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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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stillen und leeren Oberdeck an der Reling stand, hatte sie auf Floortje zum ersten Mal einen weniger unzugänglichen Eindruck gemacht. Erleichtert schien sie, beinahe wie befreit, als wäre ihr dieser Mantel auf Dauer selbst zu schwer geworden. Für einige wenige viel zu kurze Augenblicke, die Floortje ungenutzt hatte verstreichen lassen. Die Schultern unter der schmucklosen, taillierten Jacke aus grauem Tuch versteiften sich wieder; schließlich wandte sie den Kopf zu Floortje um und sah sie mit zusammengezogenen Brauen unter der Hutkrempe hervor an. Bleib, wo du bist , besagte dieser Blick. Lass mich in Frieden!
    Floortje verwünschte im Stillen ihr Zögern, das ihr im Grunde überhaupt nicht entsprach. Etwas zu bereuen, das man gesagt oder getan hatte – dafür blieb schließlich hinterher immer noch genug Zeit. Was aber den Umgang mit dem eigenen Geschlecht betraf, so hatte sich Floortje eine gewisse Vorsicht angewöhnt. In den Augen dieser jungen Frau, grau wie der Himmel über Friesland im Winter, hatte Floortje bislang jedoch keinen Funken Bosheit aufglimmen gesehen. Ein beherrschtes Abwarten stand darin, eine Duldsamkeit, die müde wirkte. Und manchmal glaubte Floortje in einem Blick unter halb gesenkten Lidern oder in einer kleinen, unwillkürlichen Bewegung gar einen Anflug von Unsicherheit zu entdecken. Auch wenn die junge Frau nun wieder den Kopf abwandte und den Blick zurück aufs Meer richtete, den Rücken durchgedrückt und die Schultern in unmissverständlicher Abwehr angespannt.
    Das behagliche Gefühl, allein und unbeobachtet zu sein, war dahin, die friedliche Stimmung dieser frühen Stunde verdorben; dennoch dachte Jacobina keineswegs daran, ihren Platz aufzugeben. So schnell würde sie nicht mehr mit brennenden Wangen und gesenktem Kopf die Flucht ergreifen. Wie sie es früher so oft getan hatte, in ein dunkles Nebenzimmer, in dem sie wieder atmen konnte, abseits einer gediegenen Gesellschaft, die sich selbst feierte und für die der Name Jacobina van der Beek gleichbedeutend war mit dem Geld ihres Vaters. Mehr nicht. Denn mehr hatte Jacobina nicht zu bieten.
    Als müsste sie ihr Recht verteidigen, hier zu sein, schlossen sich ihre behandschuhten Finger um den obersten Holm der Reling. Umklammerten ihn fester, als sich schnelle, leichtfüßige Schritte näherten.
    »Guten Morgen!« Für eine solch kleine, zarte Person war ihre Stimme erstaunlich dunkel. Eine Stimme wie schwerer Samt, der während der Mahlzeiten den Speiseraum auskleidete, wenn sie am Nebentisch unablässig über Nichtigkeiten plauderte. Oftmals begleitet von einem Lachen, das tief war, zuweilen geradezu unanständig rau und wohl gerade deshalb ihre Tischnachbarn zum Mitlachen einlud. Auch jetzt schwang dieses Lachen in ihren Worten mit und klang wie Portwein, den man im Glas umherschwappen ließ. »Ist das nicht ein herrlicher Tag?!«
    »Guten Morgen.« Jacobina sah weiterhin eisern geradeaus. »Ja.«
    »Fährst du bis nach Batavia?«
    Jacobina starrte sie an, eher verblüfft als verärgert darüber, so ungehörig, so vertraulich geduzt zu werden. Offen wurde ihr Blick erwidert, aus oval geschnittenen Augen unter dichten, dunklen Wimpern. Katzenaugen, manchmal grün, dann wieder wie aus dem Stoff des Ozeans geschaffen, ebenso lichtblau oder türkisen. Neugierig blickten sie, mit einer entwaffnenden Arglosigkeit und einem hoffnungsvollen Schimmer darin, und Jacobina sah schnell wieder auf das Meer hinaus.
    »Wohin denn sonst?«, murmelte sie, und es geriet ihr weniger barsch als beabsichtigt.
    »Vielleiiichht … naaachhh …«, kam die langgezogene Erwiderung in neckendem Tonfall, wie in einem Ratespiel, »… Alexandria? Aden? Nach Colombo? Oder nach Singapur?« Ebenfalls an eine Katze erinnerte die Art, wie sie sich an die Reling schmiegte, während sie einzelne Stationen dieser Schiffsreise aufzählte, und wie ihre bloßen Finger über das Eisen des obersten Holms strichen, auf Jacobina zu.
    Unwillkürlich ließ Jacobina die Hände sinken und trat einen halben Schritt zurück. »Nein, ich bleibe bis Batavia an Bord.«
    »Oh, ich auch! Ich bin übrigens Floortje. Floortje Dreessen.«
    Jacobina schaute auf die Hand hinunter, die Floortje ihr in einer selbstbewussten Geste hinstreckte, Handfläche nach oben, als böte sie ihr mit Nachdruck etwas dar. Ebensowenig wie Handschuhe trug sie einen Hut, offenbar unbesorgt darum, dass die Sonne ihren Teint verderben könnte, der hell war wie Sahne und zart, beinahe durchscheinend. Anders

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