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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Und ihnen ist
niemand aufgefallen.«
    Cranston schniefte
geräuschvoll und schaute sehnsüchtig auf seinen
inzwischen geleerten Weinbecher.
    »Bevor Ihr
fortfahrt«, meinte Fitzormonde, »und darüber
spekuliert, wo ich denn wohl gewesen sein könnte, darf ich
Euch sagen, daß ich in meiner Kammer war und mich dort
niemand gesehen hat.« Er funkelte Cranston erbost an.
»Aber ich bin Priester, Ritter und Gentleman. Ich bin kein
Lügner.«
    »Und warum seid
Ihr dort geblieben, Sir Brian?« fragte Athelstan
taktvoll.
    Sir Brian zuckte die
Achseln. »Weil ich Angst hatte. Auch ich habe einen
Todesbrief erhalten.« Er zog ein Pergament unter seinem
Mantel hervor. Cranston riß es ihm fast aus der Hand. Der
Hospitaliter hatte recht. Es war die gleiche Zeichnung, die auch
Sir Ralph Whitton und Mowbray bekommen hatten: ein grob
gezeichnetes Schiff unter vollen Segeln und in jeder Ecke des
Pergaments ein schwarzes Kreuz.
    »Der Sesamkuchen
war auch dabei«, murmelte Fitzormonde. »Aber ich habe
ihn weggeworfen.«
    »Als Mowbray
gestürzt war«, fragte Cranston plötzlich,
»hat da noch jemand den Wehrgang
inspiziert?«
    »Ja -
Fitzormonde, Colebrooke und ich«, bekannte Sir Fulke.
»Als die Alarmglocke läutete, rannten wir alle aus dem
Zimmer.
    Der Hospitaliter war
bei uns, als Mowbrays Leiche gefunden wurde. Unser junger Galan
dort« - er deutete verächtlich auf Geoffrey -
»wurde gebeten, uns auf die Mauer zu begleiten, aber es ist
allgemein bekannt, daß er unter Höhenangst
leidet.« Geoffrey errötete verlegen und wandte den Blick
ab.
    »Onkel!«
murrte Philippa. »Das ist nicht fair.«
    »Unfair
ist«, unterbrach Cranston, »daß wir so wenig
über den gestrigen Abend wissen. Mistress Philippa, um welche
Zeit haben Eure Gäste sich versammelt?«
    »Gleich nach der
Vesper, gegen acht Uhr.«
    »Und alle,
außer Rastani und dem Hospitaliter, sind
gekommen?«
    »Ja, ganz
recht.«
    Cranston wandte sich
an den Hospitaliter. »Und Ihr wart wo?«
    »In meiner
Kammer.«
    »Und
Mowbray?«
    »Auf dem
Wehrgang.«
    »Das heißt
also«, sagte Cranston und tat einen tiefen Seufzer,
»während Mowbray auf der Mauer brütete, waren alle
anderen bis auf Fitzormonde hier.«
    »Ja.«
    »Und wieviel
später hat die Glocke geläutet?«
    »Ungefähr
zwei, drei Stunden.«
    »Und inzwischen
ist niemand weggewesen?«
    »Nur Colebrooke,
weil er seine Runden machen mußte, und andere, wenn sie einen
gewissen Ort aufsuchen mußten - aber der liegt gleich hier am
Gang.« Das Mädchen lächelte matt. »Wir haben
alle viel getrunken.«
    Athelstan hob die
Hand. »Das soll uns jetzt nicht interessieren.« Er nahm
Cranston das Pergament aus der Hand, ging zu dem Hospitaliter und
hielt ihm die Zeichnung unter die Nase. »Sir Brian, was hat
das zu bedeuten?«
    Der Ritter wandte den
Kopf ab.
    »Sir Brian
Fitzormonde«, wiederholte Athelstan. »Ihr werdet bald
vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen. Bei Euerm Gelübde als
Ritter frage ich Euch, was hat dieses Pergament zu
bedeuten?«
    Der Hospitaliter
blickte auf. Die rotgeränderten Augen in dem blassen, ernsten
Gesicht gaben Athelstan das Gefühl, einen Mann vor sich zu
sehen, der bereits von den großen schwarzen Schwingen des
Todes überschattet wurde. Der Bruder beugte sich vor, bis er
die feinen roten Adern in den Augen des Ritters und in der
staubiggrauen, fahlen Wangenhaut sehen konnte. Fitzormonde war
wahrscheinlich ein mutiger Mann, aber Athelstan konnte den Gestank
der Angst, der von ihm ausging, fast schmecken.
    »Bei Euerm
Gelübde vor Jesus«, flüsterte Athelstan.
»Sagt die Wahrheit.«
    Sir Brian hob den Kopf
und flüsterte Athelstan etwas ins Ohr. Der Dominikaner wich
überrascht zurück, nickte aber.
    »Was hat er
gesagt?« wollte Cranston wissen.
    »Später,
Sir John.« Athelstan wandte sich den anderen zu. »Was
ist gestern abend hier vorgegangen?« Er lenkte die Befragung
in eine andere Richtung.
    Sir Fulke, dessen
Miene jetzt die gewohnte falsche Leutseligkeit ausstrahlte, beugte
sich vor. »Meine Nichte wollte sich bedanken, weil wir nach
Sir Ralphs Tod so gütig zu ihr waren. Wir haben wie Freunde
zusammengesessen und gegessen, von alten Zeiten geplaudert und von
dem, was in Zukunft geschehen mag.«
    »Und niemand hat
den Raum verlassen?«
    »Erst als die
Glocke läutete.«
    »Nein, Sir
Fulke«, unterbrach Geoffrey. »Bedenkt, Ihr habt viel
getrunken.« Er lächelte unaufrichtig. »Vielleicht
zuviel, um Euch noch zu erinnern. Der Priester ist gegangen.«
Geoffrey deutete auf den

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