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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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lächelte – der Schatten eines Lächelns. Sie hatte ein ruhiges, trauriges Gesicht, das sich nie richtig aufhellte. Ihre zarte, seidige braune Haut hatte ganz feine Fältchen, wenn man so nah dran war, dass man auch ihren typischen Rosenpuder riechen konnte. Wenn sie rauchte, sah man einen silbernen Zahn aufblitzen.
    Dann mal los, Kleiner.
    Ich hätte sie gern weiter zu Mayla ausgefragt, aber nicht, wenn Sonja dabei war. Erst ging ich los und holte den Schraubenschlüssel aus dem Gesträuch. Als ich wiederkam, sah ich, dass die beiden Frauen sich Liegestühle in einen schmalen Schattenstreifen an der Wand gestellt hatten und dort Cream Soda tranken.
    Nur zu! Sonja wedelte mit der Hand. Rauch kräuselte sich durch ihre Finger. Ich kümmere mich um die Kundschaft, wenn welche kommt.
    Ich starrte die Radmuttern eine Weile nur an. Dann stand ich auf, ging in Whiteys Werkstatt und holte die Ratsche.
    Uuuuh, machte LaRose, als ich damit wieder rauskam.
    Gute Wahl, rief Sonja.
    Ich nahm den passenden Steckschlüssel, um die Ratsche auf die Radmutter zu stecken. Dann stemmte ich mich mit aller Kraft auf den Griff. Aber nichts rührte sich. Hinter mir hörte ich Cappy, Zack und Angus über die Sprungschanze jagen und in einer Wolke aus Dreck neben den Pumpen landen.
    Ich drehte mich um. Schweiß lief an mir runter.
    Hast’n da?, fragte Cappy.
    Sie ignorierten LaRose und Sonja, Letztere besonders kunstvoll, und versammelten sich um den kaputten Reifen.
    Total festgerostet, Mann.
    Einer nach dem anderen probierte es mit der Ratsche. Zack balancierte sogar auf dem Griff und wippte behutsam, aber die Mutter war wie festgeschweißt. Cappy bat Sonja um ihr Feuerzeug und hielt die Flamme dran. Das funktionierte genauso wenig.
    Habt ihr WD-40?
    Ich zeigte Cappy die Dose auf Whiteys Werkzeugbank. Cappy sprühte ein winziges bisschen einmal um den Rand und rieb Staub darüber. Er machte den Steckschlüssel noch fester wieder drauf.
    Stell du dich noch mal drauf, sagte er zu Angus.
    Diesmal klappte es, und wir ließen das Auto aufgebockt und rollten den Reifen in die Werkstatt. Whitey hatte dort einen Wassertank, mit dem er die Löcher im Schlauch fand, und er war ein Experte darin, sie zu flicken, nur leider war er drüben im Dead Custer.
    Ich ging wieder raus zu Sonja.
    Vielleicht solltest du ihn holen, sagte sie, ohne mich anzusehen, und mir fiel auf, dass sie die Ohrstecker rausgenommen hatte.
    Whitey war erst bei seinem dritten Bier, als wir ihn holten. La-Rose kriegte ihre Reparatur. Plötzlich war noch einmal viel Betrieb, dann wurde es wieder still. Wir schlossen alles ab und stiegen in den Pick-up. Keiner von beiden rührte den Kassettenrecorder an. Wir schwiegen die ganze Fahrt über, aber Sonja und Whitey schienen jetzt einfach müde zu sein, erledigt von dem heißen Tag. Zu Hause war alles wie üblich – ich half Sonja bei ihren Aufgaben. Wir aßen, ohne groß zu reden. Whitey trank düster vor sich hin, aber Sonja hielt sich an 7up. Ich schlief aufdem Sofa ein, wo ein Ventilator mir Luft zufächelte und Sonjas Haar im saphirblauen Licht ihr Profil umspielte.
    Ich erwachte von einem Knall. Das Licht war aus, und es war eine mondlose Nacht. Alles war schwarz, aber der Ventilator verwirbelte immer noch die Luft. Im Schlafzimmer gedämpfte Heftigkeiten. Das stetige Kratzen von Whiteys Stimme. Ein dumpfer Aufprall. Sonja. Hör auf, Whitey.
    Sind die von dem anderen?
    Es gibt keinen anderen. Nur dich, Baby. Lass mich los. Das Klatschen einer Ohrfeige. Ein Aufschrei. Hör auf! Bitte! Joe ist da draußen.
    Scheiß ich drauf.
    Jetzt warf er ihr Worte an den Kopf, eins nach dem anderen.
    Ich stand auf und ging zur Tür. Mein Blut rauschte und pulsierte. Das Gift, das sich in mir zersetzte, schoss mir durch die Nervenbahnen. Ich dachte, ich würde Whitey umbringen. Ich hatte keine Angst.
    Whitey!
    Es wurde ganz still.
    Komm raus und kämpfe!
    Ich versuchte mich zu erinnern, was er mir über eine gute Deckung erzählt hatte, mit den Ellbogen eng am Körper und gesenktem Kinn. Endlich öffnete er die Tür, und ich tat einen Satz rückwärts und riss die Fäuste hoch. Sonja hatte das Licht angemacht. Whitey trug gelbe Boxershorts mit einem Muster aus roten Chilischoten. Seine Fünfziger-Jahre-Tolle hing ihm in Strähnen über der Stirn. Er hob die Hände, um sie wegzuwischen, und ich boxte ihn in den Magen. Der Schlag erschütterte meinen ganzen Arm. Meine Hand wurde taub. Die ist gebrochen, dachte ich und war begeistert. Ich holte

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