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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stabsarzt.«
    »Genug?«
    »Jeder ein Kochgeschirr voll.«
    Wallritz holte zwei Teller und schöpfte sie voll. Mit beiden Händen trug er sie zum Tisch, damit sie nicht überschwappten.
    Die Materialanforderung bekam einen großen Fettfleck.
    »Lassen Sie den drauf, Wallritz«, lachte Dr. Portner. »Der wird einmal historisch. Wenn später einmal ein Aktendeckel gefunden wird, in den man die Materialanforderungen abheftete, wird man sagen: Sieh an, am sechzehnten November 1942 hatten die in Stalingrad noch so viel zu fressen, daß sie mit Fett um sich warfen … So wird auch die Geschichte im Grunde relativ …«
    Mit dem ersten Schnee begann Pawel Nikolajewitsch Abranow, der Greis, fröhlich zu werden wie ein Füllen auf der Weide.
    »Seht, seht«, rief er allen zu, denen er begegnete, »es schneit, Brüderchen. Es schneit.«
    »Wir sehen es, Alterchen«, antworteten die so Angesprochenen. »Wir sind nicht blind.«
    »Aber ihr versteht es nicht, ihr jungen Dummköpfe.« Abranow war in einer gehobenen Stimmung und fühlte sein heißes patriotisches Herz schlagen. »Jetzt werden die Deutschen das Laufen lernen, glaubt es mir. Die Schlacht um Stalingrad haben wir gewonnen. Ihr sollt es sehen … Weihnachten ist alles vorbei. Wenn erst die Panzerchen kommen …«
    Man ließ den Alten reden und jubeln und kümmerte sich wenig um seinen Optimismus. Die Verluste waren schwer, die 62. Sowjetarmee bestand nur aus 12 Divisionen, und wenn nicht nach einem Gewaltmarsch durch die Steppe General Rodimzew mit seiner 13. Gardeschützen-Division zu Hilfe gekommen wäre, wer weiß, was aus Stalingrad geworden wäre und aus den tapferen Männern im ›Tennisschläger‹ und in Beketowka. Aber im Feuer der deutschen Artillerie setzte General Rodimzew in Fährbooten über die schäumende Wolga und warf seine Männer in die Trümmer der Stadt zum erbarmungslosen Kampf Mann gegen Mann. Es dauerte nicht lange, da war auch diese Division nur noch regimentsstark, und trotz aller Hilferufe an General Tschuikow gab es immer nur die eine Antwort: Aushalten. Aushalten. Ein schreckliches Wort, wenn es an allem fehlt und man weiß, daß es genug Freunde gibt, die helfen könnten. Aber der Generalstab – verflucht sei er – hält die Reserven zurück. Wozu bloß? Soll man in den Kellern und Hausruinen verbluten? Wer kann das verstehen?
    Und so saß man mürrisch in den Höhlen am Wolgasteilufer, warf sich in den Stoßtruppkampf und sah mit gemischten Gefühlen auf den ersten Schnee, der alles mit einer weißen Decke überzog und die bizarren Trümmer wie in Watte hüllte.
    Major Kubowski hatte eine Aussprache mit Olga Pannarewskaja, der Ärztin. Seine Verletzung war nicht so schwer, daß er aus der Stadt wegkam. Er wollte es auch gar nicht, und als der Divisionschirurg, der stille Andreij Wassilijewitsch Sukow, eine Bemerkung in dieser Richtung machte, wehrte sich Kubowski mit aller kaukasischen Beredsamkeit.
    »Genosse Major«, hatte die Pannarewskaja gesagt, »Sie haben mich geküßt. Ich nehme an, daß Sie Angst hatten, als das Licht ausging. Wenn es was anderes war, müßte ich mich nachträglich meiner Ehre wehren.«
    Und Kubowski hatte geseufzt, hatte sie wie ein nasser Hund angesehen und geantwortet: »Es war wirklich Angst, Genossin. Lassen Sie mir diese Angst, sie beflügelt mich …«
    Nun schneite es, sie saßen draußen zwischen den Trümmern und sahen hinüber zu den Hausruinen, in denen die Deutschen hockten.
    »Jetzt wird es schlimm werden«, sagte Kubowski. »Treibeis auf der Wolga, kein Nachschub mehr, keine Munition, kein Essen … wer weiß, wann die Wolga zufriert? Die Deutschen haben es besser, sie können heranschaffen.« Er rauchte langsam eine Zigarette und sah dem weißen Rauch nach, der von den Schneeflocken zerschlagen wurde. »Ich liebe Sie, Olga …«
    Die Pannarewskaja schwieg. Ihr schmales Gesicht unter der Fellmütze war ernst und bleich. Major Kubowski kaute auf seiner Zigarette. Wenn eine Frau auf eine solche Rede schweigt, ist es ein schlechtes Zeichen, dachte er.
    »Sie mögen mich nicht, nicht wahr?« sprach er weiter. »Ich nehme es Ihnen nicht übel, Genossin. Nur sagen Sie es mir frei heraus, damit ich wieder schlafen kann.«
    Olga Pannarewskaja schüttelte langsam den Kopf. »Es ist sinnlos, Jewgenij Alexandrowitsch, jetzt von solchen Dingen zu sprechen. Wissen wir, ob wir morgen noch leben? Wenn wir uns ineinander verlieben, wird es ein schwerer Krieg für uns … so aber lieben wir nur unser Vaterland

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