Das Herz der Hoelle
Die Bildunterschrift lautete: »Vergewaltigt und befruchtet von dem Forscher namens Koyabashi aus der Einheit 731; er selbst schneidet den Fötus heraus, den sie trägt.« Die behandschuhten Hände des Forschers, der blutverschmierte Körper, die Männer in Zivil im Hintergrund, die ebenfalls Mundschutz tragen. All dies war der reinste Horror.
Die folgende Mappe war diejenige, mit der ich gerechnet hatte: die Nazis und ihre Gräuel. Die Konzentrationslager. Ausgemergelte, zermürbte, kaputte Gestalten. Leichen auf der Schaufel eines Baggers. Mein Blick blieb an einem Foto hängen. Alltägliche Szene im Block 10 in Auschwitz, 1943: Eine Hinrichtung, bei der die Verurteilten, nackt, mit dem Gesicht zur Wand, darauf warteten, dass ihnen der Offizier eine Kugel in den Kopf schoss – die meisten waren Frauen und Kinder. Ein Detail ließ mich erstarren: Die beiden schwarzen Zöpfe eines kleinen Mädchens, betont durch die Körnigkeit der Aufnahme, hoben sich von seinem weißen, zierlichen Rücken ab.
Ich stellte alles wieder zurück: Ich hatte genug. Die Chronik auf den anderen Regalen reichte Jahrhunderte zurück – 19., 18. Jahrhundert … Ich hätte mich bis zum Morgengrauen im Horror tummeln können. Stiche, Gemälde, Schriften, immer über dieselben Themen: Kriege, Folter, Hinrichtungen, Morde … Eine Anthologie des Bösen, eine Systematik der Grausamkeit. Aber was bedeutete das D auf dem Rücken aller Ordner?
Plötzlich ging mir ein Licht auf.
D für »Diabolus« oder »Dämon«.
Ich dachte an »Dancing with Mister D.« der Rolling Stones.
Die gesammelten Werke des Teufels oder fast alle …
Das Läuten meines Handys ließ mich zusammenzucken.
»Foucault. Ich komme gerade von einem Abendessen mit Doudou.«
Es war fast 23 Uhr. Die Bilder des Schreckens hallten in meinem Kopf nach.
»Wie ist es gelaufen?«
»Es hat mich ein echtes Gelage gekostet, aber ich hab den Tipp. In letzter Zeit interessierte sich Luc für einen besonderen Fall.«
Ihm kamen die Worte nur schwer über die Lippen. Er schien völlig am Ende zu sein.
»Was für ein Fall?«
»Der Mord an Massine Larfaoui.«
»Dem Bierbrauer?«
»Genau.«
Ich kannte den Kabylen aus meiner Zeit bei der Sitte. Einer der größten Getränkelieferanten der Bars, Restaurants und Discos von Paris. Ich wusste nicht einmal, dass er umgebracht worden war.
»Wann wurde er umgelegt?«
»Anfang September. Eine Kugel in den Kopf und zwei ins Herz, aus nächster Nähe. Profi-Arbeit.«
»Weshalb haben wir den Fall nicht bekommen?«
»Die Leute vom Drogendezernat hatten Larfaoui bereits auf dem Kieker. Der Kerl war groß in den Drogenhandel eingestiegen: Cannabis, Kokain, Heroin. Sie haben sich mit der zuständigen Kripo-Direktion geeinigt und den Fall an sich gezogen.«
»Was haben die Ermittlungen ergeben?«
»Nichts. Keine Spur, kein Zeug, kein Motiv. Gar nichts. Der Staatsanwalt will die Akte schließen, aber Luc wollte die Flinte nicht ins Korn werfen.«
Diese Bluttat zerstreute den Verdacht der Bestechung nicht.
Im Gegenteil. Larfaoui hatte immer undurchsichtige Beziehungen zur Polizei unterhalten, wobei er seinen Geschäftskunden gegen etwas Bakschisch polizeiliche Gefälligkeiten verschaffte. Erschleichung einer Schankkonzession, Duldung einer Spielhölle, Schutz vor möglichen Erpressern … Die besten Leibwächter blieben die Polizisten selbst. Hatte Luc herausgefunden, dass in der Abteilung Interne Ermittlungen ein Maulwurf saß? Oder deckte er irgendetwas?
»Hast du Näheres über Larfaoui herausgefunden?«, fuhr ich fort. »Wo wurde er umgenietet?«
»Zu Hause. In einem kleinen Haus in Aulnay-sous-Bois. Am 8. September gegen 23 Uhr.«
»Die Kugel, die Waffe?«
»Doudou wollte nichts ausspucken. Aber es scheint eine echte Hinrichtung gewesen zu sein. Eine Abrechnung oder ein Racheakt. Das könnte jeder Profi gewesen sein.« Foucault machte eine kurze Pause. »Auch ein Polizist.«
»Hat Luc das geglaubt?«
»Niemand weiß, was er dachte.«
»Hat Doudou dir nichts über die Reisen erzählt, die Luc in letzter Zeit unternahm?«
»Nein.«
»Wer ist der Untersuchungsrichter in Sachen Larfaoui?«
»Gaudier-Martigue.«
Eine schlechte Nachricht. Ein engstirniger Dummkopf, päpstlicher als der Papst. Keine Chance, hintenrum an
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