Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
sie dem ruhigen, gleichmäßigen
Atmen von Alessio, der neben ihr eingeschlafen war. Wenn es nach ihm
gegangen wäre, würde er sicher nicht schlafen. Kate war
schon vorher aufgefallen, dass er gerne selbst auf alles achtete.
Seit er hier draußen schlief, hatte sich sein Verhalten nur
verstärkt.
Er übernahm
fast die gesamte Nachtwache, ohne zu schlafen. Daher war Kate froh zu
sehen, dass die Müdigkeit nun doch gesiegt hatte.
Es war so still und
friedlich, dass sie einen riesigen Schreck bekam, als sie eine
Bewegung am Waldrand wahrnahm. Sie hatte gerade neues Feuerholz
aufgelegt, als plötzlich jemand aus dem Schatten der Bäume
getreten war.
Eine schmale,
hochgewachsene Figur mit pechschwarzem Haar, die ein großes
Bündel vor sich hertrug. Wäre sie nicht so überrascht
gewesen, dann hätte Kate sicher geschrien.
„ Du bist
Kate.“, erklang zögernd eine ihr bekannte Stimme, die ihr
Augenblicklich das Blut in den Adern gefrieren ließ. Als er
einen Schritt nach vorne trat, erhellte das Licht des Feuers sein
Gesicht und Kate erkannte, was er vor sich hertrug.
Jeremies helle Haut
leuchtete in dem schwachen Schein. Er wirkte gehetzt und leicht
durcheinander. Sein Atem ging schnell, so als sei er gerannt, doch
Kate beachtete ihn kaum. Sie hatte nur Augen für das Bündel,
welches er behutsam auf einer der Decken platzierte, so vorsichtig,
als könnte es bei der kleinsten Erschütterung zerbrechen.
Ein Mädchen war
in den dunkelblauen Umhang von Jeremie gewickelt, was ihre Haut noch
blasser erscheinen ließ. Die Augen waren geschlossen und ihre
sonst perfekten blonden Haare hingen ihr wirr ins Gesicht.
Kates Mund war
trocken und sie schaffte es nicht etwas zu sagen. Sie wollte
aufstehen und weglaufen, oder wenigstens Alessio wecken.
„ Bevor
du irgendetwas sagst, solltest du wissen, dass ich ihr nichts getan
habe.“, sagte Jeremie leise. Kate hörte es wie durch
Watte. „ Du
musst es mir glauben, Kate. Ich habe Mai nicht angerührt. Bitte
glaub mir.“
Sie starrte noch
immer zu ihrer Freundin, die so leblos da lag. Nur das leichte Heben
und Senken ihrer Brust verriet, dass sie atmete. Kate hob die Hand
und strich mit ihren Fingerspitzen über Mais Handrücken.
„ Was ist mit
ihr passiert?“ Sie hatte ihre Stimme wiedergefunden, auch wenn
es nicht mehr als ein Flüstern war. Sie hörte Jeremie tief
einatmen, offenbar vor Erleichterung, dass sie ihn nicht
beschuldigte.
„ Ilona hat sie
angegriffen. Sie haben gekämpft. Dabei wurde sie verletzt und
ist ohnmächtig geworden. Eure Heilerin sollte sich dringend ihr
Bein ansehen.“ Hastig und unkontrolliert kamen die Worte über
seine Lippen. Jeremie bemühte sich ruhig zu sprechen, aber die
Wut, die bei Ilonas Namen erklang, war deutlich herauszuhören.
Kates Körper
reagierte wie von selbst. Sie stand auf und ging zu dem Zelt hinüber.
Sanny brauchte eine
Weile, bis sie wach genug war, um zu verstehen was Kate von ihr
wollte. Sie warf sich eine Jacke über und schnappte sich ihre
Tasche.
Als sie Jeremie sah,
verfinsterte sich ihr Gesicht.
„ Was tut er
hier? Du hast ihn nicht erwähnt.“, zischte sie leise.
„ Er hat sie
hergebracht. Außerdem sagt er, dass er es nicht getan hat.“,
verteidigte sie ihn und wusste nicht recht wieso sie das tat.
„ Ach und das
glaubst du?“ Sanny sah Jeremie nicht an. Sie nahm Mai den viel
zu großen Mantel ab und betrachtete das Bein.
Das rechte Hosenbein
war zerfetzt und durchtränkt von Blut. Mehrere tiefe,
schlitzartige Fleischwunden waren durch die Löcher zu sehen. Es
musste schon einige Zeit her sein, dass sie verletzt worden war, weil
das Blut an einigen Stellen bereits angetrocknet war.
Da sich die
Verletzungen über das ganze Bein zogen, trennte Sanny das
komplette Hosenbein mit einem kurzen Messer ab und löste
vorsichtig die Stofffetzen aus den offenen Wunden. Auch dieses Mal
half Kate, Sanny dabei die Schnittwunden auszuwaschen und zu säubern.
Jeremie stand stumm daneben und sah ihnen zu. Er war noch blasser
geworden.
Fast erwartete Kate
zu sehen, dass sich das Blut dunkel färbte, oder dass eine
Kruste viel zu schnell über die offenen Stellen wuchs, aber
nichts davon geschah. Sie war sich auch nicht ganz sicher, ob es
überhaupt möglich war, dass Mai sich mit Ilonas Gift
infizierte. Vielleicht konnte der Fluch sich nur auf einen Menschen
übertragen und wenn sie zu dem Zeitpunkt verwandelt gewesen
war... Natürlich war es auch möglich, dass Mai Ilona nicht
verletzt hatte und ohne ihr
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