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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Informationen zu gelangen, geschweige denn, Akteneinsicht zu erhalten.
       »Leg dich aufs Ohr«, sagte ich zum Abschluss. »Morgen hab ich weitere Aufträge für dich.«
       Foucault lachte laut auf. Ziemlich betrunken. Ich legte auf. Diese Neuigkeiten waren nicht diejenigen, die ich erhofft hatte. Die Hinrichtung eines Bierbrauers-Dealers hatte Luc ganz gewiss nicht in Verzweiflung gestürzt.
       Ich kehrte zum Wandschrank zurück. Auf dem unteren Regalbrett wiesen Aktenordner unter dem allgemeinen D winzige Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge auf. Ich öffnete die erste Lasche und begriff: die Serienmörder. Alle waren da, alle Jahrhunderte und alle Kontinente. Von Gilles de Rais bis Ted Bundy, von Joseph Vacher bis Fritz Haarmann, von Jack the Ripper bis Jeffrey Dahmer. Ich verzichtete darauf, diese Dokumente zu überfliegen – ich kannte die meisten und hatte keine Lust, mich auch noch in diesem Schlamm zu wälzen. Genauso wenig wie ich die letzte Reihe unten konsultieren wollte, die offensichtlich der Pornografie und allen Abarten körperlicher Lust gewidmet war.
       Ich rieb mir die Augen und stand auf. Es war Zeit, sich den großen Schrank vorzunehmen. Ich öffnete die beiden Flügel und entdeckte weitere Aktenordner, die ebenfalls das Sigel D trugen. Aber diesmal ein anderes Register: Es handelte sich um eine umfangreiche Ikonografie des Teufels, seine Darstellungen durch die Jahrhunderte.
       Ich nahm die links stehenden Akten heraus und schlug sie auf dem Schreibtisch auf. Die Antike mit den ersten Dämonen der Menschheitsgeschichte, aus sumerischer und babylonischer Überlieferung. Ich verweilte bei einer der Hauptgestalten dieser Mythologie: dem assyrischen Dämon Pazuzu, dem Herrn der Fieberkrankheiten und Geißeln.
       Während meines Studiums hatte ich ein Seminar über Dämonologie belegt. Ich kannte dieses Ungeheuer mit den vier Flügeln, dem Fledermauskopf und dem Skorpionschwanz. Es personifizierte unheilbringende Winde, die Krankheiten und andere Übel über die Menschheit brachten. Ich betrachtete seine wulstige Schnauze, seine wirr durcheinander stehenden Zähne. Er stand am Anfang einer jahrhundertelangen diabolischen Überlieferung. Und wenn heutzutage ein größerer Film über den Teufel gedreht wurde, wie etwa Der Exorzist von William Friedkin, grub man noch immer Pazuzu, den schwarzen Engel der vier Winde, aus der irakischen Sandwüste aus.
       Ich blätterte weiter: Seth, der ägyptische Dämon; Pan, der griechische Gott des sexuellen Verlangens, mit seinem Bocksgesicht und seinem behaarten Körper; Lotan, »derjenige, der sich krümmt«, der Urahn Leviathans …
       Die anderen Aktenmappen. Die urchristliche Kunst, in der das Böse entsprechend der Genesis die Gestalt einer Schlange annahm. Dann das Mittelalter, das goldene Zeitalter Satans. Manchmal war er ein dreiköpfiges Monster, das die Verdammten beim Jüngsten Gericht verschlang; dann wieder war er ein schwarzer Engel mit gebrochenen Flügeln, oder er verkörperte sich in Wasserspeiern, Skulpturen und Reliefs, die scheußliche Fratzen, zerfressene Gesichter, spitze Hauer zeigten …
       Ein leises Klopfen an der Tür. Laure trat lautlos ein. Es war Mitternacht. Sie warf einen Blick auf die Akten zu meinen Füßen.
       »Ich stelle alles wieder zurück«, sagte ich schnell.
       Sie machte eine müde, wegwerfende Handbewegung. Sie hatte geweint. Ihre Mascara war verwischt, sodass es aussah, als hätte sie zwei blau geschlagene Augen. Ich hatte diesen absurden und grausamen Gedanken: Meiner Mutter wäre niemals ein solcher Fauxpas unterlaufen. Ich sah sie wieder vor mir, in dem Auto, das uns zur Beerdigung meines Vaters fuhr, wie sie sich die Wimpern mit wasserfester Mascara tuschte, für den Fall, dass sie die Tränen nicht zurückhalten könnte.
       »Ich geh schlafen«, sagte Laure. »Brauchst du noch was?«
       Ich hatte eine trockene Kehle, dennoch schüttelte ich den Kopf. Die späte Stunde, diese plötzliche Intimität mit Laure … Ich fühlte mich nicht wohl.
       »Hast du was dagegen, wenn ich die ganze Nacht hier arbeite?«
       Sie warf einen weiteren Blick auf die Fotos, die auf dem Boden lagen. Ihr Blick blieb an der Maske eines tibetanischen Dämons hängen, die aus einem Karton herausragte.
       »Er verbrachte die Wochenenden in seinem Arbeitszimmer und sammelte diese Abscheulichkeiten.«
       In ihrer Stimme schwang dumpfe Missbilligung mit. Sie drehte sich um,

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