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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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als das seinige ansieht, stimmt’s? Und so lange wir leben, ist es unsere Pflicht, dieses Land zu einem besseren Land zu machen.«
    »Aber inwiefern besser?«, fragte Sophie. »Mir gefällt Frankreich so, wie es jetzt ist. Ich kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben. Ich möchte nicht, dass Frankreich sich verändert.«
    »Ich meine insofern besser, als dass es gerechter zugeht.«, erwiderte er. »Soziale Gerechtigkeit. Finanzielle Freiheit. Die Liberalisierung der Politik.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Soja, wobei ihre Stimme die Luft förmlich durchschnitt, denn sie offenbarte weder Sophies betrunkene Begeisterung noch Leos feindselige Selbstgerechtigkeit. Sie hatte schon seit einiger Zeit nichts mehr gesagt und einfach so dagelegen, die Augen geschlossen, ohne zu schlafen, offenkundig entspannt von der Wärme und vom Alkohol. Alle Blicke waren nun auf sie gerichtet.
    »Na ja«, erwiderte Leo mit einem Achselzucken, »ich wollte nur sagen, dass es mir sinnvoll erscheint, wenn jeder Bürger eine Verantwortung für …«
    »Nein«, unterbrach sie ihn, »das habe ich nicht gemeint. Du hast davor etwas gesagt. Über ein Land wie das unsere.«
    Leo dachte kurz darüber nach, und schließlich zuckte er mit den Schultern, als läge das Ganze klar auf der Hand. »Ach das«, erwiderte er, wobei er sich auf einen Ellbogen aufstützte, um nun mit Verve in sein Lieblingsthema einzusteigen. »Schau, Soja, mein Land, also Frankreich, hat Jahrhunderte unter der Knute einer widerwärtigen Aristokratie gestanden, von Generationen von Schmarotzern, die den einfachen, hart arbeitenden Männern und Frauen des Landes das Mark aus den Knochen gesogen haben, die uns unser Geld gestohlen haben, die uns unser Land geraubt haben, die sich Exzessen und Perversionen hingegeben haben, während wir in Hunger und Armut vor uns hin vegetieren mussten. Doch schließlich sagten wir: ›Es reicht!‹ Wir widersetzten uns, wir begehrten auf, wir stellten diese kleinen fetten Aristokraten auf die Schinderkarren, wir fuhren sie zum Place de la Concorde, und wutsch!« Er ließ die flache Hand wie ein Fallbeil durch die Luft sausen. »Wir haben ihnen die Köpfe abgeschlagen! Und wir haben uns die Macht zurückerobert. Aber, meine Freunde, das ist fast einhundertfünfzig Jahre her. Mein Urururgroßvater hat an der Seite von Robespierre gekämpft, versteht ihr? Er hat die Bastille erstürmt mit …«
    »Ach, Leo«, fuhr Sophie entnervt dazwischen. »Das weißt du doch gar nicht. Das erzählst du immer, aber welchen Beweis hast du dafür?«
    »Na ja, ich habe den Beweis, dass er seinem Sohn die Geschichten von seinem Heldenmut erzählt hat«, erwiderte er, in die Defensive gedrängt. »Und diese Geschichten sind in unserer Familie seitdem immer vom Vater an den Sohn weitergegeben worden.«
    »Ja«, sagte Soja – wobei ich in ihrem Tonfall eine gewisse Ungehaltenheit zu vernehmen glaubte –, »aber was hat das alles mit Russland zu tun? Das sind doch zwei verschiedene Stiefel!«
    »Puh«, sagte Leo, wobei seinen Lippen ein Pfiff entfuhr. »Ich frage mich nur, warum Mütterchen Russland so viel länger gebraucht hat, um das Gleiche zu tun. Das ist alles. Wie viele Jahrhunderte lang haben Bauern wie ihr – verzeiht mir, aber wir sollten die Dinge beim Namen nennen – ein erbärmliches Dasein fristen müssen, damit die Paläste unterhalten werden konnten, damit weiterhin rauschende Feste gefeiert werden konnten. Damit die Ballsaison stattfinden konnte?« Er schüttelte den Kopf, als wäre ihm allein schon der Gedanke an derlei Dinge zuwider. »Warum habt ihr so lange gebraucht, um eure Aristokraten loszuwerden? Um die Macht in eurem Land zurückzuerobern? Um ihnen die Köpfe abzuschlagen? Was ihr natürlich nicht getan habt. Ihr habt sie erschossen, richtig?«
    »Ja«, erwiderte Soja. »Das haben wir.«
    Ich weiß nicht mehr, wie viel ich in jener Nacht getrunken hatte – vermutlich eine Menge –, doch ich wurde auf der Stelle nüchtern und wünschte mir, ich hätte bemerkt, wohin unsere Unterhaltung führte. Hätte ich dies vorausgesehen, so hätte ich das Thema wahrscheinlich früher gewechselt, doch nun war es zu spät dafür. Soja saß aufrecht da, und sie wurde kreidebleich, während sie Leo anstarrte.
    »Du Ignorant«, sagte sie. »Was weißt du schon über Russland, einmal abgesehen von dem, was du in euren Zeitungen liest. Du kannst dein Land nicht mit unserem vergleichen. Frankreich und Russland sind völlig verschieden. Was du sagst,

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