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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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mich auch. Sie kam Kaugummi kauend aus dem Laden spaziert. Ihre Kiefer mahlten, und diese Ohrstecker zuckten und funkelten. Ihr Haar hatte sie mit knallrosa emaillierten Spangen zu einem fluffigen Kegel hochgesteckt. Die Jeans saßen wie aufgemalt. Der Vormittag wollte einfachkein Ende nehmen. Ich musste bleiben, weil Whitey verschwunden war. Gegen elf kam er dann wieder, und ich bemerkte, dass er ein Bier oder zwei getrunken hatte. Sonja tat ganz so, als würde sie sein Schweigen nicht bemerken.
    Gegen Mittag belegte uns Sonja unsere Sandwiches mit Fleisch aus dem Kühlregal, also gab es diesmal keine Witze darüber, wie herrlich unsere Rez-Steaks schmeckten und ob ich meins medium oder durch haben wollte. Sie gab mir einfach das Sandwich und eine Dose Trauben-Shasta. Später kriegte ich auch Whiteys Sandwich. In dem war Salat drin, aber ich aß es trotzdem und sah ihm zu, wie er für LaRose einen Reifen wechselte. Meine Mutter, Clemence und LaRose waren einmal unzertrennlich gewesen. In Moms kleinem Fotoalbum gab es Bilder von den dreien in ihrem Internat. Mom redete oft von ihrer gemeinsamen Zeit. LaRose kam in sämtlichen Geschichten vor. Aber in der Gegenwart sahen sie sich nicht besonders oft, und wenn doch, sonderten sie sich von allen ab und führten intensive Zwiegespräche. Es sah aus, als hätten sie ein Geheimnis miteinander, aber eins, das schon etliche Jahre zurückreichte. Manchmal kam Clemence dazu, und auch dann redeten sie nur unter sich und mit niemand sonst.
    LaRose war immer gleichzeitig da und nicht da. Selbst wenn sie einem beim Sprechen direkt ins Gesicht sah, wirkte sie, als sei sie mit den Gedanken woanders. Sie hatte so oft geheiratet, dass niemand mehr versuchte, sich ihren Nachnamen zu merken. Angefangen hatte sie als Migwan. Sie war eine magere, feingliedrige, vogelgleiche Frau, die braune Zigarillos rauchte und ihr seidiges schwarzes Haar mit einer glitzernden, glasperlenbesetzten Spange in Blumenform zusammenhielt. Sonja war rausgekommen und hatte sich neben LaRose gestellt, und da waren wir also: Drei Brause trinkende Zuschauer und ein verschwitzter Indianer-Elvis, der sich mit den verrosteten Radmuttern abmühte. Er drückte, dass sein Hals sich blähte und die Muskeln an seinen Armen ausschwollen. In seinen Eingeweiden saßendie Biere vom Abend davor, aber in seinen Armen und seinem Oberkörper steckte immer noch eine Menge Kraft. Er warf sein Gewicht auf den Schraubenschlüssel. Nichts. Er hockte sich auf die Fersen. Sogar der Boden war an dem Tag brüllend heiß. Er ließ den Schraubenschlüssel ein paar Mal in seine Handfläche klatschen, dann stand er plötzlich auf und schleuderte ihn ins Gebüsch. Dabei funkelte er Sonja wieder so feindselig an.
    Komm mir nicht mit diesem Blick, du Bastard, bloß weil du keine Scheißschraube mehr aufkriegst.
    LaRose hob ihre runden Brauen und wandte den beiden den Rücken zu.
    Komm, sagte sie zu mir, ich brauch noch was zu rauchen.
    Sie legte mir die Hand auf den Rücken, eine echte Tantengeste, und dirigierte mich voran. Wir gingen in den Laden und waren allein. Sie fischte sich über den Tresen ihre Zigarillos aus dem Regal. Egal, wie schwer zu fassen LaRose war, jetzt würde ich sie befragen. Ich fragte, ob sie mit Mayla Wolfskin verwandt war.
    Sie ist meine Cousine, aber viel jünger als ich, sagte sie. Crow Creek war ihr Dad.
    Seid ihr zusammen aufgewachsen?
    LaRose steckte sich gemächlich einen Zigarillo an und schüttelte mit einer übertriebenen Geste das Streichholz aus. Was soll das werden?
    Ich frage nur so.
    Bist du jetzt beim FBI, Joe? Diesem Weißen mit der dreckigen Brille habe ich gesagt, dass Mayla in South Dakota aufs Internat gegangen ist und danach dann nach Haskell. Es gab da so ein Programm, wo die Schlauesten einen Job bei der Regierung kriegten oder so ähnlich. Mit Geldstipendium und allem. Mayla war in der Zeitung – meine Tante hat sich den Artikel ausgeschnitten. War als Praktikantin ausgewählt. Sie sah so was von hübsch aus. Weißes Haarband, ein Pulli, selbst genäht wahrscheinlich, und Kniestrümpfe. So viel weiß ich zumindest. Siehat für diesen Gouverneur gearbeitet, du weißt schon, der so viel Scheiße gebaut hat, aber es ist nie was hängengeblieben.
    Sonja kam rein und verkaufte LaRose die Zigarillos, die sie schon rauchte. Ich schaute zum Fenster raus und sah, dass Whitey auf dem Weg ins Dead Custer war.
    Ah, Shit, sagte Sonja. Das ist nicht gut.
    Mein Reifen, sagte LaRose.
    Ich mach das.
    Sie

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