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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Feldlazarett III, vorgeschobener Verbandsplatz, Stabsarzt Dr. Portner.«
    »Ich werde Sie melden.« Der junge Leutnant sah um die Mauer. Die Russen schossen nicht mehr, der Platz, wo Kubowski und die Pannarewskaja gestanden hatten, war leer. Ein Trümmerfeld wie tausend andere. »Sieht zwei Russen und schießt nicht. Wissen Sie, was das ist? Wie man das nennt? Das wird ein Nachspiel haben, mein Lieber.«
    Der junge Leutnant winkte. Der Spähtrupp sprang weiter, durch eine Straßenschlucht in Richtung ›Tennisschläger‹. Es war alles so sinnlos, daß Knösel sitzen blieb und den wie Hasen Zickzack hüpfenden Männern kopfschüttelnd nachsah.
    Noch einmal blickte er hinüber, wo das Liebespaar von Stalingrad gestanden hatte, zwei Menschen, die für eine Minute das Grauen vergaßen und aus der Seligkeit wieder in das Grauen gerissen wurden. Dann kroch auch Knösel weiter, suchte einen Balken und kehrte zum Lazarettkeller zurück. Dr. Portner operierte wieder.
    »Herr Stabsarzt«, sagte Knösel, »da ist mir eben ein Ding passiert …«
    Portner winkte ab.
    »Ich weiß schon. Der Leutnant war bereits da.«
    Knösel schluckte. »Wenn Sie gesehen hätten, Herr Stabsarzt …«
    »Was reden Sie da, Knösel.« Dr. Portner verband den Verwundeten, während Wallritz die Tetanusinjektion vorbereitete. »Das sind die kleinen Menschlichkeiten, die plötzlich aus der Hölle einen Himmel machen.«
    »Sie werden keinen Tatbericht …« Knösels Kehle war wie zugeschnürt. Dr. Portner sah ihn fast beleidigt an.
    »Raus, Sie Nilpferd. Halten Sie mich für einen Idioten?«
    Es war ein Augenblick, in dem Knösel den Stabsarzt hätte umarmen können. Er unterließ es, weil es – militärisch gesehen – sittenwidrig war …
    Auch auf das Rückantworttelegramm kam keine Nachricht aus Köln. Dr. Körner sah es schon von weitem an dem Gesicht des Chefportiers, als er von der Besprechung des Planungsausschusses zurückkam. Er hatte wieder eine Stunde herumgesessen, hatte einmal von der Wichtigkeit des Transportes Schwerverwundeter gesprochen und zur Antwort bekommen, daß dies Angelegenheit einer anderen Dienststelle sei und nicht des Baugremiums.
    »Ich kann es mir nicht erklären«, sagte der Chefportier des Hotels. »Wenn es Angriffe gegeben hätte … aber wenn man den Wehrmachtsbericht liest … es war ja nichts los in Köln.« Er sagte es so, als wolle er ausdrücken: Siehst du, mein Junge, wie sie uns belügen? Und man muß es sogar glauben … was bleibt uns übrig?
    »Schicken wir neue Telegramme«, sagte Dr. Körner gepreßt. »An die Kreisleitung, an die Gauleitung, an den Stadtkommandanten … ich schicke hundert Telegramme, wenn es sein muß. Ich mache ganz Köln rebellisch.«
    Der Chefportier hob die Schultern. Der junge Mediziner tat ihm leid. Er war ein anderer Typ als die Offiziere, Zahlmeister, Parteibonzen und Wehrwirtschaftsführer, die sonst im ›Ostland‹ wohnten und sich wie Cäsaren benahmen. Es waren oft Stunden, in denen trotz allem Geschäftsgeist der Nationalpole bei ihm durchbrach und er sich beherrschen mußte, nicht seine Freunde zu rufen und die ungebetenen Gäste einfach entfernen zu lassen.
    »Das Fräulein wartet schon im kleinen Salon auf Sie, Herr Mediziner«, sagte er. »Und Sekt habe ich kalt gestellt. Die Telegramme gebe ich sofort durch.«
    »Und Sie benachrichtigen mich, wenn …«
    »Sofort, Herr Mediziner, sofort …«
    Es wurde ein stilles Essen. Der Kellner servierte die gefüllten Täubchen und blinzelte Körner dabei zu.
    »Nix Krähe«, sagte er nahe an seinem Ohr, als er vorlegte. »Sind sich wirklich Tauben … und Füllung ist sogar Läbbär von Rind …«
    Monika Baltus beobachtete während des Essens ihren Gastgeber. Zuerst hatte sie Bedenken gehabt, als er sie in sein Hotel mitnahm. Sie hatte Zudringlichkeiten befürchtet und sich vorgenommen, Dr. Körner zu erklären, daß sie nicht von ›jener Sorte Mädchen‹ sei, die in den Osten kommen und Offizierserinnerungen sammeln wie andere Briefmarken. Aber schon als sie allein im Lift nach oben in ihr Einzelzimmer fuhr, sah sie die Grundlosigkeit ihrer Befürchtungen ein. Nun, während des Essens, war er ihr fast zu still, zu zurückhaltend und gedanklich abwesend.
    »Sie kommen direkt von der Front?« fragte sie, als sie erzählt hatte, woher sie kam, wer ihr Vater sei und daß sie noch vier Geschwister hätte, jünger als sie, auch einen Bruder, der sich nächstes Jahr freiwillig melden wolle, obwohl der Vater ihn schon deswegen

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