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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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auf mein Ziel, das etwa zweihundert Meter entfernt war.
       Endlich der höchste Punkt der Kuppe.
       Ein Schritt noch, und mein Gesichtsfeld erweiterte sich auf hundertachtzig Grad.
       Dort war er, am Fuß eines Baumes.
       Riesig, getarnt, von unten unsichtbar.
       Er trug einen khakifarbenen Poncho und eine Kapuze auf dem Kopf. Ein Knie auf dem Boden, zerlegte er gerade seine Waffe oder lud sie wieder. Ein Koloss. Unter dem Cape über hundertfünfzig Kilogramm Fleisch, vorsichtig geschätzt. Der Fleischkloß, der mir schon zwei Mal den Weg versperrt hatte. In einer Sackgasse in Catania und auf dem Wendelgang der vatikanischen Museen.
       Ich schlug einen weiten Bogen und näherte mich ihm dann von hinten. Ich war nur noch zehn Meter von ihm entfernt. Er schraubte den Schalldämpfer von seinem Gewehr ab. Das Rohr musste glühend heiß sein. Er fasste es immer wieder an und ließ es kurz los, wie wenn man einen allzu heißen Gegenstand anpackt.
       Drei Meter. Ein Meter … In diesem Augenblick drehte er sich um, als hätte er instinktiv etwas gespürt. Ich ließ ihm keine Zeit zu reagieren. Ich stürzte mich auf ihn, schnürte ihm mit dem linken Arm den Hals zu und hielt ihm mein Messer unter das Kinn:
       »Lass die Knarre fallen«, fuhr ich ihn schnaufend an, »sonst mach ich dich alle.«
       Er erstarrte, noch immer mit einem Bein auf dem Boden kniend. Ich stemmte mich gegen seinen Rücken und hatte das Gefühl, einen Ochsen zu erwürgen. Ich stieß die Klinge einen guten Zentimeter tief hinein, ohne dass es zu bluten anfing. Sein Fett machte die Bewegung mit:
       »Lass sie los, verdammt … Ich mach keine Witze!«
       Er zögerte noch, dann warf er die Waffe etwa einen Meter von sich weg. Keine wirklich sichere Entfernung. Ich schnaufte:
       »Jetzt drehst du dich langsam um und …«
       Ein Aufblitzen in seiner Hand, eine bogenförmige Bewegung auf der Rechten. Ich wich zur Seite. Das Kommandomesser sauste ins Leere. Ich schlug mein Knie in seine Nierengegend und zwang ihn dadurch, den Oberkörper nach hinten zu neigen. Er senkte sein Messer abermals, um mich auf der linken Seite zu treffen. Wieder wich ich mit gebeugten Knien, die Absätze in den Boden gebohrt, dem Stoß aus.
       Er versuchte sich umzudrehen. Seine Kraft war unglaublich. Ein weiterer Hieb, jetzt von oben. Diesmal stach er mich in die Schulter. Ich stöhnte auf und versenkte meine Waffe reflexartig unter seinem rechten Ohr. Bis zum Heft. Ein Blutstrahl schoss heraus.
       Der Fleischberg neigte sich nach vorn, wippte auf den Knien hin und her. Ich machte seine Bewegung mit, ohne das Messer loszulassen. Ich drückte die Klinge fest hinein und ruckte sie hin und her, wie ein Metzger, der einem Rind den Kopf abtrennt. Das Blut rann über meine Finger und machte meine sowieso schon heiße Haut noch heißer. Sein Fleisch umschloss mein Handgelenk wie der Fangarm eines Kraken.
       Er bäumte sich auf, stellte einen Absatz auf den Boden und drückte sich hoch, um sogleich nach hinten zu fallen. Seine hundertfünfzig Kilo stürzten mit voller Wucht auf mich und nahmen mir die Luft ab.
       Ich verlor für eine Sekunde das Bewusstsein. Aber ich hatte meine Waffe nicht losgelassen. Der Fleischberg drückte mich in den Erdboden hinein und schlug wie ein Riesenkrake mit Armen und Beinen um sich. Sein Blut überschwemmte mich.
       Ich war am Ersticken. In wenigen Sekunden wäre ich völlig weg, und das wäre mein Ende. Ich hatte mein verflixtes Ziel – Knochen und Muskeln bis zum linken Ohr durchzuschneiden – noch immer nicht erreicht. Da packte ich das Heft meines Messers mit beiden Händen, um das Werk zu Ende zu bringen.
       Dann ließ ich alles los und drückte mich mit dem Rücken und den Ellbogen in einem letzten Versuch, mich zu befreien, nach oben. Endlich fiel der Dickwanst auf die Seite. Er hob den Arm, um mich noch einmal zu treffen, aber seine Hand war kraftlos geworden. Er rollte sich zweimal um sich selbst und stürzte dann mehrere Meter den Abhang hinunter, blutüberströmt und eingewickelt in die Falten seines Capes.
       Ich befreite mich aus dem Schlamm, lehnte mich an einen Baum und schöpfte wieder Atem. Gequetschte Lungen, blockierte Luftröhre: Ich sah nur noch Sternchen. Plötzlich spürte ich einen starken Krampf im Oberbauch. Ich drehte mich um und erbrach mich über den Fuß des Baumstamms. Mein Blut pulsierte so stark, dass ich befürchtete, meine Schläfen würden

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