Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
feminine
Atmosphäre ihres Gemaches erinnerten Cranston an Lady Maude;
jedenfalls benahm er sich dem Mädchen gegenüber
plötzlich sehr streitsüchtig. »Noch so ein
verdammter Mord!« donnerte er. »Was nun, he?«
Geoffrey Parchmeiner, Philippas Verlobter, erhob sich und kam
herüber. Er sah ängstlich aus, blasser und auch
nüchterner als beim letzten Mal, da Athelstan ihn gesehen
hatte.
    »Ein Mord,
Mylord Coroner?« stammelte er. »Wie könnt Ihr das
beweisen? Ihr kommt hier hereinstolziert - in das Gemach meiner
Dame - und schreit Verdächtigungen heraus, zeigt uns aber
keinen Beweis. Wie sollen wir das verstehen?«
    Athelstan sah sich um.
Sir Fulke wirkte bedrückt und hing zusammengesunken auf seinem
Stuhl. Der Kaplan hockte auf einem Schemel am Kamin, starrte in die
Flammen und rang die Hände, während Rastani, der stumme,
dunkle Diener, mit dem Rücken an der Wand saß, als
sollten die Steine sich auftun und ihn verschlucken. Fitzormonde,
der andere Hospitaliter, stand mit gefalteten Händen am
Fenster und starrte zu Boden, als habe er Cranston noch gar nicht
bemerkt. Colebrooke wirkte verlegen, tappte mit dem Fuß auf
den Boden und pfiff lauüos vor sich hin.
    »Mein Verlobter
hat Euch etwas gefragt«, bekräftigte Philippa.
»Woher wißt Ihr, daß der Ritter ermordet wurde?
Und wieso interessiert Euch das, Sir Coroner? Auch mein Vater wurde
ermordet - und seid Ihr dem Mörder inzwischen etwa auf die
Spur gekommen?«
    »Der Mord an
Eurem Vater wird gesühnt werden«, blaffte Cranston.
»Was Mowbray betrifft, so hatte er das verfluchte Pergament
und einen zerbrochenen Sesamkuchen bei sich. Welchen Beweis braucht
Ihr noch?«
    Philippa schaute ihn
kühl an.
    »Nun«,
brüllte Cranston, »jetzt habe ich Eure blöde Frage
beantwortet!«
    »Sir
John«, erwiderte sie eisig, »mäßigt Euch.
Mein Vater« - fast brach ihr die Stimme - »liegt
aufgebahrt im Sarg in der Kapelle St. Peter ad Vincula. Ich, seine
Tochter, trauere und verlange Gerechtigkeit, bekomme aber nichts
außer der anstößigen Sprache der Gassen und Gossen
von Southwark. Sir, ich bin eine Lady.«
    Cranstons Augen wurden
schmal und böse.
    »Na und?«
versetzte er, bevor Athelstan sich einschalten konnte. »Zeigt
mir eine Lady, und ich zeige Euch eine Hure!«
    Das Mädchen
schnappte nach Luft. Ihr Verlobter sprang auf, und seine Hand griff
nach dem Messer an seinem Gürtel, aber Cranston schenkte ihm
nur einen verächtlichen Blick. Athelstan sah eine schnelle
Bewegung des Hospitaliters und bemerkte mit Erschrecken, daß
der Ritter einen seiner Handschuhe umklammerte.
    Guter Gott! dachte der
Ordensbruder, nicht hier, nicht jetzt! Das letzte, was Sir John
gebrauchen kann, ist eine Forderung zum Duell!
    »Sir
John!« rief er. »Mistress Philippa hat recht. Ihr seid
der Coroner des Königs. Sie ist eine Lady von hohem Stand, die
ihren Vater verloren hat und nun erleben muß, daß einen
seiner Freunde ein ähnlich schrecklicher Tod ereilt.« Er
packte den Coroner beim Arm und drehte ihn zu sich; dabei behielt
er den Hospitaliter, der jetzt hinter ihnen stand, im
Auge.
    »Sir John,
reißt Euch zusammen, bitte«, sagte er leise. »Um
meinetwillen.«
    Cranston starrte ihn
aus rotgeränderten Augen an. Er erinnerte den Bruder an den
großen, zottigen Bären, der unten im Hof hockte. Der
Priester berührte sanft Cranstons Hand.
    »Sir
John«, flüsterte er. »Bitte. Ihr seid ein
Gentleman und ein Ritter.«
    Der Coroner
schloß die Augen, holte tief Luft, öffnete sie wieder
und grinste.
    »Wenn du da
bist, Mönch«, knurrte er, »brauche ich kein
verdammtes Gewissen.« Er wandte sich Philippa zu.
»Mylady«, sagte er, »bevor Sir Brian oder Sir
Fulke« - er warf einen verächtlichen Blick auf den Onkel
des Mädchens, der immer noch zusammengesunken auf seinem Stuhl
hockte - »mich zum Duell fordern, bitte ich
überschwenglich um Vergebung.« Er schenkte ihr ein
strahlendes Lächeln. »Es gibt alte Männer,
Mistress, und es gibt Trottel. Aber es gibt nichts Schlimmeres als
einen alten Trottel.« Er griff nach der nicht widerstrebenden
Hand des Mädchens und küßte sie auf eine Weise, um
die ihn der professionellste Höfling beneidet
hätte.
    »Ich war
äußerst unhöflich«, dröhnte er.
»Ihr müßt mir verzeihen, zumal jetzt, da der
Leichnam Eures Vaters noch nicht unter der Erde
ist.«

7. Kapitel
    Die Atmosphäre im
Raum entspannte sich. Athelstan schloß die Augen. Guter Gott,
betete er, ich danke Dir! Der Hospitaliter war drauf und dran
gewesen, Sir

Weitere Kostenlose Bücher