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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Männer aus unserem Dorf waren bereits in den Krieg gezogen: Manche waren gefallen, manche wurden vermisst, manche standen nach wie vor im Feld. Man erwartete, dass Jungen wie Kolek und ich, sobald wir siebzehn geworden waren, einberufen wurden, um in irgendeiner militärischen Einheit zu dienen und unserem Dorf Ehre zu machen.
    Die gewaltige Verantwortung, die Nikolaus Nikolajewitsch trug, war uns allen jedoch bestens bekannt.
    Der Großfürst war vom Zaren zum Oberbefehlshaber des russischen Feldheeres ernannt worden und musste einen Dreifrontenkrieg führen: gegen Österreich-Ungarn, gegen das deutsche Kaiserreich und gegen die Türken. Nach allem, was man so hörte, war er bislang bei keinem dieser Feldzüge besonders erfolgreich gewesen, doch er genoss nach wie vor die Wertschätzung und die absolute Treue der unter seinem Kommando stehenden Soldaten, und dies wiederum drang bis in die hintersten Bauerndörfer Russlands. Für uns zählte er zu den feinsten Männern überhaupt, in seine Stellung berufen von einem gütigen Gott, der uns solche Führer sandte, damit sie sich um uns einfältige und unwissende Menschen kümmerten.
    Die Hochrufe wurden noch lauter, als uns die Soldaten passierten, und dann registrierte ich inmitten der Menschenmenge eine sich allmählich nähernde gotthafte Erscheinung, ein großes weißes Kavalleriepferd, einen prächtigen Hengst, auf dem ein Riese von einem Mann saß, in einer schmucken Militäruniform und mit einem fein gestriegelten, gewichsten und zu beiden Seiten der Oberlippe spitz gezwirbelten Schnurrbart. Er starrte unverwandt geradeaus, hob aber hin und wieder seine linke Hand, um dem versammelten Volk ein huldvolles Winken zu entbieten.
    Als die Pferde an mir vorüberkamen, erblickte ich plötzlich unseren umstürzlerischen Nachbarn, Boris Alexandrowitsch, wie er inmitten der Menschenmenge auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand, und ich war einigermaßen perplex, ihn dort zu sehen, denn er war der einzige Mensch in unserem Dorf, von dem ich angenommen hätte, er würde sich weigern, sein Haus zu verlassen, um dem großen General seine Hochachtung zu bezeigen.
    »He, guck mal«, sagte ich zu Asja, wobei ich sie an der Schulter stupste und in seine Richtung wies. »Da drüben. Boris Alexandrowitsch. Wo sind seine schönen Prinzipien geblieben? Er ist vom Großfürsten genauso gefesselt wie alle anderen.«
    »Sind sie nicht fesch, diese Soldaten!«, erwiderte sie, ohne auf mich einzugehen, und spielte stattdessen mit ihren Locken, während sie jeden Mann, der an uns vorüberkam, gründlich musterte. »Wie können sie in einer Schlacht kämpfen und ihre Uniformen dennoch so tadellos in Ordnung halten, was meinst du?«
    »Und da ist Kolek«, fügte ich hinzu, als ich meinen Freund bemerkte, wie er sich drüben in die erste Reihe der Schaulustigen vordrängelte, sein Gesicht eine Mischung aus Aufregung und Beklommenheit. »Kolek!«, schrie ich und winkte ihm zu, doch wegen des Hufgetrappels der an uns vorbeiziehenden Pferde und wegen des Hurrageschreis der Dorfbewohner konnte er mich weder hören noch sehen. Zu jeder anderen Zeit hätte ich mir bei diesem banalen Sachverhalt nichts gedacht und meinen Blick wieder auf die Parade gerichtet, aber da lag ein Ausdruck auf Koleks Gesicht, der mich irgendwie irritierte, ein Blick von tiefer Beunruhigung, den ich noch nie zuvor im Antlitz dieses weichherzigen Jungen wahrgenommen hatte. Er tat einen kleinen Schritt nach vorn und blickte sich um, bis er sich vergewissert hatte, dass sein Vater, der Mensch, dessen Anerkennung ihm mehr bedeutete als alles andere auf der Welt, unter den Zuschauern weilte, und als er sich von Boris Alexandrowitsch’ Anwesenheit überzeugt hatte, drehte er den Kopf wieder zurück, um den Großfürsten zu fixieren, der auf seinem weißen Kavalleriepferd nun zusehends näher kam.
    Nikolaus Nikolajewitsch war vielleicht noch sechs Meter von uns entfernt, als ich sah, wie Kolek die linke Hand in seine Bluse steckte und sie dort einen Moment lang ruhen ließ, wobei er leicht zitterte.
    Als es nur noch viereinhalb Meter waren, sah ich den hölzernen Griff der Pistole langsam aus deren Versteck auftauchen: Die Hand meines Freundes hielt ihn fest umklammert, während sein Zeigefinger unmittelbar vor dem Abzug schwebte.
    Als es nur noch drei Meter waren, zog er die Pistole hervor, unbemerkt von allen außer mir, und entsicherte die Waffe.
    Der Großfürst war nur noch anderthalb Meter entfernt, als ich den

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