Das helle Gesicht
Wiesenseite der Arena im Schritt hinaus. Ite-ska-wih konnte Hanska und sein Pferd noch einmal im Profil sehen.
»Unglaublich«, bemerkte Krause wiederum. »Da stimmt was nicht. Da is’ was im Gange.«
Harry hatte die Stirn gerunzelt und den linken Mundwinkel heruntergezogen. »Rodeo-Mike war gestern schon aufgeregt wie ein Bucking Horse in der Box, dem sie die Tür nicht aufmachen«, informierte er Krause, den einzigen, der im gegebenen Kreise sachverständig war. »Ich wußt’ nur nicht warum. Jetzt seh’ ich auch, daß was nicht stimmt.«
An den hohen überall sichtbaren Tafeln erschienen die dem Programm entsprechenden Nummern für den ersten Wettbewerb, das Kälberfangen.
In Ite-ska-wih stieg die Unruhe wieder auf, aber sie wurde rasch verdrängt, denn das Kälberfangen nahm seinen Anfang. Die Rinder befanden sich, von den Wiesen aus gesehen, rechts der Arena. Das Kalb wurde von links hereingelassen und galoppierte sofort quer durch die Arena der Herde zu. Der Cowboy hatte es zu verfolgen und mit dem Lasso zu fangen, vom Pferd abzuspringen und das Kalb zu fesseln. Das war der Vorgang, der sich abspielte, wenn auf den Ranches den Kälbern das Brandzeichen des Eigentümers aufgedrückt wurde, und es mußte stets schnell gehen.
Unter den Teilnehmern des Wettbewerbs gab es nur einen einzigen, dem es nicht gelang, sein Kalb einzufangen. Das Tier, das vermutlich schon einmal in der Arena gewesen und gewitzt war, galoppierte nicht flüchtend vor dem Reiter her in eine aussichtslose Situation hinein, sondern machte zum allgemeinen Erstaunen und unter dem anschließenden allgemeinen, die Klugheit des Tieres anerkennenden Gelächter kehrt, gelangte an dem Pferd und dem verblüfften Cowboy vorbei und galoppierte nun hinter dem Reiter, der nicht so wendig war, der Herde zu. Dieser Teilnehmer kam nicht in die Wertung.
Bei allen anderen wurde die Zeit gemessen; es handelte sich immer um Sekunden-Unterschiede. Hanska war der letzte, und nach den vorliegenden Leistungen sollte es schwer für ihn sein, eine noch bessere Zeit herauszuschlagen. Ite-ska-wih sah ihren Mann zum erstenmal diese Arbeit tun. Sie fühlte selbst, wie sie den Mund ein wenig öffnete und wie ihre Augen rund wurden.
Hanska hatte das Kalb im ersten Drittel der Strecke in der Lassoschlinge, Abspringen und Hineilen geschah windschnell, er war schon dort, und ehe das Kalb recht wußte, wie ihm geschah, hatte er es gefesselt, ein Vorderbein und ein Hinterbein mit dem Strick verbunden. Alle anderen Zeiten waren durch Hanska weit unterboten; der Unterschied war so grotesk groß, daß ein bewunderndes Lachen durch die Zuschauermenge ging. Hanska erhielt unbestritten den ersten Preis. Ite-ska-wih stimmte in das fröhliche Lachen ein; das Herz war ihr leicht.
Harry und Mary freuten sich mehr, als sich wohl der Sieger selbst freuen konnte; ihr großer Bruder war der erste, und mit was für einem Abstand! Alle übrigen waren Tolpatsche dagegen.
»Das hätte nicht einmal Joe besser machen können«, sagte Margret.
Die folgenden Wettbewerbe waren für Ite-ska-wih und ihre Gruppe ein fesselndes Schauspiel, aber nicht das unmittelbare Miterleben mit Hanska. Erst als der Kampf der Bucking Horses einsetzte, zitterten ihre Nerven wieder wie angeschlagene Saiten. Es ging zuerst um Bronc sattellos. Die Pferde, die mitmachen sollten, befanden sich schon in den engen Boxen, von der Wiese aus gesehen linker Hand. Nach zwei mäßigen Leistungen und einem Abwurf, der den Reiter erhebliches Kreuzweh kosten mochte, kamen Shill und dann Archibald an die Reihe, zwei alterfahrene, in vorangegangenen Wettkämpfen bestens trainierte Professionals. Ihre Leistungen waren ausgeglichen und fast von gleichem Niveau; es mochte den Preisrichter Mac Donald junior einige Mühe kosten herauszufinden, welche Pluspunkte in der reiterlichen Haltung fehlten; vielleicht war Shill etwas zu selbstsicher-salopp geritten und hatte ein Pferd gehabt, das nicht besonders viel gegen ihn unternahm; das kostete ihn drei Punkte. Seinen Ärger konnte er nicht ganz verbergen; er machte eine Handbewegung, als wolle er sagen: »Na ja, wenn schon – ein junger Preisrichter versteht eben nicht viel«; hätte er Mac Donalds Miene sehen können, so hätte er gewußt, daß dieser sich durch Shills Benehmen nicht weniger verärgert fühlte. Das wiederum sollte Archibald vier Punkte kosten, nicht eben ungerechterweise, aber doch nur durch einen sehr strengen Maßstab zu rechtfertigen.
Die Zuschauer waren nicht
Weitere Kostenlose Bücher