Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
wichtiger sein, als um sein Leben zu rennen?“, fragte sie
daher schnell. Sie konnte sich beim besten Willen nichts vorstellen,
über das er gerade jetzt reden wollte. Es gab kaum einen weniger
passenden Augenblick, außer vielleicht während einer
Schweigeminute. Innerlich schüttelte sie den Kopf über ihre
eigenen wirren Gedanken.
Alessio redete nicht
gleich, er schwieg. Ein unsicheres Gefühl trat in Kate auf.
Seine Stimme klang ernst und mit jeder Sekunde stieg ihre Nervosität.
Wieso sagte er jetzt nichts, wenn es doch angeblich so wichtig war,
dass er es unbedingt sofort loswerden wollte?
Sie überlegte,
ob sie noch etwas sagen sollte, doch dann würde er es sich
vermutlich wieder anders überlegen. Sie beschloss einfach
abzuwarten. Unterdessen rannte ihr Körper weiter, als ginge ihn
das alles nicht das Geringste an. Während sich die Sekunden
offenbar endlos hinzogen, in denen Alessio schwieg, schienen ihre
Gedanken sich mehr und mehr zu entfernen.
„ Ich liebe
dich.“, sagte er gerade laut genug, dass Kate es noch hörte.
Mit einem Schlag waren ihr Körper und ihre Gedanken
wiedervereint. Sie hätte sich nichts vorstellen können, was
sie in diesem Moment mehr aus der Bahn hätte werfen können.
Wie erstarrt war sie
stehen geblieben, was dazu führte, dass Chris beinahe in sie
hineingelaufen wäre. Die Anderen rannten weiter, ohne auf sie zu
achten. Dass sie verfolgt wurden hatte sie bereits völlig
vergessen. Ihr Atem ging rasch, ihr Herz pochte heftig und sie konnte
nicht sagen, ob es nur daran lang, dass sie gerannt war.
Ihre Hände
zitterten leicht und aus ihrem Inneren stieg rasend schnell Wärme
auf, als er sie zu sich umdrehte und ihr direkt in die Augen sah.
Leuchtend blau, wie die Sonne Naos, schoss es ihr durch den Kopf.
Sie glaubte, nichts
mehr zu hören, bis auf ihren eigenen Herzschlag der in ihren
Ohren widerhallte. Sie wollte etwas sagen, doch ihr Gehirn schien
völlig stehen geblieben zu sein, genau wie die Zeit.
„ Ich liebe
dich, Kate.“, wiederholte er.
Die Bedeutung seiner
Worte, kam viel zu langsam in ihrem Kopf an und noch bevor sie etwas
erwidern konnte, beugte er sich zu ihr herunter und küsste sie.
Einfach so, ohne Vorwarnung. Seine weichen Lippen trafen auf ihre,
kalt wie Eis und dennoch hatte sie das Gefühl zu verbrennen.
Kate schloss die Augen und schlang wie von selbst die Arme um seinen
Hals. Sie vergaß alles um sich herum. Seine Haut roch nach
Schnee und Wind, nur intensiver. Diesen Duft sog sie in sich auf und
er vernebelte ihre Gedanken weiter. Sie spürte seine Hände
an ihrer Taille und die kalten Schneeflocken, die auf ihre nackten
Arme und ihr glühendes Gesicht fielen. Er zog sie dichter an
sich heran.
„ Leute, ich
will wirklich nicht stören, aber könnt ihr mir mal
verraten, was ihr da treibt?“, brüllte Sanny, die noch
immer hinter ihnen gewesen war, fassungslos und drängte sie
Beide weiter. Mit all ihrer Kraft stemmte Sanny ihre kleinen Hände
gegen sie und holte Kate somit in die Realität zurück.
Sie wusste nicht
mehr, wo sie war und was passiert war, aber ihr Verstand meldete
eindeutig, dass nichts mehr stimmte. Alles schien Falsch zu sein und
sie konnte dieses Gefühl nur los werden, wenn sie das Geschehene
rückgängig machen würde. Sie machte einen zögernden
Schritt rückwärts, währenddessen sie versuchte ihre
Gedanken und Gefühle zu ordnen. Dann machte sie auf dem Absatz
kehrt und lief davon.
Mitten durch die
Masse. Sie rempelte unzählige Menschen an, warf irgendwen um und
stolperte. Doch das alles kümmerte sie nicht. Die Welt schien
vor ihr zu verschwimmen. Wie durch einen Schleier aus dichtem Nebel
nahm sie die Bäume war. Sie wusste nicht weshalb sie davonlief.
Ihre Beine handelten auf eigene Verantwortung und selbst wenn sie
versucht hätte, sich daran zu hindern, wäre sie machtlos
gewesen.
Für eine
Sekunde wollte sie umdrehen und zurückgehen, aber sie brachte
nicht genug Mut auf.
Mit letzter Kraft
ließ sie sich seitlich gegen den Stamm einer Eiche fallen und
holte schwer atmend Luft. Eine Hand ruhte auf der Rinde, während
die Andere sich in ihren Arm krallte.
„ Was mache ich
nur? Wieso bin ich so dumm?“, fragte sie sich und schlug gegen
das feuchte Holz. Etwas Schnee rieselte von den Ästen. Schnee,
überall war Schnee. Sie trat danach, auch wenn sie nicht wusste,
wie ihr das helfen konnte.
Sie hatte weglaufen
immer für das Beste gehalten. Wahrscheinlich, weil es ihr schon
manches Mal geholfen hatte. Es hatte
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