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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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damit wir losfahren konnten.
    Das sind Strasssteine, sagte sie.
    Schöne Strasssteine, sagte Whitey. Er warf ihr einen boshaften Blick zu. Dann starrte er sie rückhaltlos feindselig an, als sie gerade nicht hinsah. Ihre Jeans sah auch brandneu aus und saß so perfekt, dass ich an Whiteys Buch denken musste, an die geschmeidigen Schenkel in mörderischer Erwartung und so. Wir stiegen in den Pick-up. Whitey machte keine Musik an. Auf der halben Strecke wollte Sonja den Kassettenrecorder anschalten, doch Whitey schlug ihre Hand von den Knöpfen weg. Ich saß hinten in der Mitte der Rückbank. Es passierte direkt vor meinen Augen.
    Keine Sorge, sagte Sonja über die Schulter zu mir. Whitey fühlt sich mies, weil er verkatert ist.
    Whiteys Unterkiefer war immer noch angespannt. Er starrte geradeaus.
    Yeah, sagte er. Verkatert. Aber nicht die Art Kater, die du jetzt meinst.
    Whitey konnte spucken wie ein Knasti – schnell und präzise. Als hätte er eine Zeit hinter sich, wo er sich mit nichts anderembeschäftigt hatte. Er sprang aus dem Wagen, knallte die Tür zu, spuckte, traf eine Dose, ping , und ging weg, obwohl schon jemand an der Zapfsäule wartete. Sonja rutschte einfach rüber, parkte ein und schloss den Laden auf. Sie gab mir die Schlüssel zu den Pumpen und sagte, ohne rauszusehen, ich sollte mich um den Kunden kümmern. Das war die zweite ungute Sache.
    Ich hatte den Mann schon mal gesehen, er kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht, wer es war. Seine Gesichtszüge waren ebenmäßig und glatt, trotzdem war er nicht gutaussehend. Es war ein braunhaariger Mann mit tiefliegenden Augen und einer schlaksigen und doch kraftvollen Statur, groß und ordentlich gekleidet – weißes Hemd, braune Hose mit Gürtel, Schnürschuhe aus Leder. Sein mittellanges Haar war hinter die Ohren zurückgekämmt, so dass man die Rillen sah. Seine Ohren wirkten merkwürdig klein und adrett und waren dicht an den Kopf gepresst. Die Lippen waren schmal, so dunkelrot, als hätte er Fieber. Als er lächelte, sah ich, dass seine Zähne so weiß und ebenmäßig waren wie in einer Werbung für Zahnprothesen.
    Ich ging hin, um nach dem Auto zu sehen.
    Einmal volltanken, sagte er.
    Ich entriegelte die Tanks und zapfte. Ich putzte seine Scheiben und fragte ihn, ob ich den Ölstand kontrollieren solle. Sein Auto war staubig. Es war ein alter Dodge.
    Lass mal. Seine Stimme klang leutselig. Er zählte Fünfer von einem Packen Scheine ab und reichte mir drei davon. Mein Auto war durstig, sagte er. Bin die Nacht durchgefahren. Und, wie geht’s denn so?
    Manchmal erkennen Erwachsene einen und tun vertraut, obwohl sie eigentlich nur die Eltern oder einen Onkel oder Lehrer kennen. Das ist verwirrend, und außerdem war er ein Kunde. Also sagte ich: Danke, gut.
    Ach, das freut mich, sagte er. Du bist ein guter Junge, habe ich gehört.
    Ich sah ihn mir endlich richtig an, setzte ihn in meinem Kopf zusammen. Ein guter Junge? Das war der zweite Weiße, der mir das in diesem Sommer sagte. Das macht mich noch fertig , dachte ich.
    Weißt du – er sah mich fest an –, einen wie dich hätte ich auch gern. Ich habe keine Kinder.
    So ein Pech, sagte ich und meinte das Gegenteil. Ich fing an mich zu ärgern. Ich konnte ihn immer noch nicht zuordnen.
    Er seufzte. Danke. Ich weiß auch nicht. Schätze, es hat viel mit Glück zu tun, eine gute Familie zu gründen und so. Eine liebevolle Familie. So was ist schön. Kann einem ziemliche Vorteile einbringen. Sogar ein Indianerjunge wie du kann eine nette Familie haben, die ihm Vorteile einbringt, schätze ich. Und das könnte dich mit einem Weißen im selben Alter gleichziehen lassen, weißt du? Wenn der keine nette Familie hat.
    Ich wandte mich zum Gehen.
    Ach, jetzt habe ich zu viel gesagt. Komm zurück! Er versuchte mir noch einen Fünfer in die Hand zu drücken. Ich ging weiter. Er sah runter und drehte den Zündschlüssel. Der Motor hustete und sprang an. So bin ich eben, rief er. Kann einfach nicht die Klappe halten. Aber! Er klatschte auf die Fahrertür. Sag, was du willst, du bist doch der Sohn des Richters.
    Ich wirbelte herum.
    Meine Zwillingsschwester hatte eine liebevolle Indianerfamilie, die in harten Zeiten zu ihr gehalten hat.
    Dann fuhr er los, und ich wusste nach allem, was Linda erzählt hatte, dass ich gerade mit Linden Lark gesprochen hatte.
    In dem Moment wollte ich kündigen und sofort nach Hause fahren. Ich war sauer auf Whitey. Ich hatte für den Erzfeind Benzin gezapft. Sonja nervte

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