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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Attentatsversuch gegeben«, fuhr Nikolaus Nikolajewitsch fort, wobei er mir direkt in die Augen schaute und meinen Vater mit Verachtung strafte. »Ein junger Radikaler. Er zielte mit seiner Pistole auf meinen Kopf. Ich schwöre, dass ich sah, wie die Kugel im Begriff stand, ihre Kammer zu verlassen und sich in meinen Schädel zu bohren, doch du braver Junge bist plötzlich dazwischengesprungen und hast sie mit deiner Schulter aufgefangen.« An dieser Stelle legte er eine kleine Kunstpause ein, und dann sagte er: »Du hast mir das Leben gerettet, Georgi Daniilowitsch!«
    »Wirklich?«, fragte ich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, was mich dazu veranlasst haben mochte, so etwas zu tun. Doch der Nebel in meinem Kopf begann sich allmählich zu lichten, und ich erinnerte mich daran, wie ich auf Kolek zugestürmt war, um ihn in die versammelte Menschenmenge zurückzudrängen, damit er keine Tat beging, die ihn das Leben kosten würde.
    »Ja, wirklich«, erwiderte der Großfürst. »Und ich bin dir sehr dankbar. Der Zar wird dir auch dankbar sein. Ganz Russland wird dir dankbar sein.«
    Darauf wusste ich nichts zu sagen, ich lehnte mich zurück, ein wenig benommen und begierig auf einen weiteren Schluck Wasser. Er hielt sich offenbar für ziemlich wichtig.
    »Er wird doch nicht wirklich fortgehen müssen, Vater, oder?«, sagte Asja plötzlich, wobei sie gegen ihre Tränen ankämpfte, als sie diese Frage stellte. Ich schaute in ihre Richtung und war davon gerührt, dass ihr das, was mir passiert war, so naheging.
    »Sei still, Mädchen!«, erwiderte mein Vater und schubste sie an die Wand zurück. »Er wird tun, was ihm gesagt wird. Das werden wir alle tun.«
    »Fortgehen?«, flüsterte ich, denn ich hatte keine Ahnung, was sie damit gemeint haben könnte. »Wohin?«
    »Du bist ein tapferer Bursche«, sagte der Großfürst, wobei er sich wieder die Handschuhe anzog und eine kleine Geldbörse aus seiner Tasche holte, die er meinem Vater überreichte; sie verschwand auf der Stelle in den unergründlichen Kavernen seiner Bluse, und wahrscheinlich würden wir sie nie wieder zu Gesicht bekommen. Ich bin verkauft worden , dachte ich sofort. Er hat mich für eine Handvoll Rubel an die Armee verschachert! »Ein Junge wie du sollte sein Leben nicht an einem Ort wie diesem vergeuden. Du wolltest dich doch in diesem Jahr zum Kriegsdienst melden, nicht wahr?«
    »Ja, Euer Durchlaucht«, erwiderte ich stockend, denn ich wusste, dass dieser Tag immer näher rückte, doch insgeheim hatte ich gehofft, ihn noch ein paar Monate hinauszögern zu können. »Das hatte ich vor, bloß …«
    »Nun, ich kann dich nicht in die Schlacht schicken, wo du nur noch weiteren Kugeln ausgesetzt sein wirst. Nein, nicht nach dem, was du heute getan hast. Natürlich kannst du noch ein paar Tage hierbleiben und dich erholen, bevor du mir folgst. Ich werde zwei meiner Männer hier lassen, die dich zu deinem neuen Zuhause begleiten werden.«
    »Mein neues Zuhause?«, fragte ich, nun vollends verwirrt. Ich versuchte, mich wieder aufzurichten, als er auf die Tür unserer Hütte zuschritt. »Wo soll das sein, Euer Durchlaucht?«
    »Na, in St. Petersburg natürlich«, sagte er, wobei er sich umdrehte und mich anlächelte. »Du hast bereits bewiesen, dass du dazu bereit bist, dich für jemanden wie mich in eine Kugel zu werfen. Und jetzt stell dir mal vor, wie viel Loyalität du für jemanden aufbringen würdest, der noch höherrangig ist als ein einfacher Großfürst.«
    Ich schüttelte den Kopf und schluckte nervös. »Jemand, der noch höherrangig ist, als Ihr es seid?«, fragte ich.
    Er zögerte einen Augenblick, so als wäre er sich nicht sicher, ob er mir verraten könnte, an wen er dabei dachte, als befürchtete er, der Schock dieser Offenbarung könnte mich vielleicht gänzlich in Ohnmacht fallen lassen. Doch als er schließlich wieder das Wort ergriff, da verhielt er sich so, als sei diese absolut außergewöhnliche Vorstellung die normalste Sache der Welt. »Der Zarewitsch Alexei«, sagte er. »Du wirst zu denjenigen gehören, deren Aufgabe es ist, ihn zu beschützen. Mein Vetter, der Zar, erwähnte mir gegenüber neulich, dass er genau nach so einem jungen Mann Ausschau halte, und er fragte mich, ob ich vielleicht jemanden kenne, der einen geeigneten Begleiter abgeben würde. Also jemanden, der etwa im selben Alter ist. Natürlich hat der Zarewitsch jede Menge Leibwächter. Er braucht aber mehr als das. Er braucht einen Begleiter, der sich auch um

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