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Das heilige Buch der Werwölfe

Das heilige Buch der Werwölfe

Titel: Das heilige Buch der Werwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Schwarzeneggers Foto über dem Bett des Bodybuilding-Anfängers.
    Es folgte eine Buchseite mit der Miniatur Ragnarök von Jorge Luis Borges. Diesen Text kannte ich, er hatte mich mit seiner traumwandlerischen Präzision beeindruckt, seiner ungeheuerlichen Zuspitzung auf das Wesentliche. Der Erzähler und sein Kollege werden Zeugen einer seltsamen Prozession: Die Götter kehren aus jahrhundertelanger Verbannung zurück. Eine Woge menschlicher Huldigung trägt sie bis auf die Bühne eines Saales. Sie sehen sonderbar aus:
     
    Einer trug einen Zweig, der sicherlich der einfachen Botanik der Träume entsprach; ein anderer streckte mit weit ausholender Gebärde eine Hand aus, die eine Klaue war; eines der Gesichter des Janus blickte argwöhnisch auf den gekrümmten Schnabel des Thoth.
     
    Hier hat der Faschismus im Traum seinen Widerhall. Aber nun wird es erst richtig interessant:
     
    Vielleicht aufgestachelt durch unseren Applaus brach einer, ich weiß nicht mehr welcher, in ein siegreiches Gekräh aus, unglaublich schrill, mit einem Röcheln und Zischen darin. Von diesem Moment an veränderten sich die Dinge.
     
    Im Weiteren war der Text dicht mit Anmerkungen versehen. Stellen waren unterstrichen, andere in Ausrufezeichen gesetzt, manche sogar umrahmt – offenbar zur emotionalen Abstufung:
     
    Alles begann mit dem (vielleicht übertriebenen) Verdacht, die Götter seien der Sprache nicht mächtig. Das gehetzte und verwilderte Leben von Jahrhunderten hatte das Menschliche an ihnen verkümmern lassen; der Halbmond des Islam und das Kreuz Roms waren mit diesen Flüchtlingen unbarmherzig umgegangen. Sehr niedrige Stirnen, gelbe Zahnreihen, spärliche Mulatten- oder Chinesenschnurrbärte und tierische Lefzen verrieten die Entartung der olympischen Sippe . Ihre Kleidung entsprach nicht einer mit Würde und Bescheidenheit getragenen Armut, sondern dem gemeinen Luxus der Spielhöllen und Bordelle der Unterwelt. In einem Knopfloch blutete eine Nelke; unter einer eng anliegenden Jacke erriet man den Abdruck eines Dolches. Plötzlich fühlten wir, dass sie !ihre letzte Karte spielten! , dass sie !verschlagen, unwissend und grausam waren wie alte Raubtiere! , und dass sie, !WENN WIR UNS VON FURCHT ODER MITLEID ÜBERWÄLTIGEN LIESSEN, UNS SCHLIESSLICH VERNICHTEN WÜRDEN!.
    Wir zogen die schweren Revolver (plötzlich gab es im Traum Revolver), UND FRÖHLICH ERSCHOSSEN WIR DIE GÖTTER.
     
    Darauf folgten zwei Seiten aus der Älteren Edda – den Zukunftsdeutungen der Seherin, wenn ich nicht irrte. Sie mussten einer edlen Geschenkausgabe entstammen; der Text war, wenig ökonomisch, in großer roter Schrift auf Kunstdruckpapier gesetzt:
     
    Das Meer hebt sich
    Zur Himmelswölbung
    Überflutet das Land
    Und die Luft schwindet.
    Dann kommen Schnee
    Und stürmische Winde:
    Dann ist's bestimmt,
    dass die Götter sterben.
     
    Letztere Zeile war mit dem Fingernagel unterkerbt. Der Text auf der nachfolgenden Seite war von ebenso düsterer Vieldeutigkeit:
     
    Einst kommt ein andrer
    mächtiger als Er;
    doch ihn zu nennen
    wage ich nicht.
    Wenige werden
    weiter blicken,
    als bis Odin
    den Wolf angreift.
     
    In diesem Ton ging es weiter. Sämtliche Blätter in dem Hefter bezogen sich mehr oder weniger auf den nordischen Mythos. Den traurigsten Eindruck machte auf mich das Schwarzweißfoto eines deutschen U-Boots mit Namen Naglfar – so hieß in der skandinavischen Mythologie Lokis Schiff, gezimmert aus den Nägeln der Toten. Für ein U-Boot im Zweiten Weltkrieg kein ganz unpassender Name. Die spitzknochigen, stoppelbärtigen Besatzungsmitglieder, die da von der Brücke herunterlächelten, wirkten sympathisch, wie eine Abordnung Grüne in heutiger Zeit.
    Zum Ende der Mappe hin wurden die Anmerkungen seltener – als wäre bei dem, der hier geblättert und das Material studiert hatte, das Interesse beizeiten erlahmt, vielleicht aber auch, wie es in einem anderen Text von Borges formuliert steht, eine Art großzügiger Ungeduld dazwischengekommen, die ihn daran gehindert hatte, die Mappe bis zum Ende durchzublättern. Nichtsdestoweniger schien der Mann ein Auskenner zu sein, erst recht an den Maßstäben unserer merkantilen Zeit gemessen ( Beilalter, Schwertalter , wie sie eines der abgehefteten Fragmente definierte, Windzeit, Wolfszeit, eh die Welt zerstürzt… ).
    Ganz zuunterst in der Mappe lag ein Blatt in einer Klarsichthülle, das aus einem linierten Schulheft gerissen war. Darauf stand so etwas wie eine Widmung:
     
    Sascha zum

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