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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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seine mystische Seite, jene Tiefe, zu der sie keinen Zugang hatte … und natürlich seinen Beruf als Polizist. All das, was ihrer Meinung nach heute seine Tat erklärte.
       »Ich wollte dir ein paar Fragen stellen.«
       »Klar, das ist dein Job.«
       Ich neigte mich zu ihr und sagte mit Wärme in der Stimme:
       »Ich muss begreifen, was in ihm vorging.«
       Sie nickte, zog ein Papiertaschentuch hervor, das sie in ihren Ärmel gesteckt hatte, und schnäuzte sich.
       »Hat er nichts hinterlassen? Keine Notiz? Keine Botschaft?«
       »Ich hätte es dir gesagt.«
       »Hast du in Vernay nachgeschaut?«
       »Ich war heute Nachmittag dort. Da war nichts.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Immer seine Geheimniskrämerei. Er wollte nicht, dass man ihn durchschaut.«
       »War er vielleicht krank?«
       »Wie das?«
       »Nur so eine Idee. Hat er sich untersuchen lassen? War er in ärztlicher Behandlung?«
       »Nein.«
       »Wie ist er in letzter Zeit gewesen?«
       »Gut gelaunt, fröhlich.«
       »Fröhlich?«
       Sie sah mich verstohlen an:
       »Seine Stimme hatte einen anderen Tonfall, und er war ganz aufgekratzt. Irgendetwas in seinem Leben hatte sich geändert.«
       »Was?«
       Nach kurzem Schweigen versetzte sie:
       »Ich glaube, er hatte eine Geliebte.«
       Ich wäre beinahe vom Sofa gefallen. Luc war Jansenist, also jemand, der die Sinnenfreuden nicht bloß gering schätzte, sondern sich davon befreit hatte. Es war ungefähr so, als würde man den Papst verdächtigen, die Reliquien des Vatikans zu klauen, um sie zu verkaufen.
       »Hast du Beweise?«
       »Mutmaßungen. Eine Reihe von Mutmaßungen.« Ihr Blick wurde starr. »So sagt ihr doch, oder?«
       »Was für welche?«
       Sie antwortete nicht. Mit niedergeschlagenen Augen zerriss sie ihr Papiertaschentuch mit kleinen abgehackten Bewegungen. Das war kein Kummer mehr, sondern Wut.
       »Seine Stimmung hatte sich geändert«, fuhr sie schließlich fort. »Er war aufgedreht. Frauen spüren so etwas. Und dann ist er verschwunden …«
       »Wohin?«
       »Keine Ahnung. Seit letztem Juli. Zunächst am Wochenende. Die Arbeit, angeblich. Und im August hat er mir dann gesagt, dass er für zwei Wochen nach Vernay zieht. Anschließend ist er in Europa herumgereist. Jedes Mal eine Woche. Er hat behauptet, es wären Dienstreisen. Aber er konnte mich nicht täuschen.«
       »Wann hörten diese Reisen auf?«
       »Sie gingen weiter bis Anfang Oktober.«
       Die Verdächtigungen Laures waren grotesk. Luc hatte ihr schlicht die Wahrheit gesagt: Ermittlungen auf eigene Faust. Eine Sache, an der er klammheimlich arbeitete. Vielleicht die Sache, die ich suchte …
       »Du hast wirklich keine Ahnung, wohin er gefahren ist?«
       Sie lächelte erneut, aber diesmal hatte ihr Lächeln einen Anflug von Grausamkeit:
       »Nein, nicht genau. Aber ich habe meine eigene kleine Untersuchung durchgeführt. Ich habe seine Taschen durchwühlt, seinen Terminkalender durchgesehen.«
       »Du hast was …?«
       »Das machen alle Ehefrauen. Du hast keine Ahnung.« Sie hatte das Taschentuch mittlerweile in kleine Fetzen zerrissen. »Ich habe nur ein Indiz gefunden. Ein Mal. Eine Fahrkarte nach Besançon.«
       »Besançon? Wieso ausgerechnet Besançon?«
       »Was weiß ich. Vermutlich weil seine Nutte dort wohnte.«
       »Was für ein Datum trägt die Fahrkarte?«
       »Siebter Juli. Dieses Mal ist er mindestens vier Tage geblieben. Europa, von wegen …«
       Laure lieferte mir eine heiße Spur. Eine Untersuchung hatte Luc in den Jura geführt. Ich versuchte, sie zur Vernunft zu bringen:
       »Ich glaube, du bildest dir was ein. Du kennst Luc so gut wie ich. Besser als ich. Er ist nicht auf Affären aus.«
       »Nein, gar nicht«, sagte sie in hämischem Ton.
       »Er hat dir die Wahrheit gesagt: Er hat ermittelt, das ist alles. Etwas Persönliches, außerhalb der Arbeitszeit.«
       »Nein. Da war eine Frau im Spiel.«
       »Woher weißt du das?«
       »Er hatte sich verändert. In sexueller Hinsicht.«
       »Ich verstehe nicht.«
       »Das wundert mich nicht.« Sie seufzte und sagte dann in neutralem Ton: »Seit der Geburt der Kinder hat er mich nicht mehr angerührt.«
       Ich rutschte nervös auf dem Sofa hin und her. Ich hatte keine Lust auf diese Art von Vertraulichkeiten. Sie fuhr fort:
       »Das typische Muster. Ich

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