, sondern
sehr viel zu verlieren.«
    »Habt Ihr etwas
zu gewinnen?« fragte Cranston mit schwerer Zunge.
    Colebrookes Hand fuhr
zum Griff seines Dolches. »Sir John, diese Frage gefällt
mir nicht. Ich gebe zu, daß ich Sir Ralph nicht leiden konnte
- obwohl Seine Gnaden der Regent ihn
schätzte.«
    »Wolltet Ihr
Whittons Posten?«
    »Natürlich.
Ich halte mich für den besseren Mann.«
    »Aber der Regent
war anderer Ansicht?«
    »John von Gaunt
hat sich darüber nicht mit mir beraten«, bemerkte
Colebrooke säuerlich. »Ich hoffe allerdings, daß
er mich jetzt zu Whittons Nachfolger ernennt.«
    »Warum?«
fragte Athelstan leise.
    Colebrooke schien
überrascht. »Ich bin loyal; sollte es Unruhen geben,
werde ich den Tower bis zum letzten Atemzug
halten.«
    Cranston grinste und
tippte ihn sanft gegen die Brust. »Das ist es, mein guter
Lieutenant. Wir denken beide das gleiche: Sir Ralphs Tod hängt
vielleicht zusammen mit den Verschwörungen, die wie Unkraut
aus dem Boden schießen in den Dörfern und Siedlungen
rings um London.«
    Colebrooke nickte.
»Whitton war ein harter Zuchtmeister«, sagte er,
»und ein gedungener Mörder der Großen Gemeinde
hätte einen solchen Auftrag sicher leicht erledigen
können.«
    Auch Athelstan
lächelte und klopfte Colebrooke auf die Schulter. »Da
mögt Ihr recht haben, Master Colebrooke. An einer solchen
Theorie wäre nur eines auszusetzen.«
    Der Lieutenant starrte
ihn verständnislos an.
    »Versteht Ihr
nicht?« fragte Athelstan. »Irgendjemand im Tower
muß einem solchen Meuchelmörder doch sagen, wo, wann und
wie Sir Ralph zu finden ist.«
    Ein sehr
enttäuschter Lieutenant führte sie zum Fuß der
Treppe. Die beiden vierschrötigen, untersetzten Wachposten
saßen immer noch mit ausgestreckten Händen vor dem
rotglühenden Kohlebecken. Sie rührten sich kaum, als
Colebrooke nähertrat, und Athelstan spürte ihre
Verachtung für den so plötzlich aufgestiegenen Zweiten
Offizier.
    »Ihr hattet
gestern nacht Wache?«
    Die Söldner
nickten.
    »Ihr habt nichts
Außergewöhnliches gesehen?«
    Sie schüttelten
den Kopf und grinsten herablassend, als fänden sie Athelstan
ziemlich amüsant und ein bißchen langweilig.
»Aufgestanden!« brüllte Cranston. »Auf! Ihr
unverschämten Hurensöhne! In drei Teufels Namen, ich habe
bessere Männer als euch an einen Baum binden und auspeitschen
lassen, bis ihr Rücken blutig rot war!«
    Die stählerne
Drohung in Cranstons Stimme

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