Das Haus Zeor
Chemie ebenfalls Wunder, dachte Valleroy. Aber er sagte nichts. Es hatte wenig Sinn, die Schwächen der Technologie der Gens herauszustellen. Er arbeitete schweigend weiter.
Nachdem die Pferde gründlich versorgt waren, legten sie eine kurze Pause ein und beobachteten den Sonnenuntergang über dem Tal. Es war eine dieser feurigen Herbstgluten, die jeden grauen Wolkenstrich in eine Symphonie strahlender Farbe verwandelten – das vollkommene Ende für einen vollkommenen Tag. Sie sahen gemeinsam zu, bis sich der Rand der Sonne hinter den Horizont senkte und den Himmel an die ersten Sterne abtrat. Nur das rasche Absinken der Temperatur erinnerte sie daran, daß sich der Sommer nicht endlos vor ihnen ausdehnte.
Nach einer Weile trugen sie Holz hinein und zündeten auf dem großartigen Steinherd ihr Feuer an. Valleroy kam es so vor, als sei die winzige Hütte um diese Feuerstelle, die für einen Raum größer als Zeors Speisesaal bemessen schien, herum gebaut worden. Bald machte das Feuer den Raum zu einem behaglichen Zufluchtsort gegen die Kälte der Nacht. Ein köstliches Reisgericht, das das Küchenpersonal von Imil für sie eingepackt hatte, erfüllte die Luft mit einem mundwässernden Aroma.
Klyd teilte die Ein-Teller-Mahlzeit, während Valleroy das geröstete Nußbrot zum Tisch brachte. „Ich bin versucht“, sagte Klyd, „Zinter gegen Imils Chefkoch einzutauschen.“
Valleroy blickte den drahtigen, dunkelhaarigen Sime scharf an. „Meinst du das ernst?“
„Nein, aber ich wünschte, ich täte es. Dies ist wirklich köstlich.“
Valleroy lachte und stach mit Genuß in die aufgehäufte Portion. Es war eindeutig eine der besten Mahlzeiten, die er je zu sich genommen hatte. Sie schmeckte wie pürierte Erbsen in Orangensoße, jedoch mit einer knackigen Beigabe, Äpfeln ähnlich, und scharf wie Nelken, aber salzig-süß. „Weißt du was“, sagte Valleroy, „vielleicht können wir das Rezept mit einem Portrait oder so etwas kaufen?“
„Das hört sich jetzt aber wirklich nach einer Möglichkeit an. Ich werde in derselben Minute, in der wir zu Hause ankommen, ein Verhandlungsteam darauf ansetzen.“
Sie aßen mit von der Reise geschärftem Appetit, ohne sich mit einer Unterhaltung ablenken zu lassen. Nachdem sie dann die Schüsseln in einen Kübel Wasser geworfen hatten, gingen sie hinaus, setzten sich auf die hölzerne Veranda und kauten knackige Äpfel. Der riesige, wie poliert aussehende Mond ging soeben auf, um sein sanftes Strahlen in die Nacht zu ergießen. Vor der Geräuschkulisse von Grillen und dem leise murmelnden Wasser des Baches erhob sich ein gelegentliches Kojotengeheul, die Vorherrschaft des Mondes anzufechten. Valleroy füllte die Lungen mit dem erlesenen Wohlgeruch frisch abgeernteter Felder und seufzte tief. Es war eine verzauberte Nacht, die außerhalb der Zeit stand.
„Weißt du“, sagte Klyd, „ich bin noch nie so glücklich gewesen.“
„Ich wollte gerade dasselbe sagen. Irgendwie, obwohl Aisha noch immer vermißt wird und Stacy wahrscheinlich schon Gesucht-wegen-Desertation-Handzettel mit meinem Bild darauf in Umlauf bringt … fühle ich mich glücklich.“
Klyd schleuderte das Kerngehäuse des Apfels in den Obstgarten hinaus. „Ich glaube“, sagte er, „ich weiß, weshalb ich glücklich bin. Es ist ein vorübergehender Zustand. Er wird nicht andauern und soll es auch nicht, aber …“ – er hielt inne und blickte Valleroy zweifelnd an – „… du wirst mich nicht verraten?“
„Meine Lippen sind auf ewig verschlossen! Was ist das Geheimnis des Glücklichseins?“
„Zeitpläne. Oder vielmehr deren Fehlen. Während der letzten acht Tage habe ich ohne Unterbrechungen geschlafen, ohne Notrufe gegessen, und es ist nicht von mir verlangt worden, daß ich ständig nach der Uhr lebe, um dies oder jenes zu tun.“
Auf Englisch sagte Valleroy: „Wir nennen das Urlaub und gönnen uns das einmal im Jahr.“
„Urlaub.“ Klyd kostete das Wort und imitierte den Gen-Tonfall. Dann lieferte er die Entsprechung auf Simelisch. „Jetzt weiß ich, weshalb wegen der Aufträge so viele Streitigkeiten ausbrechen.“
„Du meinst, ihr nehmt keinen Urlaub?“
„Nach dem Wechsel nicht mehr. Es hat bisher nicht genug Kanäle in Zeor gegeben, die all die Arbeit hätten tun können.“
„Ihr solltet ein massives Ausbildungsprogramm beginnen, um mehr Leute in diesen Beruf zu bekommen.“
„Kanäle werden geboren, nicht bloß ausgebildet. Und sie sind sehr selten.“
„Nun, dann
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