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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verluste an Erschöpfung, Kälte und Panik als an tödlichen Verwundungen …«
    Generalarzt Professor Abendroth hatte gewartet, bis Portner das Zimmer verlassen hatte. Erst dann nahm er das dritte Blatt vom Tisch und las die Meldung durch. Er hatte es nicht übers Herz gebracht, Portner diesen Funkspruch vorzulesen.
    ›Funkspruch 6. Armee an Heeresgruppe Don: Die Armee meldet, daß die Lage im Westen des Kessels besonders kritisch ist. Mangels Holz besteht keine Möglichkeit zum Ausbau von Stellungen und mangels Kraftstoff keine Möglichkeit, nach dorthin Baumaterial aus Stalingrad zu transportieren. Die Truppe liegt bei fünfunddreißig Grad Kälte auf freiem, völlig ungedecktem Schneefeld …‹
    Zum erstenmal geschah es in diesen Tagen, daß man hölzerne Eisenbahnschwellen herausriß, sie raspelte und davon eine Suppe kochte, und daß in einem Keller der Stadt ein großer eiserner Kessel zischte, in dessen Wasser zwei Pferdehufe ausgekocht wurden. Sie ergaben eine trübe, fettige Brühe und wurden ein Festessen.
    In der Nacht zum 19. Dezember fuhr das Feldlazarett III mit vier Sankas, zwei Motorrädern, einem Kübelwagen und zwei Lastwagen aus Gumrak hinaus in die Steppe, Richtung Stalingrad-Stadt. Zurück blieben die Zelte und die Verwundeten, die von einer anderen Lazaretteinheit übernommen wurden. Die kleine Karawane folgte der Bahnlinie bis zum Tatarenwall und zog dann durch die Steppe nach Süden, der Zariza entgegen. Auf einem Krad fuhr der Feldgendarmerie-Feldwebel Emil Rottmann dem Lazarett voraus, erkundete den Weg und sorgte dafür, daß keine Stockungen auftraten durch zurückfahrende Transporter oder Truppenkolonnen. Er machte sich nützlich, und keiner fragte, wer ihm dazu den Befehl gegeben hatte. Er war ›zugeteilt‹ und wurde als solcher auch im Verpflegungsbuch geführt.
    Am Tatarenwall fand ein unverhofftes Wiedersehen statt.
    Bei der Durchfahrt durch ein neuentstandenes Dorf aus Erdbunkern, Zelten und Hütten, das eine Werkstattkompanie errichtet hatte, sprang plötzlich ein Mann auf die Straße und breitete die Arme weit aus.
    »Jungs!« brüllte der Mann. »Ihr kommt mir entgegen? Das finde ich nett …«
    Dr. Körner sah seinen Stabsarzt lachend an. Sie saßen in dem Kübelwagen, der plötzlich bremsen mußte, weil der Mann auf die Straße gesprungen war.
    »Unser Knösel«, sagte er. Dr. Portner sprang aus dem Wagen.
    »Den mache ich zur Minna!« schrie er. »Den mache ich …«
    Aber dann schwieg er, denn Knösel hielt ihm den Sack entgegen und sagte mit naivem Grinsen:
    »Dreißig Pfund Fleisch, Herr Stabsarzt. So was kann man doch nicht liegen lassen …«
    Beim Morgengrauen erreichten sie die Vorstädte Stalingrads und die zugewiesenen Plätze, an denen die Sankas und Lastwagen zurückblieben. Mit dem Kübelwagen und den Motorrädern fuhren sie in die Trümmerwüste hinein … zwei Ärzte, zwei Sanitätsfeldwebel, vier Sanitäter, Knösel und Emil Rottmann. Ohne Beschuß erreichten sie den ehemals runden Platz, an dem das große Kino gestanden hatte. Sie wurden schon erwartet. Das Kellergewirr unter dem Kino war bereits belegt. Neunundsechzig Verwundete waren hier zusammengetragen worden, ein junger Unterarzt versorgte sie, so gut es ihm seine Mittel erlaubten. Und er hatte nichts als ein paar Binden und Holzstangen als Notschienen. Und eine Kiste. Flugzeuge hatten sie abgeworfen. Lazarettmaterial, stand auf dem Deckel. Und ein großes rotes Kreuz. Als er die Kiste aufstemmte, fielen ihm Bücher entgegen. 1.200 Hefte mit Weihnachtsliedern …
    In den Wäldern südlich von Bolschoi Ternowskij hauste die Partisanengruppe des Majors Nikolai Feodorowitsch Babkow. Mitten in der verfilzten Wildnis hatte sich eine kleine Stadt aus Erdbunkern und Holzhütten gebildet. Über 2.000 Partisanen lebten hier, zum Teil mit ihren Familien, mit Frauen, Kindern und Greisen. Vier Postenketten sicherten das Erdhöhlendorf vor Überraschungen … von der Luft aus war es überhaupt nicht zu sehen. Gekocht wurde nur des Nachts, wenn man den Rauch nicht sah. Ihre Befehle erhielt die Gruppe direkt vom Kommandeur der sowjetischen Don-Front, dem Generalleutnant Rokossowskij, und dem Befehlshaber der sowjetischen 5. Panzer-Armee, Generalleutnant Romanenko. Ihre Aufgabe war es, den Nachschub für das 48. deutsche Panzer-Korps zu stören, jenes durch Hunger, Kälte und Spritmangel zusammengeschrumpfte Korps, das als Feuerwehr an der Front diente und hin und her geworfen wurde, wo der Russe durchbrach, bis es

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