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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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stand verloren im Raum.
Athelstan war sicher, daß es hier kälter war als
draußen. Cranston schnippte mit den Fingern und deutete auf
die offenen Fensterläden.
    »Bei den Titten
des Teufels, Mann!« rief er. »Es ist lausig
kalt!«
    »Wir haben alles
so gelassen, wie es war, Lord Coroner«, versetzte Colebrooke
scharf.
    Athelstan deutete auf
das Fenster. »Und da soll der Mörder hereingeklettert
sein?« fragte er.
    Er starrte auf die
große Öffnung.
    »Nur so kann es
gewesen sein«, sagte Colebrooke, ging zum Fenster und warf
dröhnend die Läden zu. Athelstan schaute sich im Zimmer
um. Er erkannte den fauligen Gestank des Todes, und mit Abscheu sah
er die schmutzigen Binsen auf dem Boden und den gesprungenen
Nachttopf voll Nachtkot und Urin.
    »In drei Teufels
Namen!« bellte Cranston und stampfte auf. »Laßt
das wegschaffen, sonst stinkt es hier bald wie in einer
Pestgrube.«
    Dann trat er ans Bett
und riß die Vorhänge auf. Athelstan warf einen Blick
hinein und wich entsetzt zurück. Der Tote lag weiß und
blutlos auf verschmierten Kissen und Laken. Die starren Hände
krallten sich noch in die blutgetränkte Bettdecke. Der Kopf
des Mannes war zurückgebogen, das Gesicht im Grinsen des Todes
verzerrt. Die schweren Augenlider waren halb geöffnet, und es
war, als starrten die Augen auf den furchtbaren Schnitt hinunter,
der sich von einem Ohr zum anderen zog. Das Blut war
herausgeströmt wie Wein auseinem zerbrochenen Faß und
lag dick und geronnen auf Brust und Bettzeug. Athelstan zog die
Decke zurück und betrachtete den halbnackten weißen
Leib.
    »Die
Todesursache liegt auf der Hand«, murmelte er. »Keine
anderen Wunden oder Blutergüsse.« Wortlos schlug er das
Kreuz über den Leichnam und trat zurück.
    Colebrooke hielt
klugen Abstand. »Sir Ralph hat einen solchen Tod
befürchtet«, sagte erleise.
    »Seit
wann?« wollte Athelstan wissen.
    »Oh, seit drei
oder vier Tagen.«
    »Weshalb?«
fragte Cranston. »Wovor hat Sir Ralph sich
gefürchtet?«
    Colebrooke zuckte die
Achseln. »Das weiß der Himmel. Vielleicht werdet Ihr es
von seiner Tochter oder von seinem Bruder erfahren. Ich weiß
nur, daß Sir Ralph den Engel des Todes an seiner Seite zu
spüren glaubte.«
    Cranston trat ans
Fenster, klappte die Läden wieder auf und lehnte sich in die
eisige Luft.
    »Da geht’s
aber tief runter«, bemerkte er und zog sich zu Athelstans
großer Erleichterung wieder zurück. Nur Athelstan war
klar, wieviel der brave Coroner schon getrunken hatte.
    »Wer würde
mitten in der Nacht, im tiefsten Winter, einen solchen Aufstieg
wagen?«
    »Oh, in die
Mauer sind Stufen gehauen«, antwortete Colebrooke
selbstzufrieden. »Aber nur wenige Leute wissen
davon.«
    »Wieso?«
fragte Athelstan.
    »Es sind
eigentlich nur Kerben, in denen ein Fuß Halt findet«,
sagte Colebrooke. »Der Maurer, der den Turm gebaut hat, war
ein vorsichtiger Mann. Wenn jemand in den Graben fiel, konnte er so
wieder rausklettern.«
    »Ihr sagt
also«, Cranston ließ sich auf einen Schemel fallen und
wischte sich die Stirn, »daß irgend jemand,
wahrscheinlich ein Soldat oder ein gedungener Mörder, diese
Trittkerben benutzt hat und zum Fenster heraufgeklettert
ist.« Er drehte sich um und betrachtete die
Fensterläden. »Eurer Meinung nach«, fuhr er fort,
»hat der Mörder einen Dolch durch den Spalt geschoben
und den Riegel hochgehoben, dann ist er eingestiegen und hat Sir
Ralph die Kehle durchgeschnitten.«
    Colebrooke nickte
langsam. »Das nehme ich an, Sir John.«
    »Und ich nehme
an«, ergänzte Cranston sarkastisch, »daß Sir
Ralph seinen Mörder einfach hereinklettern ließ, gar
nicht erst aufstand, sondern wie ein Lämmchen liegenblieb und
sich die Kehle durchschneiden ließ.«
    Colebrooke ging zum
Fenster, schloß es vernehmlich und schob den hölzernen
Riegel vor. Dann zog er den Dolch, schob ihn in den Spalt zwischen
den beiden Läden und hob behutsam den Riegel aus seiner
Halterung. Er drückte die Läden auf, drehte sich um und
schaute Cranston lächelnd an.
    »Es geht also,
Lord Coroner«, bemerkte er trocken. »Der Mörder
durchquert dann auf leisen Sohlen die Kammer. Einem Mann die Kehle
durchzuschneiden dauert nicht lange, vor allem, wenn er viel
getrunken hat.«
    Athelstan dachte
über die Worte des Lieutenants nach. Plausibel war es. Er und
Cranston wußten von den Nachtschatten, einer
Räuberbande, die im Schutze der Dunkelheit in ein Haus
eindringen und es ausplündern konnte, ohne daß
Bürger, Frauen, Kinder und sogar Hunde

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