Das Haus Zeor
waren, um die Tentakel freizugeben, die Selyn saugen würden.
„Sei unbesorgt, Aisha. Sie ist tot. Sie kann jetzt niemandem mehr weh tun.“
Aisha hatte sich einmal gequält geschüttelt und die umliegenden Ruinen angeblickt. Sie hatte die Gefahr gekannt, bevor sie zugestimmt hatte mitzukommen. Sie bat jetzt nicht darum zurückzugehen.
Ein paar Minuten lang ging Valleroy neben ihr und hielt ihre Hand. Aber dann wurde der Kletterpfad wieder schwieriger, und sie kamen nur im Gänsemarsch weiter. Sie war eine gute Kletterin, die nie eine Bewegung verschwendete oder zu ermüden schien. Sie war das einzige Mädchen, mit dem Valleroy immer gern unterwegs war.
Schließlich erreichten sie Valleroys privaten Schlupfwinkel. Eigentlich war er wenig mehr als eine Höhle, nur von ein paar zerbrochenen Spiegelstücken erhellt, die so aufgestellt waren, daß sie das Außenlicht reflektierten. An einem sonnigen Tag wie diesem war es drinnen hell und freundlich.
Er hielt das Gewirr von Ranken beiseite, das er gezüchtet hatte, um den Eingang zu tarnen, und winkte sie hinein.
Ihr Keuchen der Anerkennung war Lohn genug. Sie ging einmal in dem Raum herum, schritt von der grob zusammengezimmerten Staffelei, die er in der einen Ecke aufgestellt hatte, an den Zeichnungen vorbei, die ihm gut genug gefallen hatten, daß er sie aufbewahrte, und weiter zu seiner Steinsammlung, die auf einer zerlumpten, aber peinlich sauberen Decke ausgebreitet war. Ihre erstaunte Ehrerbietung zeigte ihm, daß sie den Wert dessen, was sie sah, kannte … ihn kannte und ihn ebensosehr schätzte wie er.
Sie hielt an, von einer seiner Zeichnungen fasziniert. Er selbst war es, dargestellt als erwachsener Sime, der auf einer windumtosten Bergkuppe stand, einen Arm mit Tentakeln erhoben, als bemühe er sich, eine vorbeiziehende Wolke zu berühren. Leise glitt er auf die Bank vor seiner Staffelei und skizzierte sie so, wie sie als Sime aussehen würde.
Das war das erste Mal, daß er ihre Schönheit zu Papier gebracht hatte. Er zeichnete sie, wie sie da vor ihm stand … ernst, empfindsam, offen, nicht verlangend, nicht verdammend.
Als sie sich zu ihm umdrehte, sagte sie verwundert: „Du hast keine Angst … vor dem Wechsel … nicht wahr?“
Zur Antwort reichte er ihr, was er gezeichnet hatte. Sie blickte es mehrere Minuten lang stumm an, wobei ihre Blicke gelegentlich zu dem erhobenen Sime-Arm auf der anderen Zeichnung abschweiften. „Vielleicht hast du recht, Hugh. Vielleicht macht es keinen Unterschied … für die, die überleben.“
„Wir sind jetzt beide über sechzehn. Für keinen von uns ist der Wechsel noch wahrscheinlich.“
Sie wandte sich dem Bild von der windumtosten Hügelkuppe zu. „Bist du enttäuscht?“
Hier, an diesem Ort, sicher vor neugierigen Ohren und der Zensur seiner Kameraden, wagte Valleroy zu antworten: „Ich weiß nicht.“
„Wahrscheinlich wirst du es nie wissen.“
„Wirst du mich melden?“
„Nein.“ Sie ergriff seine Hand und strich mit ihren Fingern auf seinem muskulösen Unterarm entlang, hielt an dem grobknochigen Handgelenk inne, und zog dann eine Linie über die viel zu zarten, übermäßig feinknochigen Finger hinunter. Zum ersten Mal in seinem Leben genierte er sich dieser Hände nicht. „Hugh … vielleicht … hättest du ein Sime werden sollen … vielleicht wirst du es noch … Es ist schon Siebzehnjährigen passiert, sagt man.“
„Nicht oft.“
„Aber es könnte vielleicht … Hoffst du noch?“
„Ich glaube nicht, daß ich je gehofft habe.“
„Aber du hast auch niemals nicht gehofft.“
„Ich bin nicht sicher.“
„Wenn du es nicht … wirst … was wirst du dann mit deinem Leben anfangen? Malen?“
„Nein, ich glaube nicht.“
„Wieso nicht?“
Das konnte er nicht beantworten. Er versuchte es, aber seine Blicke kehrten immer wieder zu dem windumtosten Berg zurück. Es war kein gutgelungenes Gemälde … die Proportionen stimmten nicht … Er hatte zu sehr versucht, seine seltsamen Hände auf ein zu breites Handgelenk zu pfropfen … Die Tentakel waren auch nicht richtig. Aber er hatte nie das Bedürfnis gespürt, das Gemälde mit seinem reiferen Können neu zu malen.
Sie nickte. „Weil Malen zu persönlich ist? Weil du fürchtest, man würde dies hier in allem, was du machst, sehen?“
„Vielleicht. Oder vielleicht, weil Künstler für gewöhnlich am Hungertuch nagen. Davon habe ich genug, es hält ein Leben lang vor. Ich denke, daß ich irgend etwas anfange, was gut
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